Kämpfe im Irak:Islamisten erobern Falludscha

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Islamistische Rebellen ziehen triumphierend durch Falludscha. (Foto: dpa)

Im Irak toben schwere Kämpfe zwischen Regierungstruppen und al-Quaida-nahen Rebellen. Erstmals seit 2003 kontrollieren die Islamisten die Stadt Falludscha nun offenbar vollständig. Die Armee reagiert mit Artilleriebeschuss.

Mehr als zehn Jahre nach der US-Invasion im Irak ist die frühere Rebellenhochburg Falludscha wieder in die Hand islamistischer Aufständischer gefallen. Die Stadt im Westen des Landes sei von der dem Terrornetzwerk al-Qaida nahestehenden Extremistengruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) erobert worden, sagte ein ranghoher Sicherheitsbeamter. Am Vortag hatte es in Falludscha und im nahegelegenen Ramadi die schwersten Gefechte seit Jahren gegeben.

Dem Sicherheitsbeamten zufolge wurden einzelne Vororte von Falludscha noch von der Polizei gehalten. Ein AFP-Reporter berichtete, dass in der Innenstadt weder Sicherheitskräfte noch die mit ihnen verbündeten Stammesmilizen zu sehen waren. Nach Angaben von Augenzeugen hatten sich am Freitag zum Mittagsgebet Hunderte Bewaffnete mit den schwarzen Flaggen der Dschihaddisten im Zentrum versammelt und einen "islamischen Staat" in der Stadt ausgerufen.

Am Samstag setzte die irakische Armee Berichten zufolge Artillerie gegen die Extremisten ein. Durch den Beschuss wurden mindestens acht Menschen getötet, wie Stammes- und Behördenvertreter sagten. Ärzte in der Stadt im Westen des Landes sprechen zudem von 30 Verletzten.

Falludscha war nach dem US-Einmarsch im Frühjahr 2003 eine der Hochburgen der sunnitischen Rebellen und Schauplatz monatelanger Kämpfe. Schließlich gelang es den US-Streitkräften mit Hilfe regionaler Stammesmilizen, die Stadt und die angrenzende Provinz Anbar unter Kontrolle zu bringen. Die unabhängige Webseite icasualties.org berichtete, dass ein Drittel aller im Irak gefallenen US-Soldaten in der Provinz Anbar getötet worden seien.

Auslöser war die Räumung eines Protestlagers

Nach dem Abzug der US-Truppen Ende 2012 gewannen die islamistischen Rebellen in Anbar wieder an Boden. Analysten zufolge profitiert die sunnitische ISIL unter anderem von der Wut der sunnitischen Bevölkerung auf die Politik der schiitisch dominierten Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki. Die Sunniten fühlen sich von der Regierung diskriminiert, zudem klagen sie über gezielte Repressalien der von den Schiiten dominierten Sicherheitskräfte.

Auslöser der jüngsten Gewalteskalation war die Räumung eines sunnitischen Protestlagers in der Provinzhauptstadt Ramadi am vergangenen Montag. Al-Maliki hatte das Lager als Hauptquartier der Al-Qaida-Führung in der Region bezeichnet. Die gewaltsame Räumung löste jedoch blutige Gefechte aus. Der weitgehende Rückzug der Sicherheitskräfte aus Ramadi und Falludscha ermöglichte dann den Kämpfern von ISIL, sich in beiden Städten festzusetzen.

Am Freitag wurden bei Gefechten mehr als 100 Menschen getötet, darunter 62 Aufständische. Es war damit der verlustreichste Tag seit Jahren. Während aus Falludscha auch am Samstag immer wieder Gefechtslärm zu hören war, war in Ramadi die Lage nach Angaben eines Polizeivertreters ruhig. Die Rebellen hielten zwar weiterhin mehrere Viertel im Zentrum der Stadt, doch drängten Spezialkräfte sie aus anderen Stellungen zurück.

© AFP/Reuters/mest - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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