Fachkräftemangel:"Im Kern geht es darum, dass wir nicht die Falschen abschieben"

Fachkräftemangel: Eine aus Guinea geflüchtete Berufsschülerin in Bremen lernt das Schweißen.

Eine aus Guinea geflüchtete Berufsschülerin in Bremen lernt das Schweißen.

(Foto: Ingo Wagner/dpa)
  • Die Bundesregierung hat das bis zuletzt strittige Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen.
  • Der vom Kabinett gebilligte Entwurf soll den Zuzug von Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Staaten erleichtern, um den Fachkräftemangel in Deutschland abzumildern.
  • Die strittigen Regelungen zur Duldung bei Beschäftigung und Ausbildung wurden in ein separates Gesetz ausgegliedert.
  • Wirtschaftsminister Altmaier spricht von einem "historischen Tag", Innenminister Seehofer lobt die Pläne als "modern" und "unbürokratisch".

Die Bundesregierung will die Hürden für die Einwanderung von Fachkräften senken. Zudem sollen neue Perspektiven für bestimmte Flüchtlinge mit Job geschaffen werden. Erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik werden damit zwei Gesetze auf den Weg gebracht, die die Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt regeln. Grund ist der wachsende Fachkräftemangel, der mit Arbeitnehmern aus Deutschland und der EU nicht mehr zu beheben ist.

Innenminister Horst Seehofer (CSU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellten die beiden Gesetzentwürfe in der Bundespressekonferenz in Berlin vor. Seehofer sagte, das Paket komme "gerade noch zur richtigen Zeit, denn die Wirtschaft kämpft bereits gegen den Fachkräftemangel". Altmaier sprach von einem "historischen Tag".

Die große Koalition hatte sich im Zuge des Asylstreits im Sommer darauf verständigt, das Vorhaben noch in diesem Jahr durch das Kabinett zu bringen. Die letzte Kabinettssitzung des Jahres am heutigen Mittwoch war dafür die letzte Gelegenheit.

"Müssen Sie mir vor Weihnachten noch Schmerzen zufügen?"

Zwar hatte es bereits eine Einigung zwischen Seehofer, Heil und Altmaier gegeben, doch diese stieß auf scharfen Widerspruch bei CDU-Innenpolitikern. Sie verlangten eine klarere Trennung der Erwerbsmigration vom Asylrecht. Deshalb beschloss das Kabinett nun zwei getrennte Gesetzentwürfe: Neben dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll es ein Beschäftigungsduldungsgesetz geben.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz richtet sich an Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten. Sie sollen künftig für sechs Monate nach Deutschland einreisen dürfen, um auf Jobsuche zu gehen. Außerdem soll für sie die bisherige Beschränkung auf Engpassberufe entfallen. Die neuen Regeln seien "modern" und "unbürokratisch", sagte Seehofer.

Das separate Gesetz zur Duldung bei Beschäftigung und Ausbildung betrifft abgelehnte Asylsuchende. Aus dieser Gruppe darf nicht abgeschoben werden, wer mehrere Kriterien erfüllt: Er muss seit mindestens 18 Monaten arbeiten, seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten, darf nicht vorbestraft sein und die Identität muss zweifelsfrei geklärt sein. Eine sichere Aufenthaltserlaubnis, die über eine Duldung hinausgeht, soll nach frühestens 30 Monaten möglich sein. "Im Kern geht es darum, dass wir nicht die Falschen abschieben", so Heil.

Auf die Frage, ob Deutschland damit offiziell ein Einwanderungsland sei, antwortete Seehofer mit einer Art Scherz: "Müssen Sie mir vor Weihnachten noch Schmerzen zufügen?" Der Begriff "Einwanderungsland" ist unter Konservativen umstritten. Die Minister betonten daraufhin, dass Fachkräftezuwanderung nur ein spezieller Fall von Einwanderung sei.

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