Justiz:Israels Ministerpräsident Netanjahu wegen Korruption angeklagt

Israel - Politische Krise

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

(Foto: dpa)
  • Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist wegen Korruption angeklagt worden. Ihm werden Betrug, Untreue sowie Bestechlichkeit vorgeworfen.
  • Netanjahu hatte sämtliche Vorwürfe zuvor abgestritten. Er kann jetzt Immunität beantragen.
  • Was das für die politische Situation im Land bedeutet, ist bislang noch offen.

Israels rechtskonservativer Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll wegen Korruption vor Gericht. Das Justizministerium teilte mit, Netanjahu solle wegen Betrugs und Untreue sowie Bestechlichkeit angeklagt werden. Der Ministerpräsident selbst hatte die Vorwürfe zuvor als "Hexenjagd" bezeichnet und angekündigt, er werde alle Anklagepunkte widerlegen. Einen Rücktritt im Fall einer Anklage hatte er bereits vorab ausgeschlossen.

In einem der Fälle geht es um den Verdacht, dass Netanjahu als Kommunikationsminister dem Unternehmen Bezeq rechtliche Begünstigungen gewährt habe. Im Gegenzug soll ein zum Konzern gehörendes Medium positiv über ihn berichtet haben. Netanjahu gab das Ministeramt 2017 ab.

Zudem geht es um Vorwürfe, Netanjahu und seine Familie hätten in den Jahren 2007 bis 2016 von zwei Geschäftsleuten Zigarren, Champagner und Schmuck im Wert von insgesamt einer Million Schekel (umgerechnet rund 230 000 Euro) angenommen. Nach Polizeiangaben handelte es sich dabei um illegale Schenkungen des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und des australischen Unternehmers James Packer. Im Gegenzug soll Netanjahu sich unter anderem für ein Gesetz starkgemacht haben, das Milchan Steuervergünstigungen in Millionenhöhe verschaffen sollte. Außerdem habe er ihm dabei geholfen, ein neues US-Visum zu bekommen.

Netanjahu kann nun beim Parlament Immunität beantragen

Zudem soll Netanjahu sich darum bemüht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung Jediot Achronot zu sichern. Im Gegenzug habe Netanjahu Hilfe dabei in Aussicht gestellt, den Einfluss der auflagenstarken Gratiszeitung Israel Hajom zu schwächen, die lange als sein Sprachrohr galt.

Nach Angaben des Justizministeriums hat Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit die Anklagen bereits dem Parlamentspräsidenten vorgelegt. Laut Juval Schani vom Israelischen Demokratie-Institut (IDI) bleiben Netanjahu nun regulär 30 Tage Zeit, um beim Parlament Immunität vor Strafverfolgung zu beantragen. Allerdings verfügt Israel nach der Parlamentswahl im September noch nicht über eine neue Regierung. Ohne funktionierende Regierung und ohne funktionierendes Parlament, sagt Schani, könne es aber wiederum keine Entscheidung über eine Immunität Netanjahus geben - und keinen Prozess.

Sein IDI-Kollege Amir Fuchs sagt dagegen, das Parlament sei durchaus in der Lage, das zuständige Komitee für die Entscheidung zu bilden. Er schätzt, dass es bis zu einem etwaigen Prozessbeginn vor dem Jerusalemer Bezirksgericht mindestens ein halbes Jahr dauern könnte.

Israel steht vor dritter Wahl innerhalb eines Jahres

Rechtlich gesehen muss Netanjahu nach Angaben des IDI nicht als Regierungschef zurücktreten. Sollte er wegen Bestechlichkeit verurteilt werden, drohen ihm nach Angaben des Rechtsprofessors Gad Barzilai von der Universität Haifa bis zu zehn Jahre Haft. Im Falle einer Verurteilung wegen Betrugs und Untreue wäre die Höchststrafe drei Jahre Gefängnis.

Im September hatten die Bürger Israels bereits zum zweiten Mal innerhalb von rund fünf Monaten ein neues Parlament gewählt. Netanjahu scheiterte zwei Mal mit der Regierungsbildung. Am Mittwoch gab auch Ex-Militärchef Benny Gantz vom oppositionellen Mitte-Bündnis Blau-Weiß sein Mandat für eine Regierungsbildung zurück. Präsident Reuven Rivlin hatte zuvor für die Bildung einer großen Koalition mit Netanjahus Likud und Blau-Weiß geworben.

Nun kann jeder Abgeordnete versuchen, eine Mehrheit von 61 der insgesamt 120 Parlamentarier für eine Regierungskoalition zu finden. Scheitert auch dies innerhalb der nächsten 21 Tage, muss Israel zum dritten Mal innerhalb eines Jahres ein Parlament wählen. Die Neuwahl könnte nach Medienberichten in der ersten Märzhälfte stattfinden.

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