Junge Alternative:Verfassungsschutz beobachtet AfD-Jugend

Niedersachsen und Bremen nehmen Junge Alternative wegen Nähe zur "Identitären Bewegung" ins Visier. Bundesinnenminister Seehofer sieht weiterhin keinen Anlass für Überwachung der gesamten Partei.

Von Jens Schneider und Ronen Steinke, Berlin

Ein knappes Jahr nach dem Einzug der AfD in den Bundestag haben erstmals Verfassungsschutzämter beschlossen, Teile der Partei wegen extremistischer Tendenzen zu beobachten. Seit Jahren war dies immer wieder von Spitzenpolitikern anderer Parteien gefordert worden, nun kündigten die Landesämter für Verfassungsschutz in Niedersachsen und Bremen an, den Jugendverband Junge Alternative (JA) in die Beobachtung aufzunehmen. Damit kann diese Gruppe geheimdienstliche überwacht werden. Bislang waren allenfalls Einzelpersonen aus der AfD als extremistisch beobachtet worden.

Nach den jüngsten Aufmärschen von Rechtsradikalen in Chemnitz, bei denen sich Spitzenpolitiker der AfD an der Seite von Neonazis oder Pegida-Aktivisten gezeigt hatten, forderten am Montag führende Bundespolitiker, auch die gesamte Partei durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Die AfD sei weder bürgerlich noch patriotisch, sagte SPD-Chefin Andrea Nahles auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg. "Das ist eine Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden muss."

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte, es gebe "ideologische und personelle Überschneidungen" der JA mit der Identitären Bewegung. Diese werde in Niedersachsen seit 2014 beobachtet. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) deutete an, in Bremen werde nun auch geprüft, den gesamten AfD-Landesverband zu beobachten. "Nach den jüngsten Ereignissen halte ich eine Prüfung, ob die AfD oder Teile von ihr vom Verfassungsschutz von Bund und Ländern zu beobachten sind, für dringlich und erforderlich", sagte auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU).

Innenminister Horst Seehofer (CSU) ließ mitteilen, dass er weiter keine Basis für eine flächendeckende Beobachtung der AfD durch den Bund sehe. Ein Sprecher seines Ministeriums sagte: "Dass einzelne oder vielleicht auch viele Anhänger lokal anders agieren, erlaubt noch nicht die Beobachtung der gesamten Partei."

Angela Merkel (CDU) erinnerte daran, dass nicht die Politik, sondern der Verfassungsschutz eine solche Maßnahme verantworte. Das seien "Entscheidungen, die auf Tatsachen beruhen", sagte die Kanzlerin bei einem Kabinettstermin in Meseberg.

Die AfD-Spitze protestierte gegen die Maßnahmen in Niedersachsen und Bremen. "Wir sind eine demokratische Partei, die für einen starken Rechtsstaat eintritt", heißt es in einer am Montag verbreiteten Erklärung der Spitzen von Fraktion und Partei. Es habe bei den AfD-Veranstaltungen in Chemnitz keine Gewalt gegeben. Auch Angehörige der JA reagierten bereits; der Bundesvorsitzende Damian Lohr sagte, man wolle rasch über die "Abgliederung" der Landesverbände Bremen und Niedersachsen entscheiden, was einer Auflösung gleichkäme.

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