Kairo: Ruf nach Reformen:Ägypter wollen von der Armeeführung Taten sehen

Hunderte Demonstranten harren noch auf dem Tahrir-Platz in Kairo aus. Sie verlangen von der Militärführung, endlich einen Fahrplan für die Übergabe der Macht an eine zivile Regierung vorzulegen.

Auch zwei Tage nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak harren noch Hunderte Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo aus. Sie verlangen die Erfüllung ihrer Forderungen nach Aufhebung des Ausnahmezustands und Auflösung des Parlaments, berichteten Augenzeugen am Sonntagmorgen. Einige sind offenbar misstrauisch, ob das Militär sein Versprechen eines demokratischen Wandels einlöst. Die ägyptische Übergangsführung sicherte Israel und anderen internationalen Partnern unterdessen die Einhaltung aller bestehenden Abkommen zu.

One day after resignation of President Mubarak

Auf dem Tahrir-Platz soll Ruhe einkehren: Das Militär hat die Teilnehmer der Proteste nach dem Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak aufgefordert, nach Hause zu gehen. Einige Demonstranten wollen dennoch bleiben - und verlangen rasche Reformen.

(Foto: dpa)

Mubarak hatte bei seinem Abgang am Freitag die Macht an das Oberkommando der Streitkräfte übergeben. Ein Sprecher des Gremiums erklärte am Samstag, dass das Militär eine friedliche Übergabe der Macht im Rahmen eines freien, demokratischen Systems garantieren werde. Einen Zeitplan für den Übergang zu einer gewählten zivilen Regierung nannte er jedoch nicht.

Der Militärsprecher teilte im Staatsfernsehen weiter mit, dass die vom gestürzten Präsidenten eingesetzten Minister bis zur Bildung einer neuen Regierung im Amt bleiben sollen. Der bisherige Informationsminister Anas al-Fiqi wurde jedoch nach Medienberichten unter Hausarrest gestellt. Gegen ihn und andere führende Mitglieder der gestürzten Mubarak-Regierung waren zuvor schon Reisebeschränkungen erlassen worden.

Obama bietet Hilfe an

US-Präsident Barack Obama drängte unterdessen in mehreren Telefonaten mit Staats- und Regierungschefs in Europa und im Nahen Osten weiter auf einen demokratischen Wandel am Nil.

Konkret habe Obama mit dem britischen Premier David Cameron, dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und dem jordanischen König Abdullah gesprochen, teilte das Weiße Haus am Samstag mit. Obama habe in den Telefonaten betont, dass Demokratie mehr und nicht weniger Stabilität in die Region bringe. Er begrüßte das Bekenntnis des Militärs, für einen demokratischen Übergang zu sorgen. Die USA würden alle notwendigen Hilfen bereitstellen, um einen "glaubhaften und geordneten" Übergang zu bewerkstelligen.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu begrüßte die angekündigte Vertragstreue der ägyptischen Übergangsführung. Der Friedensvertrag sei für beide Länder von Nutzen und diene der Stabilität im gesamten Nahen Osten, sagte Netanjahu in einer Mitteilung am Samstag.

Appell von EU-Beauftragter Ashton

Ägypten hatte als erstes arabisches Land 1979 einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, die kommende Woche nach Nordafrika reist, forderte das ägyptische Militär auf, so schnell wie möglich Wahlen abzuhalten. "Ich erwarte von den jetzigen Machthabern, dass sie einen Plan vorlegen, wie sie diese vorbereiten wollen", sagte Ashton dem Magazin Spiegel.

Die notwendige Übergangsphase sollte "nicht länger als ein paar Wochen, höchstens einige Monate dauern". Die EU-Außenbeauftragte kündigte an, nach Kairo zu fliegen und dort auch mit den islamistischen Muslimbrüdern zu sprechen.

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