Der rheinland-pfälzische Justizminister Jochen Hartloff hat sich dafür ausgesprochen, unter bestimmten Bedingungen islamische Schiedsgerichte in Deutschland wirken zu lassen. "Bei zivilrechtlichen Fragen ist dies durchaus vorstellbar", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag der Süddeutschen Zeitung. Als Beispiele nannte Hartloff familienrechtliche Fragen wie etwa Unterhalt, Scheidungen oder auch Geschäftsverträge, in denen gläubige Muslime Zinszahlungen vermeiden wollen. "Dies kann eine befriedende Wirkung haben", sagte Hartloff.
Als mögliche Anwendungsgebiete nannte Hartloff die Streitschlichtung und den Täter-Opfer-Ausgleich. Dabei wird versucht, durch eine Art Wiedergutmachung den Schaden für das Opfer zu lindern, was vom Gericht durch eine mildere Strafe belohnt werden kann. Auch der Sport oder die Kirchen hätten ihre eigene Rechtsprechung, sagte Hartloff. Entscheidungen sogenannter islamischer Friedensrichter könnten jedoch nicht über Straftaten oder andere Rechtsfragen urteilen, es dürfe keine parallele Rechtswelt entstehen, die den Staat ausschließe, sagte Hartloff weiter. "Jeder muss die Möglichkeit haben, sich an deutsche Gerichte zu wenden."
Berichte über muslimische Friedensrichter hatten in den vergangenen Monaten vor einer islamischen "Paralleljustiz" gewarnt. Demnach sind inzwischen mehrere Fälle dokumentiert, in denen Friedensrichter vor einer Gerichtsverhandlung offenbar eine Einigung unter den Streitparteien herbeigeführt haben. Die Opfer konnten sich dann im Prozess an nichts mehr erinnern oder nahmen ihre ursprüngliche Aussage zurück. Die Rechtsfindung der Friedensrichter orientiert sich dabei an Traditionen des Herkunftslandes und der Scharia, die alle religiösen und rechtlichen Vorschriften im Islam umfasst, darunter Familienrecht, aber auch drakonische Körperstrafen.
Der Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion, Michael Frieser, sagte, muslimische Friedensrichter könnten durchaus zivilrechtliche Entscheidungen wie etwa eine Scheidung vorbereiten. "Wenn es zu einer Vereinbarung kommt, sollte die aber von einem Familienrichter zumindest geprüft werden", sagte Frieser. Bisher passiere dies zu oft fernab der Gerichtsbarkeit. Grundsätzlich spreche nichts dagegen, dass Zuwanderer eine Entscheidung nach der ihnen vertrauten Rechtsprechung suchten. "Das kann auch eine integrierende Wirkung haben." Bereits heute wenden Gerichte bei Ausländern im Privat- und Sozialrecht fremde Normen an.