Süddeutsche Zeitung

Justizministerin:Auf Konfrontationskurs mit den Katholiken

Die FDP stärkt Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger den Rücken - und so beharrt diese auf ihrer Kritik am Umgang der Katholiken mit Missbrauch.

Nach dem Entschuldigungsultimatum des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Robert Zollitsch, hält Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) an ihrer Kritik am Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsfällen fest. Die Justizministerin sagte im Deutschlandradio Kultur, die internen Richtlinien der Katholiken allein reichten nicht aus, um den sexuell missbrauchten Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen oder sie wirksam zu schützen. Sie regte erneut einen "runden Tisch" zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle an, wie das in anderen europäischen Ländern üblich sei.

Damit bleibt Leutheusser-Schnarrenberger weiter auf Konfrontationskurs mit den Katholiken: Zuvor hatte die Ministerin gesagt, die katholische Kirche erwecke bislang nicht den Eindruck, dass sie auch nur bei Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch an Kindern mit den Strafverfolgungsbehörden konstruktiv zusammenarbeiten wollte.

"Ultimaten sind da fehl am Platze"

Rückendeckung bekommt die Justizministerin von Parteikollegin und FDP-Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger: Sie sei "entsetzt" über den Umgang der katholischen Kirche mit den Fällen von sexuellem Missbrauch in eigenen Einrichtungen, sagte Homburger. "Zum Thema Aufklärung stelle ich mir etwas anderes vor."

Die Frist von 24 Stunden, die Zollitsch der Justizministerin für eine Entschuldigung gestellt hatte, wies Homburger als "unangemessene Reaktion" zurück. "Ultimaten sind da fehl am Platze", so Homburger. "Die Diskussion gereicht der Justizministerin zur Ehre", stellte sie sich hinter Leutheusser-Schnarrenberger. "Es ist die Pflicht einer Justizministerin, an dieser Stelle etwas zu sagen."

Zollitsch hatte der FDP-Politikerin "falsche Tatsachenbehauptungen" und "maßlose Polemik" gegen die Kirche vorgeworfen. Der Vorsitzende der DBK hatte gesagt, seinem Empfinden nach habe es in der Politik noch nie eine "ähnlich schwerwiegende Attacke auf die katholische Kirche gegeben". Der höchste Repräsentant der Katholiken nannte die Äußerungen von Leutheusser-Schnarrenberger "undifferenziert und emotional" und setzte ihr eine 24-Stunden-Frist für eine Entschuldigung.

Der Erzbischof von Freiburg beschwerte sich zudem bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die FDP-Ministerin. Über das Telefonat zwischen ihm und Merkel sei Stillschweigen vereinbart worden, sagte DBK-Sprecher Matthias Kopp in Freiburg. Zollitsch wolle sich zunächst nicht mehr öffentlich zu den Vorwürfen der Justizministerin äußern.

Nach Angaben von Homburger hat Merkel (inzwischen mit der Justizministerin über den Fall gesprochen. Nach Homburgers Eindruck hat in der Unionsfraktion niemand den Freiburger Erzbischof unterstützt. "Ich glaube, dass auch bei dem Koalitionspartner das Empfinden, dass da gerade etwas schief läuft, genauso da ist, wie bei uns."

Leutheusser-Schnarrenberger sagte dem Hamburger Abendblatt, sie wolle Zollitsch einen Brief schreiben. "Ich werde in angemessener Form schriftlich dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz antworten." Sie halte wenig von einem wechselseitigen öffentlichen Schlagabtausch.

Die Ministerin betonte: "Ich denke, bei all dieser Auseinandersetzung darf doch eines nicht aus dem Blickfeld geraten: Nämlich, dass es um Opfer sexuellen Missbrauchs geht, der vor vielen Jahren - vor Jahrzehnten - stattgefunden hat." Es müsse etwas getan werden, um dies künftig in dieser Form zu verhindern.

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