Süddeutsche Zeitung

"Kaninchen-Papier":Tauber stellt sich nach Mobbing-Vorwürfen seiner Basis

"Ich bin ein Mensch, ich mache Fehler." Der CDU-Generalsekretär hat sich erstmals vor seinem Heimatkreisverband geäußert. Doch schon sind neue Gerüchte im Umlauf.

Von Gianna Niewel

Peter Tauber braucht keinen Tagesordnungspunkt. Ihn kennt hier jeder und jeder weiß, wieso er, der Generalsekretär der CDU, an diesem Abend ins hessische Bruchköbel gekommen ist. Wieso er da ist, die Fernsehkameras filmen und die Fotoapparate blitzen, noch ehe die eigentliche Veranstaltung begonnen hat.

Freitag, 18 Uhr, Kreisparteitag. Die Mehrzweckhalle Bruchköbel-Niederissigheim in Hessen, an den Wänden das Wappen der Landfrauen und das Wappen des Schützenvereins Falke. Die Tagesordnung umfasst 14 Punkte, Punkt 4: Wahl eines Schriftführers, Punkt 5: Wahl der Mandatsprüfungskommission, so geht das immer weiter, irgendwann soll noch die Kandidatin für die Landratswahl im nächsten Jahr gekürt werden. An einem normalen Abend säße hier ein Reporter der Lokalzeitung. Aber es ist kein normaler Abend.

Seit Tagen überschlagen sich die Nachrichten um Peter Tauber, es geht um ein Papier mit dem Titel "Pflegehinweise für das Kaninchen", mit dem die damalige Kreisgeschäftsführerin Anne Höhne-Weigl aus dem Amt gedrängt werden sollte. Und es geht darum, wieso Peter Tauber davon gewusst, aber nichts dagegen unternommen haben soll.

Der 42-Jährige also betritt die Bühne, dunkelgrauer Anzug, hellgrüne Krawatte. Das zuletzt viel diskutierte Papier sei "ein Fehler" gewesen. Tauber war Kreisvorsitzender, als 2006 die "Pflegehinweise für das Kaninchen" die Runde machten. Tauber sagt, er habe das Schreiben nicht verfasst, aber "wie andere" davon gewusst. Dass er darüber geschwiegen habe, tue ihm leid. "Ich bin Peter Tauber, ich bin ein Mensch, ich mache Fehler." Über ehemalige Mitarbeiter wolle er sich nicht negativ äußern.

Die Vorwürfe

Die Vorwürfe gegen ihn gehen mehrere Jahre zurück. In dem neunseitigen Schreiben wird unter anderem empfohlen, der Kreisgeschäftsführerin Anne Höhne-Weigl mit der Kündigung ihrer Tochter zu drohen, sollte sie nicht freiwillig einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Die Tochter arbeitete ebenfalls bei der CDU. Weiter heißt es: "Damit das Kaninchen nicht übermütig wird, sollte man ihm das Leben... schwer machen" - konkret etwa durch ein "Verbot der Nutzung des Internets für private Zwecke und der Ankündigung, den Mail-Verkehr mittels Stichproben zu kontrollieren." Das Mobbing war letztlich auch deshalb nicht erfolgreich, weil Geschäftsführerin Höhne-Weigl, "das Kaninchen", das Schreiben in die Hand bekam. Taubers Vorgänger als Kreisvorsitzender, Tom Zeller, hat mittlerweile die Verantwortung übernommen. Er sagte aber auch, Tauber sei "an den Überlegungen beteiligt" gewesen.

Höhne-Weigl klagte daraufhin, Tauber habe sie auch persönlich gemobbt. Ein Mitarbeiter Taubers habe sowohl dienstliche als auch private Telefongespräche von ihr mitgehört und den Inhalt anschließend weitergetragen, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Mitarbeiter der Kreistagsfraktion hätten für ihn schriftlich festgehalten, "ob ich lächle, wie ich telefoniere (in welchem Ton), ob ich die Rollos der Fenster auch schließe".

Tauber sagte am Freitag, er selbst kämpfe "mit offenem Visier" und das wünsche er sich auch von seinen Kritikern. Eine Anspielung darauf, dass nicht klar ist, wer die Schreiben der Presse zugespielt hat. Aus dem Kreisverband erhielt Tauber Unterstützung. Der Saal klatschte im Takt, als er begrüßt wurde. Die Mitglieder standen auf, als Tauber seine kurze Rede beendet hatte.

Der Inhalt des Papiers, sagte der Vorsitzende Johannes Heger, sei "so nicht hinnehmbar". Mobbing habe keinen Platz in der CDU Main-Kinzig. Taubers Ansehen und dem Ansehen der CDU im Main-Kinzig-Kreis aber solle durch "persönliche und destruktive Angriffe" geschadet werden. "Ich unterstütze ihn ausdrücklich", hatte Heger bereits vor der Veranstaltung gesagt.

Balsam für die Seele des 42-Jährigen, der zuletzt nicht nur wegen der Mobbing-Vorwürfe in der Kritik stand. Anfang der Woche waren Mails aufgetaucht, die er 2012 an fünf männliche Parteifreunde geschrieben hat: "Hallo Jungs, wir haben ein neues Problem: die Frauen Union. Es gibt derzeit niemanden, der den Vorsitz übernehmen will." Seine "Jungs" schlagen ihm zunächst Katja Leikert vor, "rein optisch wäre sie ein Gewinn", dann Srita Heide. Von ihr heißt es in den Mails, sie sei "doch so pseudoengagiert".

Eben diese Srita Heide sitzt an diesem Abend in der ersten Reihe. Es gibt Postkarten mit ihrem Bild, sie liegen auf jedem Platz im Raum. Sie wird im nächsten Jahr als Landratskandidatin für die CDU Main-Kinzig antreten. Pseudoengagiert? An diesem Abend klingt das anders: Sie habe "wirtschaftspolitische Erfahrung", sei "sozial engagiert", eine "absolut loyale Mitstreiterin". Auch ihr Lebenslauf liegt aus, zwei Din A4-Seiten.

Srita Heide, geboren 1968 in Kalkutta, ist 1994 nach Deutschland übergesiedelt. Unternehmensberaterin, seit sieben Jahren Mitglied der CDU Hanau, ihre Hobbys sind Kochen und Wandern. Allen voran Tauber hatte sich für sie eingesetzt, verkörpert die junge, indisch-stämmige Frau doch hervorragend die moderne CDU, wie er sie gern hätte. Ein offener Kurs, den Tauber in aller Deutlichkeit auch in Berlin vertritt.

Wie die Zeitung Welt nun berichtet, soll er bereits Ende November die liberale Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel parteiintern mit den Worten verteidigt haben, wer nicht für sie sei, "sei ein Arschloch". Tauber kann sich angeblich nicht an diese Worte erinnern. Er entschuldigte sich aber, sollte er sie tatsächlich ausgesprochen haben. Eine turbulente Woche jedenfalls für den CDU-Generalsekretär.

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