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Kabinettsumbildung in London:Comeback eines Blair-Mannes

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Großbritanniens Premier Brown bildet nach BBC-Berichten sein Kabinett um - und holt ausgerechnet EU-Handelskommissar Mandelson zurück, mit dem er sich einst überwarf.

Der innenpolitisch angeschlagene Premierminister Gordon Brown will britischen Medienberichten zufolge sein Kabinett umbilden und ruft dafür den erfahrenen EU-Handelskommissar Peter Mandelson nach London zurück.

Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Finanzkrise werde Mandelson voraussichtlich das Wirtschaftsministerium übernehmen, berichtete die BBC. Der bisherige Ressortchef John Hutton wechsle ins Verteidigungsministerium. Das vakante Verkehrsministerium werde Geoff Hoon übernehmen. Finanzminister Alistair Darling bleibe dagegen voraussichtlich in seinem Amt.

Browns Büro wollte sich zu dem Bericht zunächst nicht äußern. Ein Sprecher kündigte aber eine Stellungnahme an, sobald das Büro in der Lage sei, "Veränderungen im Kabinett und in der Regierungsmaschinerie offiziell bestätigen zu können".

Zweimal musste Mandelson zurücktreten

Der BBC zufolge will Brown angesichts der Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten zugleich die Bildung eines Krisenausschusses bekannt geben. Dieser soll an ein bestehendes Gremium von Ministern und Behördenvertretern angelehnt sein, das sich mit der Sicherheitslage in Großbritannien befasst.

Unter Browns Vorgänger Tony Blair gehörte Mandelson bereits zwei Mal der Regierungsmannschaft an, trat aber beide Male zurück: einmal wegen eines nicht deklarierten Kredits, das andere Mal wegen einer Affäre um die britische Staatsangehörigkeit eines Inders.

Der wegen schlechter Umfragewerte unter Druck stehende Brown hatte in den vergangenen Wochen um sein politisches Leben gekämpft. Kritiker hatten der Regierung zuletzt vorgeworfen, sich in Zeiten wachsender Inflation und steigender Arbeitslosigkeit nicht ausreichend um die Bürger gekümmert zu haben.

Die einstige Wirtschaftsmacht geht in die Knie

Auch aus den Reihen seiner eigenen Labour-Partei kamen Rücktrittsforderungen. Sein größter innerparteilicher Rivale, Außenminister David Miliband, stärkte Brown allerdings auf dem vor kurzem zu Ende gegangenen Labour-Parteitag den Rücken.

Die einst hervorragende wirtschaftliche Lage Großbritanniens hat sich in den vergangenen Monaten dramatisch gewendet. Aktuellen Konjunkturdaten zufolge sind die Geschäfte in der Dienstleistungsbranche zuletzt so schlecht gelaufen wie seit mindestens zwölf Jahren nicht mehr - dem Beginn der Erhebung.

Hinzu kommt, dass die Inflation derzeit doppelt so hoch ist wie das angepeilte Ziel, die Arbeitslosigkeit so schnell steigt wie seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr und der Immobilienmarkt nahezu zum Stillstand gekommen ist. Experten befürchten nun, dass sich das Land einer Rezession gefährlich nähert. Viele von ihnen gehen daher davon aus, dass die Bank von England in der kommenden Woche ihren Leitzins senken wird.

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dpa/Reuters/ihe/ssc
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