KambodschaSchuldig des Völkermords

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Ein Sondertribunal der UN verurteilt erstmals zwei Führer der Roten Khmer in Kambodscha - zu lebenslanger Haft.

Von Arne Perras, Singapur

Ein Sondertribunal in Kambodscha hat erstmals zwei Führer der Roten Khmer wegen Völkermordes verurteilt. Der einstige Chefideologe Nuon Chea, 92, und der damalige Staatschef Khieu Samphan, 87, erhalten damit zum zweiten Mal eine lebenslange Haftstrafe, schon 2014 hatten die Richter sie wegen Zwangsumsiedlungen und anderer Gräueltaten schuldig gesprochen. Wegen der Schwere der Vorwürfe waren die Prozesse gegen die einstigen Rote-Khmer-Anführer in einzelne Verfahren aufgeteilt worden. Am Freitag verlas der Vorsitzende Richter Nil Nonn das Urteil im gefüllten Gerichtssaal in Phnom Penh, wo sich viele Überlebende versammelt hatten.

Die Terrorherrschaft der Roten Khmer zwischen 1975 und 1979 kostete etwa zwei Millionen Menschen das Leben. Viele Menschen kamen in Arbeitslagern oder Gefängnissen um, sie starben durch grausame Folter oder bei Hinrichtungen, andere an Hunger und Erschöpfung. Der als "Bruder Nummer 1" bekannte Machthaber Pol Pot entging einer Strafe durch die internationale Justiz. Er ist bereits im Jahr 1998 gestorben.

Das von den Vereinten Nationen gestützte Gericht sah es nach langwierigen Verfahren als erwiesen an, dass die beiden Männer Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und einen Genozid zu verantworten haben. Im Zuge der von Pol Pot und seinen Weggefährten angestrebten sozialistischen Revolution versklavten die Kader der kommunistischen Partei Millionen Kambodschaner und zwangen sie in unmenschliche Verhältnisse, oftmals hatten sie kaum noch Trinkwasser oder Nahrung. Die von den Herrschenden erstrebte Utopie einer autarken marxistischen Agrargesellschaft stürzte das ganze Land ins Verderben. Die Verfolgung angeblicher Staatsfeinde trug stark paranoide Züge und zerstörte oftmals ganze Familien, das Land leidet bis heute unter den zerschlagenen sozialen Strukturen und dem kollektiven Trauma, das weitgehend unbewältigt geblieben ist.

Den Vorwurf des Völkermords stützte die Anklage vor allem auf verübte Verbrechen gegen die Ethnie der Vietnamesen und der Cham. Das Gericht, in dem kambodschanische und internationale Juristen zusammenarbeiteten, war nach Verzögerungen 2006 geschaffen worden und hat mehr als 300 Millionen Dollar gekostet. Es stieß auf erhebliche Widerstände der Regierung und konnte am Ende nicht mehr als drei Urteile fällen. Kritiker werten dies als Schwäche des Tribunals, das seiner großen Aufgabe letztlich nicht gerecht geworden sei.

© SZ vom 17.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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