Justizministerium:Dieter Althaus ist vorbestraft

Richterspruch mit Folgen: Nach dem Urteil in Österreich gilt Dieter Althaus laut Justizministerium auch in Deutschland als vorbestraft. Während Thüringens CDU an ihrem Ministerpräsidenten festhalten will, zeigt sich die Opposition "sprachlos".

Nach seiner Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung gilt Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) auch in Deutschland als "vorbestraft". Das folgt aus einer Auskunft des Bundesjustizministeriums. Danach werden in Österreich verhängte Geldstrafen auch ins deutsche Bundeszentralregister eingetragen.

Justizministerium: Dieter Althaus - hier auf einer Archivaufnahme- hat sich noch immer nicht von dem tragischen Unfall am Neujahrstag erholt.

Dieter Althaus - hier auf einer Archivaufnahme- hat sich noch immer nicht von dem tragischen Unfall am Neujahrstag erholt.

(Foto: Foto: ddp)

Jeder Registereintrag kann bei einem neuerlichen Strafverfahren als Vorstrafe berücksichtigt werden. In das private Führungszeugnis, das etwa von Arbeitgebern angefordert wird, wird die Strafe aber nicht aufgenommen - die verhängten 180 Tagessätze liegen unter der Grenze. Althaus könnte sich als "unbestraft" bezeichnen.

Das schnelle Verfahren gegen Dieter Althaus hatte zunächst vor allem bei der Thüringer CDU für Erleichterung gesorgt - aber auch Verwunderung bei Politikern und Juristen ausgelöst. "Das ist atypisch schnell - was immer man daraus schlussfolgert", sagte der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Gehb, in der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung.

"Das geht sicherlich ins Guiness-Buch der Rekorde ein. So lange dauern bei uns in Deutschland die Zustellungsfristen. Das wundert mich ein bisschen. Aber nun ist es vorbei. Das ist doch gut", erklärte Gehb.

Der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Andreas Schmidt (CDU), zeigte sich von dem Tempo ebenfalls überrascht. Jedoch betonte er der Zeitung zufolge, Österreich sei wie Deutschland ein Rechtsstaat. "Insofern kann man da großes Vertrauen haben."

Die schnelle Verurteilung rief indes bei österreichischen Juristen heftige Kritik hervor. Das Schnellverfahren sei in der Alpenrepublik eine "keineswegs übliche Vorgangsweise", sagte der Sprecher der österreichischen Strafverteidiger, Richard Soyer, der Süddeutschen Zeitung. Es sei eine Verfahrensbestimmung angewendet worden, die für ganz andere Fälle geschaffen worden sei und "praktisch totes Recht" sei.

Das Urteil bedeute nun, dass Althaus nicht verpflichtet sei, diese Verurteilungen anzugeben - "er kann sich als nicht vorbestraft bezeichnen", so Soyer weiter. Diese "Rechtswohltat" gelte für Bagatelldelikte, obwohl es sich hier eigentlich nicht um ein Bagatelldelikt handle.

Das schnelle Vorgehen des Gerichts sei zwar nicht rechtswidrig, "aber dem Ansehen der Justiz in Österreich eher abträglich", so Soyers Einschätzung. Gerechtigkeit habe sichtbar zu sein und man dürfe nicht den Eindruck gewinnen, es werde blitzschnell in geheimen Kammern verhandelt. Es sei vormittags ein Verhandlungstermin für nachmittags anberaumt worden, während üblicherweise Wochen dazwischen lägen. In dieser Zeit könnten sich die Beteiligten und die Öffentlichkeit auf das Verfahren einstellen. Gerade auch Personen des öffentlichen Lebens sollten sich ihrer Verantwortung stellen, meinte Soyer.

Ramelow: "Diese seltsamen Verfahrensumstände nicht Althaus anlasten"

Auch der Spitzenkandidat der Linken bei der Thüringer Landtagswahl, Bodo Ramelow, äußerte sich in einer ersten Reaktion am Abend erstaunt über das schnelle Verfahren. "Ich bin befremdet über die Art des Gerichtsverfahrens. Ich wusste nicht, dass es in der österreichischen Justiz Turboverfahren gibt. Das macht mich sprachlos", sagte er dem Hamburger Abendblatt zufolge.

Er frage sich, ob die Justiz bei den normalen Bürgern in Österreich genauso gehandelt hätte wie bei Althaus. "Diese seltsamen Verfahrensumstände kann ich aber nicht Dieter Althaus anlasten", betonte Ramelow.

Am Mittwoch äußerte er im RBB-Sender Radio eins erneut Zweifel: "Ich halte es möglicherweise für rechtsstaatlich normiert, aber für mein Rechtsempfinden für durchaus seltsam, wieso es keine öffentliche Hauptverhandlung gibt, an der auch Öffentlichkeit teilnehmen kann". Zudem sei für ihn fraglich, wieso Althaus die Geschäfte als Regierungschef nicht wahrnehmen könne, aber gleichzeitig rechtliche Erklärungen abgebe, die so weitreichend seien.

Schipanski: Althaus bleibt Spitzenkandidat

Althaus war am Dienstag in einer überraschend angesetzten, nur einstündigen Verhandlung nur einen Tag nach der Anklageerhebung wegen fahrlässiger Tötung vom Bezirksgericht Irdning zu einer Geldstrafe von 33.300 Euro verurteilt worden. Er war am Neujahrstag auf einer Skipiste mit einer 41 Jahre alten Frau zusammengestoßen, die dabei ums Leben kam. Althaus selbst wurde schwer verletzt. An den Witwer der getöteten Frau muss der Politiker 5000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Die Thüringer CDU zeigte sich erleichtert über das Urteil. "Wir begrüßen die schnelle Entscheidung", sagte der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Mike Mohring. Die CDU in dem ostdeutschen Bundesland gehe weiterhin fest davon aus, mit Althaus als Spitzenkandidat in die Landtagswahl am 30. August zu ziehen.

Der 50-Jährige werde am 14. März von der Landesvertreterversammlung in Abwesenheit offiziell als Spitzenkandidat nominiert, sagte Mohring. Es reiche völlig aus, wenn Althaus rechtzeitig zur heißen Wahlkampfphase im Sommer wieder einsatzfähig sei. "Das war ein tragischer Skiunfall, der jedem passieren kann, und hat keinen Einfluss auf die Wahlentscheidung", sagte der Vertraute von Althaus. "Wir wissen aus Umfragen, dass dies eine große Mehrheit unserer Basis und der Wähler auch so sieht."

Am Mittwochmorgen stellte sich auch die thüringische Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski hinter Althaus. Nach deutschem Recht sei er nicht vorbestraft: "Insofern ist es nicht mehr als recht und billig, dass wir an diesem Spitzenkandidaten festhalten, denn er ist am letzten Parteitag mit 100 Prozent gewählt worden", sagte die CDU-Politikerin im Bayerischen Rundfunk.

SPD fordert schnelle Entscheidung über politische Zukunft

SPD-Landeschef Christoph Matschie hatte noch am Dienstag Althaus zu einer Entscheidung über seine politische Zukunft aufgefordert. "Wichtig ist, dass er Klarheit schafft, denn Thüringen braucht diese Klarheit", sagte Matschie Reuters-TV.

Der frühere Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) zeigte sich erleichtert über das Urteil - damit sei "dieser Teil des tragischen Unfalls abgeschlossen", so Vogel im Mitteldeutschen Rundfunk. "Außerdem: Respekt vor Dieter Althaus, dass er sich der Mitverantwortung an diesem tragischen Unfall gestellt hat", sagte der CDU-Politiker, der von 1992 bis 2003 Regierungschef in Erfurt war. Es sei ein Unglück gewesen, wie es nicht selten beim Skifahren passieren könne, betonte Vogel. Es bestehe kein Grund, weder Althaus' Amt noch seine Kandidatur zur Landtagswahl in Frage zu stellen.

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