Kabinett - Schwerin:Keine weiteren Corona-Lockerungen: Schule erhält Vorrang

Bildung
Manuela Schwesig (SPD) gestikuliert. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Schwerin (dpa/mv) - Mecklenburg-Vorpommern will die Rückkehr zum verlässlichen Schulunterricht seit dem Ende der Sommerferien nicht gefährden und verzichtet daher bis Ende August auf weitere Lockerungen der Corona-Schutzvorkehrungen. Zudem müssen von Mittwoch an Schüler und Lehrer auf dem Schulgelände eine Mund-Nase-Bedeckung tragen.

"Die Gesundheitsexperten raten wegen drohender Infektionssteigerungen, jetzt auch die Maskenpflicht in den Schulen einzuführen", begründete Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag nach einer erweiterten Kabinettssitzung in Schwerin den Beschluss. Das Land wolle sichere Schulen und verlässlichen Präsenzunterricht.

Am sogenannten MV-Gipfel zur Bewältigung der Corona-Pandemie hatten erneut auch Vertreter von Kommunen, Wirtschaft und Verbänden sowie Mediziner teilgenommen. Ursprünglich sollte in der Runde über die schrittweise Abschaffung der Maskenpflicht im Handel sowie die Zulassung von auswärtigen Tagestouristen beraten werden. Diese Themen seien aber mit Blick auf die zuletzt wieder gestiegenen Infektionen mit dem Coronavirus sowie die vollständige Öffnung von Schulen und Kitas auf das nächste Treffen am 28. August vertagt worden, hieß es.

Es gelte, das Virus weiter von Schulen und Kitas fernzuhalten. "Unser Land hat die besten Voraussetzungen, weil wir die geringsten Infektionszahlen haben. Und es liegt jetzt an uns allen, dafür zu sorgen, dass sie auch gering bleiben", betonte Schwesig. Das sei im Interesse der Kinder, der Pädagogen und der Familien, aber auch der Wirtschaft. "Wir haben alle erlebt, dass Wirtschaft gar nicht möglich ist, wenn Schule und Kita nicht verlässlich öffnen."

Die Maskenpflicht an Schulen gilt ab Klasse fünf, Grundschulen sind ausgenommen. Während des Unterrichts müssen die Masken nicht getragen werden. Wie Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) sagte, sind Schüler angehalten, auch auf dem Weg zum Schulbus und an Haltestellen Mund- und Nasen-Bedeckungen zu nutzen. Mit Kommunen und Busunternehmen werde nach Lösungen für sehr volle Schulbusse gesucht.

Das Testprogramm für Lehrer soll laut Martin auch auf weitere Schulmitarbeiter wie Sekretärinnen und Hausmeister ausgeweitet werden. Möglich seien bis zu fünf Tests pro Mitarbeiter bis zu den Herbstferien. Dafür stellt das Land nach Angaben von Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) insgesamt 2,5 Millionen Euro bereit.

Obwohl mit 35 Neuinfektionen innerhalb einer Woche zuletzt auch im Nordosten wieder ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen gewesen sei, gingen Experten noch nicht von einer zweiten Corona-Welle in Mecklenburg-Vorpommern aus, sagte Schwesig. Bei den jüngsten Infektionsherden, ausgelöst durch Urlaubsrückkehrer oder bei Familienfeiern, hätten die Gesundheitsämter schnell und konsequent gehandelt. Nur so könnten Infektionsketten unterbrochen und ein zweiter Lockdown vermieden werden. "Das Corona-Virus ist nicht weg. Es bleibt gefährlich", warnte Schwesig.

Als besondere Risikobereiche für die erneute Zunahme von Corona-Infektionen wurden nach Angaben der Regierungschefin Familienfeiern, religiöse Zusammenkünfte, Arbeitsbereiche mit räumlicher Nähe der Mitarbeiter, insbesondere aber Rückkehrer aus Risikogebieten ausgemacht. Gesundheitsminister Glawe kündigte daher Corona-Tests für Reiserückkehrer in den Seehäfen und an der Grenze zu Polen an. Außerdem werde es auch stichprobenartige Kontrollen an den Autobahnen geben. Die Bundesregierung will noch in dieser Woche eine Corona-Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten einführen.

Sven Müller vom Unternehmerdachverband VU räumte ein, dass insbesondere Gastronomen und Händler höhere Erwartungen an das Treffen gehabt hätten. Nun gelte es, bis Ende August in den Arbeitsgruppen Konzepte für erforderliche Lockerungen zu entwickeln. "Schausteller, Clubs und nicht zuletzt die wichtigsten Tourismusbereiche - dazu zählt auch der Einzelhandel - brauchen ein verbindliches Signal für den September und den Rest des Jahres", mahnte Müller. Das Fernbleiben der Tagestouristen hat nach Branchenangaben zu spürbaren Umsatzeinbußen geführt.

Ingo Schlüter vom DGB Nord warnte davor, die bisherigen Erfolge im Kampf gegen die Pandemie durch übereilte Schritte zu gefährden. "Jeder hätte gern Lockerungen. Aber keiner will den Lockdown", mahnte er zu Geduld.

In Mecklenburg-Vorpommern waren am Dienstag neun neue Corona-Fälle registriert worden. Damit ist laut Landesamt für Gesundheit und Soziales die Zahl der bisher nachgewiesenen Infektionen im Land auf 889 gestiegen. Als genesen gelten - ohne Berücksichtigung der Dunkelziffer - 794 der Infizierten. Bezogen auf die Bevölkerung weist Mecklenburg-Vorpommern mit 54 Fällen je 100 000 Einwohner bundesweit die niedrigste Infektionsquote auf; 20 Menschen starben bislang im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung, bundesweit sind es laut Robert Koch-Institut mehr als 9000.

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