Kambodscha:Nicht ohne meinen Sohn

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Soll in diesem Sommer den Platz seines Vaters als kambodschanischer Premierminister einnehmen: Hun Manet, Oberbefehlshaber der Armee. (Foto: Franck Robichon/AP)

Kambodschas Premierminister Hun Sen lässt eins der letzten unabhängigen Medienportale schließen - aus Sorge um die geschmeidige Machtübergabe an seinen Sohn.

Von David Pfeifer, Bangkok

Es sind manchmal nur Empfindlichkeiten, die über das Wohl ganzer Nationen entscheiden können. So berichtete die Khmer Times am Freitag, dass Generalleutnant Hun Manet, 45, Sohn des kambodschanischen Premierministers Hun Sen, 70, "empört sei" über eine Andeutung in der Voice of Democracy (VOD) . Das Onlinemedium hatte geschrieben, Hun Manet habe anstelle seines Vaters eine Hilfslieferung für die türkischen Erdbebengebiete unterzeichnet und damit die Grenzen seiner Position überschritten. Illustriert wurde das mit einem Bild von Vater und Sohn, die zu diesem Zeitpunkt in Peking waren, um dort Staatschef Xi Jingpin zu treffen und ihm öffentlichkeitswirksam die Hand zu schütteln.

Am Sonntag dann verkündete Hun Sen per Facebook, dass dem Medienunternehmen VOD, einem der wenigen unabhängigen in Kambodscha, die Lizenz entzogen werde. "Kommentatoren haben versucht, mich und meinen Sohn Hun Manet anzugreifen", schrieb Hun Sen. Der VOD-Artikel habe die "Würde und den Ruf" der kambodschanischen Regierung verletzt.

Der Sohn hat im Westen studiert und ist bei der Jugend im Land beliebt

Hun Sen, seit 1985 an der Macht und einer der dienstältesten Regierungschefs der Welt, lässt die Opposition und die Meinungsfreiheit in Kambodscha seit Jahrzehnten unterdrücken. Seinen Sohn, den Oberbefehlshaber der Armee, bereitet er seit zweieinhalb Jahren auf die Übernahme seines Amtes vor. "Als sein Vater", erklärte Hun Sen bereits im Juni 2020, "muss ich meinen Sohn unterstützen und ihn so ausbilden, dass er fähig ist." Hun Manet soll noch in diesem Juli zum Nachfolger gewählt werden.

Hun Manet hat Wirtschaftswissenschaften in den USA und Großbritannien studiert. Seinen Bachelor machte er 1999 in West Point, 2002 einen Master an der New York University, 2008 folgte der Doktortitel an der University of Bristol. Zehn Jahre später wurde Hun Manet in den zweithöchsten Rang des kambodschanischen Militärs befördert und wenig später in den ständigen Ausschuss der Kambodschanischen Volkspartei (CPP) gewählt, deren Präsident sein Vater ist.

Bis zur Pandemie reiste Hun Manet viel, um bei Landsleuten, die im Ausland leben und studieren, für die Unterstützung der CPP zu werben. Diese Reisen wurden häufig von Protesten über den Zustand der heimischen Demokratie begleitet. Doch Hun Manet versuchte das negative Image seines Vaters abzustreifen. Als der ihn als Nachfolger präsentierte, schrieb das australische Lowy-Institut, dass Hun Manet bei der Jugend des Landes recht beliebt sei. Er gilt als gebildet, gut erzogen, zugänglich und sogar nett. Auf Facebook, in Kambodscha mit seinen etwa 17 Millionen Einwohnern die größte Social-Media-Plattform, hat er 1,1 Millionen Follower.

Eine feudale Machtübergabe ist ganz und gar undemokratisch

Hun Sen erklärte zwar, dass sein Sohn die Macht nur übernehmen wird, wenn die Kambodschaner ihn bei einer Wahl unterstützen. Daher rührt wohl die Empfindlichkeit bei der Kompetenzüberschreitung, der die VOD nun zum Oper fällt. Damit beweist Hun Sen aber auch einmal mehr, dass er über die Mittel und die Macht verfügt, um die Öffentlichkeit und Wahlen zu seinen Gunsten zu manipulieren. Das Problem für seinen Sohn Hun Manet ist nach Ansicht von Analysten allerdings eher, die Unterstützung der Eliten innerhalb der CPP zu gewinnen, die seit 1979 an der Macht ist. Er muss seine Konkurrenten überzeugen, dass er die Fähigkeit zur Führung hat und die jungen Kambodschaner, die nach dem Genozid der Roten Khmer etwa zwei Drittel der Bevölkerung ausmachen, hinter sich versammeln kann.

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Dafür muss Hun Manet die Hoffnung schüren, dass sich die politische Entwicklung des Landes in eine demokratischere Richtung bewegen kann - trotz des ganz und gar undemokratischen Vorgangs einer feudalen Machtübergabe. Für Hun Sen wiederum geht es nicht nur um seinen Sohn. Wenn er zurücktritt, genießt er keine Immunität mehr und könnte wegen diverser Verbrechen angeklagt werden, im Inland wie im Ausland. Wenn eine neue Regierung das zulässt.

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