Kabinett beschließt neues Afghanistan-Mandat:Abzug unter Vorbehalt

Das Bundeskabinett hat das neue Afghanistan-Mandat beschlossen - inklusive eines angestrebten Abzugstermins. Schon hagelt es Kritik: Der Bundeswehrverband spricht von Wahltaktik. Streit gibt es auch in der SPD.

Kurz vor der Abstimmung über die Mandatsverlängerung im Kabinett hatte Guido Westerwelle nochmals die Gelegenheit, für seine Position zu werben. Und diese nutzte er auch: Im Morgenmagazin war der FDP-Chef ganz Außenminister und bekräftigte sein Ziel, Ende 2011 mit dem deutschen Truppenabzug aus Afghanistan zu beginnen - "soweit es die Lage erlaubt".

Kabinett - Guttenberg und Westerwelle

Guttenberg (CSU) und Westerwelle (FDP) im Gespräch im Vorfeld der Entscheidung: Das Kabinett hat die Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr beschlossen.

(Foto: dpa)

Der Satz mit dem angestrebten Abzugsdatum steht so in dem Entwurf, über den das Kabinett an diesem Vormittag beraten hat. Inzwischen ist Regierungskreisen zufolge die Entscheidung gefallen: Das Bundeskabinett hat für die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes um ein weiteres Jahr gestimmt, damit aber auch zugleich ein Datum für den angestrebten Beginn des Truppenabzuges beschlossen. Ende 2011 also sollen die ersten deutschen Soldaten Afghanistan verlassen, sofern es die Sicherheitslage zulässt.

Derzeit sind am Hindukusch etwa 4600 deutsche Soldaten stationiert. Erlaubt wäre auch nach dem neuen Mandat der Einsatz von bis zu 5350 Soldaten. Angestrebt wird jedoch, dass der Abzug gegen Ende dieses Jahres beginnt. Im Jahr 2014 sollen dann die letzten deutschen Kampftruppen Afghanistan verlassen. Dies sei international abgestimmt, erklärte Westerwelle im Morgenmagazin: "Wir wollen ja nicht länger in Afghanistan bleiben mit Kampftruppen als unbedingt notwendig - und wir wollen auch nicht länger in Afghanistan bleiben als unsere Verbündeten."

Am 28. Januar soll der Bundestag über die Mandatsverlängerung abstimmen. Die SPD-Führung hat bereits Zustimmung signalisiert - wofür sie nun Kritik aus den eigenen Reihen erhält: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat an die Bundestagsfraktion seiner Partei appelliert, der Verlängerung des Afghanistan-Mandats nicht zuzustimmen. Dem Hamburger Abendblatt sagte er, er halte den Weg der schwarz-gelben Regierung für völlig falsch. "Sie will den Militäreinsatz noch auf Jahre fortsetzen. Dem sollte die SPD-Fraktion nicht zustimmen", forderte er.

Der Beginn des Abzugs zum Jahresende sei unbestimmt formuliert und werde bereits von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) öffentlich infrage gestellt, sagte Sellering weiter. Er setze sich nach wie vor für den schnellstmöglichen Abzug der deutschen Truppen ein.

"Dinge beim Namen nennen"

Zweifel am Abzugsplan äußerte auch der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch. Er warf der Bundesregierung vor, falsche Erwartungen zu wecken. Die Bundeswehrsoldaten verfolgten die Debatte um einen Abzug mit großer Skepsis. "Die Soldaten glauben ohnehin nicht an diese Daten und den Zeitplan", sagte Kirsch der Passauer Neuen Presse. "Natürlich muss man Perspektiven aufzeigen. Aber hier werden aus wahltaktischen Gründen falsche Erwartungen geweckt. Da machen sich die Einsatzkräfte keine Illusionen."

Zu Westerwelles Afghanistan-Reise, bei der der Außenminister auch die Bundeswehrsoldaten im nordafghanischen Kundus besucht hatte, sagte Kirsch, die Soldaten hätten sich sehr gefreut. "Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass er die Dinge beim Namen nennt und gesagt hätte, dass die Soldaten dort im Kriegszustand sind. (...) Völkerrechtliche Spitzfindigkeiten und Rumeierei helfen uns nicht weiter."

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