Kampf gegen IS:Obama verlangt Geduld von Hollande

Barack Obama, Francois Hollande

François Hollande reist um die Welt und sucht nach Verbündeten gegen den IS.

(Foto: Andrew Harnik/AP)
  • Nach den jüngsten Anschlägen in Paris erwartet Hollande von US-Präsident Obama mehr Engagement im Kampf gegen den IS.
  • Obama hingegen rückt nicht von seiner Strategie ab, er will den IS langsam zermürben.

Von Nicolas Richter, Washington

Um es umgangssprachlich zu sagen: Frankreichs Präsident François Hollande hat am Dienstag das Weiße Haus besucht, um seinem US-Kollegen Barack Obama Beine zu machen. Im Kampf gegen die Terroristen des "Islamischen Staats" wünscht sich Hollande mehr Zielstrebigkeit und Koordination, auch mit Russland. Nach den jüngsten Anschlägen in Paris sieht sich Hollande als Kriegspräsident; in seinem Umfeld hieß es, er wolle Obama dazu überreden, "zupackender" zu sein.

Als beide Präsidenten dann zur Pressekonferenz erschienen, hatte Hollande allerdings wenig Neues vorzuweisen. Er kündigte an, die Luftschläge gegen IS-Ziele in Syrien oder im Irak auszuweiten und mehr Geheimdiensterkenntnisse mit den USA zu teilen. Ansonsten betonten beide Staatschefs nur, dass man im Kampf gegen den Terror zusammenstehe. Obama sagte: "Gruppen wie der IS werden verlieren, und wir werden gewinnen."

Schon vor dem Treffen herrschte in Washington und Paris Skepsis, ob die Präsidenten ihre verschiedenen Geschwindigkeiten in der Terrorabwehr würden angleichen können. Obama hat 2014 ein loses Bündnis gegen den IS geschmiedet, in das sich etwa 60 Länder einbringen. Den größten Beitrag leisten die USA selbst, sie fliegen etwa 80 Prozent der Luftangriffe auf IS-Ziele, überlassen die Bodenkämpfe aber örtlichen Partnern. Obama hat einst das Ziel ausgegeben, den IS "zu schwächen und letztlich zu zerstören". Neuerdings hat er seine Wortwahl leicht verschärft, er sagt jetzt, man müsse den IS "zerstören".

Obama: "Man muss an die Kosten denken"

Doch zu grundsätzlichen Änderungen ist Obama nicht bereit. "Wir werden die Strategie fortsetzen, die wir für erfolgversprechend halten, auch wenn sie nicht die Genugtuung einer knackigen Schlagzeile oder einer sofortigen Lösung bietet", sagte er bereits kurz nach den Anschlägen in Paris. US-Medien und die republikanische Opposition haben Obama als zu unentschlossen kritisiert, doch der hat seinen Ansatz verteidigt. "Man muss an die Kosten denken", sagte Obama einmal, "wenn wir Truppen schicken, dann werden diese verwundet oder getötet, und unser Land gibt Hunderte Milliarden Dollar aus. Wir dürfen nicht zuerst schießen und dann zielen."

Obama also will den IS langsam zermürben, und er verlangt dafür Geduld. Es ist eine Geduld, die Hollande derzeit kaum aufbringen kann; deswegen reist er jetzt um die Welt, um Obamas Anti-IS-Koalition zu beleben. Doch er trifft dabei letztlich auf dieselben Widerstände, die Obama in den vergangenen 18 Monaten schon kennengelernt hat. In keinem der beiden Länder gibt es eine ernsthafte Bereitschaft dafür, eigene Bodentruppen in den Krieg zu schicken. Stattdessen möchten beide Länder örtliche Kräfte aufrüsten wie die kurdischen Peschmerga oder die irakische Armee. Obamas Anti-Terror-Koalition ist zwar groß, aber nicht alle Staaten tragen viel bei und etliche Länder im Nahen Osten verfolgen ihre eigenen Interessen.

Sichtbar wurden all diese Probleme am Dienstag durch den Zwischenfall an der türkischen Grenze, als die türkische Luftwaffe ein russisches Kampfflugzeug abschoss. Eigentlich wollte Hollande ein neues Bündnis zwischen dem Westen und Russland schmieden und den IS gemeinsam angreifen. Doch nun kommt es zu neuen Spannungen zwischen Moskau und der Türkei, einem Nato-Staat.

Russland könne eine "konstruktive Rolle" spielen

Hollande, der sich noch in dieser Woche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen wird, hatte gehofft, ein gemeinsamer Feind wie der IS könne die Sprachlosigkeit zwischen Moskau und dem Westen beenden, die mit der Ukraine-Krise begonnen hat. Die Terrorgruppe IS soll sowohl hinter dem Angriff in Paris stecken als auch dem Anschlag auf ein russisches Passagierflugzeug über Ägypten.

Doch eine Versöhnung mit Putin ist nicht so einfach. Obama sagte, er sei sich mit Hollande darin einig, dass Russland eine "konstruktive Rolle" spielen könne im Kampf gegen den IS. Doch müsse Moskau seine Aufmerksamkeit und Feuerkraft tatsächlich auf die Terroristen richten und nicht - wie bisher - auf die moderate syrische Opposition, die Russland bisher in erster Linie angegriffen hat. Sollte sich Russland auf den IS konzentrieren, stichelte Obama, dann würden Zwischenfälle wie der an der türkischen Grenze auch weniger wahrscheinlich.

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