Kandidatencheck:Gauck gegen Wulff - wer ist der bessere Präsident?

Christian Wulff, der Kandidat der Kanzlerin, oder Joachim Gauck, der Mann der Opposition? Wer ist der bessere Bundespräsident? sueddeutsche.de macht den Kandidatencheck. Stimmen Sie ab!

Gökalp Babayigit

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Kandidatencheck:Christian Wulff: Politische Erfahrung

Christian Wulff Confirmed As Presidential Candidate

Quelle: getty

Das Wort Berufspolitiker scheint für Wulff erfunden worden zu sein. Im Alter von 15 Jahren trat er in die CDU ein, mit 34 Jahren trat er zum ersten Mal gegen Gerhard Schröder an. Seit sieben Jahren ist er Ministerpräsident in Niedersachsen und gilt schon seit Jahren als einer der wenigen in der CDU, denen ernsthaft zugetraut wird, einmal Kanzler zu werden. Der politische Betrieb mit all seinen Härten kann ihm, der zwei herbe Niederlagen gegen Schröder einstecken musste und dennoch weitermachte, nichts mehr anhaben. Ein beleidigter Rückzieher wie Köhler ist von Wulff, der Krisen und Kritik förmlich weglächeln kann, nicht zu erwarten.

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Kandidatencheck:Joachim Gauck: Politische Erfahrung

Wende-Erinnerung mit Joachim Gauck in Rostock

Quelle: dpa

Gauck hat Theologie studiert und war Pfarrer in der ehemaligen DDR, ehe er mit kritischen Reden ins Visier der Stasi geriet. Ganz ohne politisches Amt verlief Gaucks Vita nicht: 1990 wurde er als Abgeordneter der Bürgerbewegungen, die im Bündnis 90 aufgegangen waren, in die Volkskammer gewählt. Im wiedervereinigten Deutschland sollte er Leiter der Behörde sein, die im allgemeinen Sprachgebrauch bald "Gauck-Behörde" hieß: Zehn Jahre blieb er Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Die Grande Dame der FDP, Hildegard Hamm-Brücher, urteilt über Gauck: "Er ist politisch im Pulverdampf erprobt, kommt aber nicht aus der Parteikiste. Wenn ich Wahlfrau wäre, würde ich auf jeden Fall für Herrn Gauck stimmen."

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Kandidatencheck:Christian Wulff: Rhetorische Fähigkeiten

Christian Wulff

Quelle: AP

Als Startpunkt für Wulffs politische Karriere kann eine Rede gelten: 1984 erregte der damals 25-jährige Niedersachse Aufsehen mit einer kritischen Rede auf dem Stuttgarter Parteitag, als er seine Partei dafür tadelte, nicht gewissenhaft mit den Vorwürfen der Spendenmanipulation umzugehen. Klare Kante blieb aber nicht das Credo für seine Rhetorik. Als Landesvater gewöhnte sich Wulff eine wohlige, fast kuschelige Sprache an. Diese erspart ihm einerseits peinliche Patzer. Andererseits bleibt aber auch wenig haften von dem, was Wulff am Rednerpult so von sich lässt.

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Kandidatencheck:Joachim Gauck: Rhetorische Fähigkeiten

VERLEIHUNG DES WARTBURGPREISES AN JOACHIM GAUCK

Quelle: ddp

Vor wenigen Wochen hielt Kanzlerin Merkel eine Laudatio anlässlich des 70. Geburtstages von Gauck. Sie lobte ihn auch als "herausragenden Redner" - ein Lob, das sie so noch nicht über Wulff geäußert hat. Über Gaucks rhetorisches Können schwärmen viele, die ihn noch in der ehemaligen DDR erlebt haben. Dort erregte der protestantische Prediger als Sprecher des Neuen Forums regelmäßig Aufsehen mit glänzenden Reden auf Demonstrationen in Rostock. Der Spiegel erinnert sich an seine "beste Rede", die er 1999 zum zehnten Jahrestag des Mauerfalls im Bundestag gehalten hat. Über die Hoffnungen der DDR-Bürger nach der Wende hatte er gesagt: "Sie hatten vom Paradies geträumt und wachten in Nordrhein-Westfalen auf."

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Kandidatencheck:Christian Wulff: Glaubwürdigkeit

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Quelle: AFP

Obwohl an ihn in aller Regelmäßigkeit und von allen Seiten die Kanzlerschaft herangetragen wurde, gab Wulff stets den bescheidenen Provinzfürsten. Als "Herzbuben der deutschen Politik" bezeichnete ihn der Spiegel. Der scheinbaren Abwesenheit jeglichen Ehrgeizes, auch auf Bundesebene Politik zu machen, muss man aber gegenüberstellen, wie gut er seine Nachfolge in Hannover bereits geregelt hat. Mit David McAllister ist schon seit längerem ein Getreuer in den Startlöchern, um Wulffs Job in der Staatskanzlei zu übernehmen. Als Ministerpräsident machte Wulff "Verlässlichkeit" und "gehaltene Wahlversprechen" zu seinem Credo. Affären oder Skandale, die seine Glaubwürdigkeit beschädigt haben, findet man in seiner Karriere keine.

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Kandidatencheck:Joachim Gauck: Glaubwürdigkeit

Gauck candidate for June 30 presidential elections addresses a news conference in Berlin

Quelle: rtr

Gauck muss nur auf seinen Lebenslauf verweisen, um alle Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit beiseitezuräumen. Im wiedervereinigten Deutschland bemühte er sich als Leiter der Bundesbehörde um eine Aufarbeitung der DDR-Geschichte und trat als unermüdlicher Kämpfer für die Aufklärung der Stasi-Verbrechen auf. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung adelte ihn zum "Organisator der Wahrheitsfindung".

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Kandidatencheck:Christian Wulff: Volksnähe/Charisma

Merkel: Wulff soll neuer Bundespraesident werden

Quelle: ddp

Ministerpräsident Wulff war dem "Präsident" in seiner Amtsbezeichnung schon immer näher als dem "Minister". In Dingen, die die Herzen der Bürger (und Wähler) angehen, bewies er oft den richtigen Riecher. Seine Reden bei der Trauerfeier für die Toten des Transrapid-Unglücks oder für Robert Enke sind nur zwei Beispiele für Anlässe, zu denen Wulff alles richtig machte. Seine Beliebtheitswerte in Niedersachsen sprechen eine deutliche Sprache: Wulff wird vom Volk gemocht.

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Kandidatencheck:Joachim Gauck: Volksnähe/Charisma

Joachim Gauck

Quelle: AP

Mit dem aus Schloss Bellevue geflohenen Horst Köhler hat der Theologe Gauck eines gemeinsam: Auch er hat keine lange politische Karriere hinter sich, auch er wäre das, was die Menschen so an Köhler geschätzt haben: ein Quereinsteiger. Nichtpolitiker in der Politik sind beliebt beim Volk, weil sie eben nicht der professionellen Politiker-Kaste entstammen, auf die der Normalbürger nicht gut zu sprechen ist.

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Kandidatencheck:Christian Wulff: Überparteilichkeit

Kinderdienst: Wer ist Christian Wulff?

Quelle: ddp

Wulff ist 50 Jahre alt und seit 35 Jahren in der CDU. Er hat zwei Landtagswahlen gegen Gerhard Schröder verloren, ehe er vor sieben Jahren Ministerpräsident in Niedersachsen wurde. Die Opposition lässt kaum ein gutes Haar an ihm, wie man nicht zuletzt nach seiner Nominierung für das Bundespräsidentenamt gesehen hat. Auch im niedersächsischen Landtag ist Wulff nicht als große Integrationsfigur bekannt geworden. Wenn selbst ehemalige Unions- oder FDP-Politiker nach Wulffs Nominierung ihr Bedauern darüber kaum verhehlen können, dass kein überparteilicher Kandidat gefunden werden konnte, spricht das Bände.

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Kandidatencheck:Joachim Gauck: Überparteilichkeit

Joachim Gauck

Quelle: AP

"Ich wundere mich im Nachhinein, warum FDP und CDU nicht auf diesen Kandidaten gekommen sind": Dieses vielsagende Zitat stammt von Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, wo übrigens eine schwarz-gelbe Koalition am Ruder ist. Gauck scheint dank seiner Vita die Überparteilichkeit in Person zu sein. Das zeigt auch die Tatsache, dass Gauck schon einmal als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl im Gespräch war. Er sollte 1999 gegen den SPD-Mann Johannes Rau antreten, doch er lehnte ab. Für den Vorschlag verantwortlich damals: die CSU.

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Kandidatencheck:Christian Wulff: Moralische Autorität

Christian Wulff

Quelle: AP

Wulff hat sich noch nie etwas zu Schulden kommen lassen, was seine moralische Integrität hätte beflecken können. Kleine Patzer wie das kostenlose Upgrade für einen Urlaubsflug überstand der Saubermann der CDU stets elegant. Der konservative Flügel seiner Partei mag nicht ohne Murren seine Scheidung von seiner ersten Frau und die zweite Ehe mit der Pressereferentin Bettina Körner hingenommen haben. Aber seine moralische Autorität leidet darunter sicher nicht.

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Kandidatencheck:Joachim Gauck: Moralische Autorität

JOSCHKA FISCHER IN TALKSHOW "GAUCK"

Quelle: dpa

Der 70-Jährige gilt als einer der Revolutionäre, die sich gegen den Unrechtsstaat der DDR gestemmt haben. Seine Vita verleiht ihm Glaubwürdigkeit, wenn er über Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit ins Schwärmen gerät. Mittels dieser Glaubwürdigkeit könnte er jene erreichen, die sich politikverdrossen vom öffentlichen Diskurs abgewendet haben. Auch seine Vergangenheit als Pfarrer verleiht ihm hohe moralische Integrität. Skandale um seine Person sucht man vergebens.

© sueddeutsche.de/gba/mcs
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