Süddeutsche Zeitung

Kampf gegen IS:Bundestag genehmigt Bundeswehr-Mission im Irak

Lesezeit: 2 min

Wie der Bundestag entschieden hat

Die Bundeswehr beteiligt sich im Nordirak mit bis zu 100 Soldaten an der Ausbildung kurdischer Soldaten für den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat". Der Bundestag stimmte der rechtlich umstrittenen Mission am Donnerstag mit großer Mehrheit zu. 457 Abgeordnete waren dafür, 79 dagegen, 54 enthielten sich. Die Linke hatte in der Debatte ihre Ablehnung des Einsatzes angekündigt, die Grünen ihre Enthaltung. Die Mission ist rechtlich umstritten, weil sie weder unter dem Dach der Vereinten Nationen noch im Auftrag von EU oder Nato stattfindet.

Der Kampf gegen den IS wird von einer losen Allianz von 60 Staaten geführt. Die Bundeswehr hat bereits Waffen im Wert von 70 Millionen Euro an die Kurden geliefert. Die Ausbildung findet in der relativ sicheren nordirakischen Kurden-Hauptstadt Erbil statt.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte auch weitere Waffenlieferungen bis Ende Februar an die Kurden an. Von der Leyen wies die verfassungsrechtlichen Bedenken zurück und verwies auf die intensive rechtliche Prüfung durch die Bundesregierung. "Ich vertraue da vollständig unseren Verfassungsressorts."

Sie deutete an, dass auch zu der neuen Lieferung wieder Milan-Raketen gehören werden. Mit diesen Waffen hätten die Peschmerga mit Sprengstoff beladene Laster ausschalten können. "Das ist ganz, ganz wichtig für die Moral der Truppe." "Den Peschmerga fehlt es im Grunde an allem", sagte von der Leyen. Zunächst werde nun Winterkleidung und Sanitätsmaterial geliefert. "Mitte, Ende Februar sind wir dann so weit, dass wir auch Waffen und Munition liefern können."

Wann der Einsatz beginnen soll

Die Bundeswehr will im Februar mit der Ausbildung der kurdischen Streitkräfte beginnen. Viele Details sind aber noch nicht geklärt. "Die Einsatzregeln werden derzeit erarbeitet, dabei erfolgt auch eine Abstimmung mit den Partnernationen", antwortete das Verteidigungsministerium auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion. Auch die Zahl der Soldaten, die in den Nordirak geschickt werden, ist noch offen. Die Entsendung der Truppe erfolge "sukzessive", heißt es aus dem Ministerium lediglich. Klar definiert ist im Mandatstext lediglich die Obergrenze: Bis zu 100 Soldaten sollen nahe der Kurden-Hauptstadt Erbil stationiert werden. Etwa 15 Soldaten sind jetzt schon als "Verbindungselement" zu den kurdischen Sicherheitskräften und zur Einweisung der Soldaten in die Bedienung der bereits gelieferten Waffen vor Ort.

Warum dies rechtlich umstritten ist

Die Bundesregierung stützt sich bei ihrer Argumentation auf Artikel 24 Absatz 2 Grundgesetz. Darin heißt es, dass sich Deutschland "zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen" könne. Bislang war offen, ob man auch dann von einem solchen System kollektiver Sicherheit sprechen kann, wenn kein klares Mandat des UN-Sicherheitsrats und kein Nato-Beschluss vorliegen. Mittlerweile gehen die Verfassungsjuristen im Innenministerium, im Verteidigungsministerium und im Auswärtigen Amt jedoch davon aus, dass es auch im Fall der Ausbildungsmission möglich ist.

Allerdings kommt der wissenschaftliche Dienst in einem Gutachten zu einem anderen Ergebnis. Demnach sei Artikel 24 Absatz 2 keine taugliche Rechtsgrundlage. Die vorhandenen Erklärungen der UN zum Kampf gegen IS würden als Basis für die deutsche Beteiligung nicht ausreichen. Bei der Anti-IS-Allianz handele es sich um einen losen Zusammenschluss und nicht um ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit. Allerdings heißt das nicht, dass der Einsatz auch verfassungswidrig ist.

Mißfelder verteidigt Irak-Einsatz

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, hatte den umstrittenen Einsatz verteidigt. Die Mission sei politisch richtig und gewollt, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Es handele sich nicht um einen Kampfeinsatz.

"Radikal-pazifistische" Abgeordnete hätten zudem die Möglichkeit, ihre juristischen Bedenken dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, fügte Mißfelder mit Blick auf Kritiker hinzu. "Wenn es dann eine juristische Auseinandersetzung oder andere Kontroverse geben sollte, dann wird sie geklärt werden."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2326343
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/fued
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.