SPD-Nachwuchs:Für Juso-Vorsitzende hat Provokation Tradition

Vom "Bürgerschreck" zum SPD-Generalsekretär, vom "Marxisten" zum Kanzler: Bevor sie selbst Partei-Establishment werden, stemmen sich Juso-Vorsitzende wie Kevin Kühnert gern erst mal gegen die Parteilinie. Eine Bildergalerie.

Von Zita Zengerling

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Karsten Voigt, Juso-Vorsitzender 1969 bis 1972

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Quelle: SZ

Karsten Voigt war der erste Vorsitzende nach der "Linkswende" der Jusos - weg von einer linientreuen Haltung der Mutterpartei gegenüber. Von 1969 bis 1972 forderte Voigt von der SPD unter anderem eine antikapitalistische Haltung und traf sich, gegen den Willen der Parteiführung, mit SED-Chef Walter Ulbricht in Ost-Berlin. Karriere machte er auch weiterhin in der Außenpolitik, von 1976 bis 1998 als Abgeordneter im Bundestag, außerdem engagierte er sich in den transatlantischen Beziehungen, unter anderem als Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit.

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Heidemarie Wieczorek-Zeul, Juso-Vorsitzende 1974 bis 1977

Heidemarie Wieczorek-Zeul

Quelle: picture alliance / Bertram/dpa

Heidemarie Wieczorek-Zeul, die erste Juso-Vorsitzende, sorgte zwar nicht direkt für Skandale oder Aufregung. Sie trug den Spitznamen "Rote Heidi" aber nicht nur wegen ihrer Haarfarbe - die Farbe stand auch für ihre politische Orientierung. 1984 wurde sie Mitglied im SPD-Bundesvorstand, was sie heute noch immer ist. In ihrer Zeit als Entwicklungsministerin (1998 bis 2009) reiste sie, als erstes deutsches Regierungsmitglied, 2000 unter anderem nach Kuba, wo sie Fidel Castro traf.

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Klaus Uwe Benneter, Juso-Vorsitzender 1977

Gerhard Schröder Doku

Quelle: Kurt Strumpf/picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Klaus Uwe Benneter (links) erhielt während seiner Zeit als Juso-Vorsitzender den Spitznamen "Benni Bürgerschreck". Grund dafür: Er lehnte die Kommunisten nicht ab, sondern wollte mit ihnen reden. Er gab sogar zu, aus taktischen Gründen SPD-Mitglied zu sein, weshalb man ihn prompt aus Partei und Jugendorganisation hinausschmiss. Sein Nachfolger als Juso-Vorsitzender, Gerhard Schröder (rechts), holte ihn schließlich 1983 zurück in die Partei - nachdem sich beide von Linksaußenpositionen verabschiedet hatten. Der ehemalige "Bürgerschreck" schaffte es 2002 in den Bundestag, dem er bis 2009 angehörte, 2004 bis 2005 war er SPD-Generalsekretär.

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Gerhard Schröder, Juso-Vorsitzender 1978 - 1980

Gerhard Schröder als Juso-Vorsitzender

Quelle: Manfred Rehm/dpa

Gerhard Schröder galt in seiner Zeit als Juso-Vorsitzender von 1978 bis 1980 als Linker, er selbst erklärte damals den Lutherischen Monatsheften: "Ja, ich bin Marxist", und das sei auch die politische Position der Jusos. Als Kanzler einer rot-grünen Regierung war er verantwortlich für die Reform "Agenda 2010" und Hartz IV, wofür er auch von linken SPD-Politikern kritisiert wurde. Zum Beispiel vom damaligen Juso-Vorsitzenden Niels Annen.

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Andrea Nahles, Juso-Vorsitzende 1995 bis 1999

JUSO-BUNDESKONGREß LAFONTAINE UND NAHLES

Quelle: DPA

In die Tradition der Juso-Vorsitzenden als Kritiker der jeweils amtierenden SPD-Spitze fügte sich auch Andrea Nahles. Die heutige SPD-Vorsitzende (im Bild 1998 neben dem damaligen SPD-Chef Oskar Lafontaine) profilierte sich als vehemente Kritikerin von Kanzler Gerhard Schröder, bezeichnete ihn unter anderem als "Abrissbirne der SPD-Programmatik", und sorgte so auch für Streit in der eigenen Organisation. Manche Jusos warfen ihr vor, sie würde sich in den Medien zu sehr aufspielen, dabei aber keine klaren Standpunkte vertreten.

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Benjamin Mikfeld, Juso-Vorsitzender 1999 bis 2001

JUSO-BUNDESVORSITZENDER MIKFELD

Quelle: DPA

Benjamin Mikfeld teilte während seiner Zeit als Bundesvorsitzender der Jusos heftig aus - auch gegen seine eigene Organisation. Der Frankfurter Rundschau etwa sagte er damals, die Jusos mutierten zu einem bizarren Gebilde aus politisch irrelevanten Cliquen, karrieregeilen Schleimern, frühfordistischer Stahlarbeiterromantik, halbherzigem öko-sozialdemokratischem Reformismus sowie regionalspezifischen Fantasie-Sozialismen. Von 1995 bis 2003 war Mikfeld auch Mitglied im SPD-Parteivorstand. Heute arbeitet er als Abteilungsleiter im Finanzministerium.

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Niels Annen, Juso-Vorsitzender 2001 bis 2004

NEUER JUSO-VORSITZENDER ANNEN

Quelle: DPA/DPAWEB

Als Niels Annen 2003 zum Bundesvorsitzenden der Jusos wiedergewählt wurde, hatte er sich mit heftiger Kritik an einem seiner Vorgänger profiliert: Gerhard Schröder. Für Annen, der von 2001 bis 2004 den Jusos vorstand, hatte sich Schröder als Bundeskanzler mit seiner Politik als "Genosse der Bosse" erwiesen, die Agenda 2010 hatte Annen zufolge keine Gerechtigkeitslücken, sondern sei "eine einzige Gerechtigkeitslücke". Annen wurde 2003 trotzdem - oder gerade deshalb? - in den SPD-Parteivorstand gewählt, dem er immer noch angehört. Seit 2005 sitzt er im Bundestag, mit einer Unterbrechung zwischen 2009 bis 2013.

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Franziska Drohsel, Juso-Vorsitzende 2007 bis 2010

Juso-Chefin Drohsel: Koalitionstabu mit Linker muss fallen

Quelle: dpa

Franziska Drohsel vertrat als Bundesvorsitzende der Jusos nicht nur einen "demokratische Sozialismus", sondern war zeitweilig auch Mitglied in der "Roten Hilfe", einem Verein, den der Verfassungsschutz als von Linksextremisten getragen einstuft. Das sorgte für mediales Aufsehen, so dass Drohsel schließlich aus dem Verein austrat. Heute ist sie in der Kommunalpolitik tätig.

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Johanna Uekermann, Juso-Vorsitzende 2013 bis 2017

Bundeskongress der Jusos

Quelle: dpa

Johanna Uekermann legte sich als Juso-Vorsitzende mit der SPD-Spitze an, besonders mit Sigmar Gabriel. Den damaligen SPD-Chef und Vize-Kanzler bezeichnete sie unter anderem als "Gift für die Partei". Heute ist Uekermann als Präsidiumsmitglied und stellvertretende Vorsitzende der Bayern-SPD selbst Teil des Partei-Establishments.

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Kevin Kühnert, Juso-Vorsitzender seit 2017

Juso-Chef Kevin Kühnert

Quelle: Marius Becker/dpa

Seit Kevin Kühnert Vorsitzender der Jungsozialisten ist, hat er für heftige Diskussionen innerhalb und außerhalb der SPD gesorgt. Vor allem seine Initiative gegen die Neuauflage einer großen Koalition war innerparteilicher Zündstoff. Mit seiner "sozialistischen" Forderung, darüber nachzudenken, ob Groß-Unternehmen wie BMW nicht enteignet werden sollten, hat er nun erneut für Aufruhr gesorgt.

© SZ.de/mcs/jsa
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