"Pakt für den Rechtsstaat":Bund und Länder wollen Richter und Staatsanwälte einstellen

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2000 neue Richter und Staatsanwälte sollen eingestellt werden. (Foto: dpa)
  • Bund und Länder haben sich auf ein neues Paket zur Stärkung des Rechtsstaates geeinigt.
  • Dabei sollen 2000 neue Stellen für Richter und Staatsanwälte geschaffen werden.
  • Kritik gibt es an der Finanzierung, bei der sich nach Ansicht von Grünen und FDP der Bund zu wenig einbringt.

Entlastung für die Gerichte: Der Bund unterstützt die Länder bei der Einstellung von 2000 neuen Staatsanwälten und Richtern. Das ist Teil des sogenannten Pakts für den Rechtsstaat, den Kanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Bundesländer besiegelt haben. "Der heute gefasste Beschluss ist ein starkes Bekenntnis zur Arbeit unserer Gerichte und Staatsanwaltschaften", sagte Justizministerin Katarina Barley. Die Justiz bekomme mehr Personal, Abläufe würden verbessert und vor allem die Familiengerichte gestärkt. Merkel sprach von einem "wichtigen Beitrag" für ein besseres Funktionieren des Rechtsstaats.

Neben den Stellen für Richter und Staatsanwälte sieht der Pakt vor, dass für Polizeiaufgaben Bund und Länder in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen je 7500 neue Stellen schaffen. Zudem leistet der Bund Unterstützung im Bereich Digitalisierung, etwa bei der Einrichtung eines Polizei-IT-Fonds für weitere IT-Anpassungen von Bund und Ländern. Zudem soll durch gemeinsame Projekte der Opferschutz verbessert werden.

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Besonders die vielen Asylverfahren bereiten der Justiz zusätzliche Arbeit, doch in vielen Bundesländern fehlen Richter und Staatsanwälte. Die freie Wirtschaft bietet häufig die attraktiveren Jobs, eine Pensionierungswelle verschärft das Problem.

Die Grünen fordern deutlich mehr Geld: "Um genug Richter und Staatsanwälte einstellen zu können, muss der Bund den Ländern pro Jahr 400 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre zur Verfügung stellen", sagte Parteivorsitzende Annalena Baerbock der Rheinischen Post. "Insgesamt sprechen wir also über eine Summe von vier Milliarden Euro in zehn Jahren." Mit den bisher geplanten Bundesmitteln sei das nicht machbar.

Auch FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae kritisierte, die Einmalzahlung sei "nur ein Notnagel und keine Basis für eine langfristige Personalpolitik in der Justiz". Union und SPD dagegen werten die Einigung als großen Erfolg. Die Bürger müssten sich darauf verlassen können, dass Verfahren schnell entschieden werden, erklärte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl und der rechtspolitische Sprecher Johannes Fechner begrüßten den Pakt als "ganz wichtiges Signal".

"Heute ist ein guter Tag für den Rechtsstaat"

Bund und Länder konnten sich lange nicht auf die Finanzierung der im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehenen Stellen einigen. Die Kosten dafür werden mit rund 400 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Die Bundesregierung will den Ländern nun in zwei Tranchen insgesamt 220 Millionen Euro zuschießen. Die erste Hälfte soll fließen, wenn die Länder nachgewiesen haben, dass sie zusammen ab Januar 2017 1000 Stellen geschaffen haben. Das restliche Geld fließt, wenn bis 2021 alle 2000 Stellen geschaffen sind.

Der Hamburger Oberbürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der aktuell den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz hat, sprach von einer "sehr großen finanziellen Last" für die Länderhaushalte. Er fügte aber hinzu: "Wir machen das gerne, weil das eine wichtige Aufgabe ist." Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) als Sprecher der unionsgeführten Länder sagte: "Das ist schon ein großer Schritt nach vorne."

"Heute ist ein guter Tag für den Rechtsstaat", sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn. Der Rechtsstaatspakt markiere eine politische Trendwende nach vielen Jahren eines verfehlten Sparkurses in der Justiz. Der Richterbund werde nun "sehr genau darauf achten", dass die 2000 Stellen auch wie vereinbart in der Justiz ankommen. "Der Pakt muss der Auftakt für eine vorausschauende Personalpolitik im nächsten Jahrzehnt sein", forderte Rebehn zudem. Bis 2030 gingen bundesweit etwa 40 Prozent aller Staatsanwälte und Richter in den Ruhestand, in Ostdeutschland sogar zwei von drei Kollegen.

Bei der Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten ab dem kommenden Jahr erzielte die Ministerpräsidentenkonferenz keine Einigung. Hier gebe es noch einiges zu besprechen, sagte Tschentscher. Hans sprach von schwierigen Verhandlungen.

© SZ.de/AFP/dpa/bix - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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