Kandidaten für die Auszeichnung 2011:Frauen, Facebook, Friedensnobelpreis

Wer bekommt den Friedensnobelpreis 2011? Unter den Kandidaten sind viele Vorkämpfer des arabischen Frühlings, viele Frauen und viele, für deren Wirken das Internet extrem wichtig ist. Doch auch ein deutscher Dauer-Nominierter macht sich Hoffnungen. Mögliche Gewinner in Bildern.

Lydia Bentsche

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Quelle: AFP

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Der Arabische Frühling in Nordafrika und dem Mittleren Osten könnte die Vergabe des Friedensnobelpreises 2011 beeinflussen. Gleich mehrere Demokratie-Aktivisten gelten in diesem Jahr als Favoriten für die mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (etwa einer Million Euro) dotierte Auszeichnung.

Als eine Kandidatin wird zum Beispiel Israa Abdel Fattah gehandelt. Die 30-jährige ägyptische Aktivistin gründete 2008 mit Ahmed Maher und anderen die Facebook-Gruppe "Jugendbewegung 6. April", die sich zu einem Forum für Demokratie entwickelt hat. Fattah habe eine "entscheidende Rolle dabei gespielt, den Protest sowohl im Internet als auch auf der Straße zu mobilisieren", erklärt Kristian Berg Harpviken, Leiter des Osloer Friedensforschungsinstituts. Und sie habe sich dafür eingesetzt, dass der Aufstand gegen den früheren ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak gewaltlos bleibt.

Wael Ghonim

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Ein weiterer potentieller Preisträger ist der ägyptische Google-Marketing-Manager Wael Ghonim. Über Facebook rief der 30-Jährige nach der Revolution in Tunesien zu einer ersten Demonstration gegen das Regime von Hosni Mubarak auf. "Revolution 2.0" nannte Ghonim die Proteste auf dem Kairoer Tahrir-Platz, an denen sich vom 25. Januar 2011 an zehntausende Ägypter beteiligten und die zum Sturz des ehemaligen Präsidenten führten. Auch nach eineinhalb Wochen in Gefangenschaft und dem Sturz Mubaraks kämpfte Ghonim weiter. Er selbst sieht sich nicht als Sprecher des Volkes oder als Held: Helden seien alle, die auf der Straße ihr Leben riskiert hätten.

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Gute Chancen auf den Friedensnobelpreis werden auch der 28-jährigen tunesischen Bloggerin Lina Ben Mhenni eingeräumt. Die Dozentin für Linguistik an der Universität Tunis gilt als Schlüsselfigur der tunesischen Revolution, die bereits lange vor dem Beginn der Aufstände im Dezember 2010 das Regime kritisierte. Auf ihrem Blog "A Tunisian Girl"  ("Ein tunesisches Mädchen") veröffentlichte sie trotz Polizeiüberwachung Texte auf Arabisch, Französisch und Englisch sowie Bilder und Videos von Verletzten und Toten, die sich schnell über Facebook und Twitter verbreiteten. Der norwegische Historiker Asle Sveen kann sich vorstellen, dass Lina Ben Mhenni den Friedensnobelpreis gewinnt, da sie eine moderate Muslimin sei. Außerdem würde ihr Preis soziale Medien und den Arabischen Frühling verknüpfen, sagte er der Zeitung The National aus Abu Dhabi.

Sima Samar

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Neben Aktivisten des Arabischen Frühlings gilt Sima Samar als Favoritin auf den Friedensnobelpreis. Die 54-jährige Ärztin und Politikerin aus Afghanistan ist die Vorsitzende der afghanischen Menschenrechtskommission und UN-Sonderbeauftragte für Menschenrechte. Samars Auszeichnung erscheint Experten schon deshalb möglich, weil sie nicht zum ersten Mal nominiert wurde und weil sich der Kriegsbeginn in Afghanistan zum zehnten Mal jährt.

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Auch 53 Organisationen wurden für den Friedensnobelpreis 2011 vorgeschlagen, teilte das Nobelpreiskomitee im Februar nach Ende der Nominierungsfrist mit. Die Europäische Union darf sich wieder einmal Hoffnungen auf die Ehrung machen. Sie war bereits mehrfach nominiert und als Favorit gehandelt worden. Würde die EU gerade jetzt in Zeiten der Eurokrise und wachsender nationalistischer Tendenzen ausgezeichnet, wäre dies ein starkes Zeichen für die die staatenübergreifende Zusammenarbeit. Thorbjörn Jagland, seit zwei Jahren Vorsitzender des Nobelpreiskomitees, ist überzeugter Befürworter der Union, die ihre Mitgliedsländer nicht nur wirtschaftlich, sondern auch als friedliche Nachbarn verbindet.

Interpol setzt Wikileaks-Gründer auf Fahndungsliste

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Das norwegische Nobelpreiskomitee verrät nicht die Namen der Nominierten - sondern allein die Zahl der Vorschläge. In diesem  Jahr waren es 241, eine Rekordzahl. Jeder, der eine Person nominiert - berechtigt dazu sind unter anderem Minister, Vertreter internationaler Organisationen, ehemalige Preisträger, einige Hochschulprofessoren sowie die Mitglieder des Nobelpreiskomitees -, darf sie jedoch auch öffentlich nennen. Der norwegische Parlamentsabgeordnete Snorre Valen tat dies: Er nominierte Wikileaks samt Gründer Julian Assange, weil die Online-Enthüllungsplattform "einer der wichtigsten Beiträge dieses Jahrhunderts zu Meinungsfreiheit und Transparenz" sei. Wegen der Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange und der Veröffentlichung unredigierter Dokumente, die Informanten gefährden könnten, zählt Wikileaks jedoch eher nicht zum engen Favoritenkreis.

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Dass Wikileaks politische und wirtschaftliche Verfehlungen offenlegt und dass soziale Netzwerke den Arabischen Frühling beflügeln, ist nur dank eines weltweiten Netzwerks möglich: dem Internet. Es ist ebenfalls für den Friedensnobelpreis nominiert. Der Brite Tim Berners-Lee (links) sowie die US-Amerikaner Larry Roberts und Vint Cerf (rechts) könnten die Auszeichnung in Empfang nehmen. Sie gelten als "Väter des Internets".

President of Liberia Johnson-Sirleaf speaks to media before addressing UN Security Council in New York

Quelle: REUTERS

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Der Nobelpreis könnte auch nach Liberia gehen. Die 72-jährige Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf ist die erste Frau, die in Afrika ins Amt eines Staatsoberhauptes gewählt wurde. Die Wirtschaftswissenschaftlerin wurde inhaftiert, nachdem sie sich 1985 um einen Sitz im Senat beworben hatte, und lebte einige Jahre im Exil. Sie leitete das UN-Entwicklungsprogramm für Afrika, war für die Weltbank und andere Institutionen tätig und untersuchte den Völkermord in Ruanda. Seit 2006 ist sie Präsidentin von Liberia.

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Chinas prominentester Menschenrechtler Hu Jia galt im vergangenen Jahr als Favorit. 2011 dürften seine Chancen auf den Friedensnobelpreis nicht mehr so gut stehen, weil 2010 mit Liu Xiaobo bereits ein anderer chinesischer Menschenrechtler die hohe Auszeichnung erhalten hatte. Der 38-jährige Hu trat für Aids-Kranke, Religionsfreiheit, Umweltschutz sowie Meinungsfreiheit in China ein und wurde im April 2008 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Kinderdienst: Jahresrueckblick 2010 - Leute: Helmut Kohl wird 80

Quelle: dapd

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Zum wiederholten Male ist auch Helmut Kohl, 81, nominiert. Der Alt-Bundeskanzler hat sich um die Aussöhnung zwischen Ost und West bemüht. Nach der deutschen Wiedervereinigung ist er den Menschen als "Kanzler der Einheit" in Erinnerung geblieben. 1998 wurde er für seine Verdienste um die Gestaltung, Zusammenarbeit und Erweiterung der Europäischen Union zum Ehrenbürger Europas ernannt.

Svetlana Gannushkina

Quelle: AP

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Unter den Vorschlägen für den Friedensnobelpreis sind erneut die 69-jährige Russin Svetlana Gannuskinja und die älteste russische Menschenrechtsorganisation Memorial, in der sie mitarbeitet. Gannuskinja engagiert sich seit Ende der achtziger Jahre für Opfer des Sowjetregimes. Derzeit kämpft sie besonders gegen die systematische Verletzung der Menschenrechte in Tschetschenien. Memorial entstand während der Perestojka-Zeit als Bürgerrechtsbewegung und arbeitet die Auswirkungen der Gewaltherrschaft des Stalinismus auf.

OSWALDO PAYA SARDINAS

Quelle: DPA

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Nicht zum ersten Mal ist Oswaldo Payá Sardinas, 59, Aktivist der kubanischen Opposition, für die Auszeichnung nominiert. Seit 1988 kämpft er unter anderem mit der Christlichen Befreiungsbewegung seines Landes für einen friedlichen und demokratischen Wandel in Kuba. Payá Sardinas sammelte unter anderem Unterschriften, um ein Referendum über Gesetzesänderungen durchzuführen. Gemäß der kubanischen Verfassung müssen mindestens 10.000 registrierte Bürger ein Referendum unterstützen. Payá Sardinas legte der Nationalversammlung 2002 und 2004 genügend Unterschriften vor, doch sie ignorierte die Vorschläge. Einschüchterungsversuche der kubanischen Regierung gegen sich und seine Familie sind Teil von Sardinas Lebens.

U2-Konzert in München

Quelle: dpa

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Bono ist mittlerweile Dauerbewerber um den Friedensnobelpreis geworden. Der 51-jährige Sänger der irischen Rockband U2 engagiert sich für die Bekämpfung von Aids, für freien Handel und einen Schuldenerlass für afrikanische Länder. Er ist Mitbegründer der Organisation "Debt, Aids, Trade in Africa".

Bob Geldorf, 2005

Quelle: AFP

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Ebenfalls Ire, ebenfalls Musiker, ebenfalls sozial engagiert: Auch der 60-jährige Bob Geldorf war schon oft für den Friedensnobelpreis nominiert. 1985, 1989, 2004 und 2005 organisierte er Benefiz-Konzerte, um Geld für hungernde Menschen in Afrika zu sammeln.

© sueddeutsche.de/lyb/dpa/dapd/Reuters/mcs
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