Süddeutsche Zeitung

JU-Deutschlandtag:Die Jungen-Union

Vor zwei Jahren kritisierte die Kanzlerin den geringen Frauenanteil in der Spitze der Jugendorganisation. Deren Vorsitzender Tilman Kuban hat sich des Themas angenommen - unter Kritik.

Von Robert Roßmann, Berlin

Angela Merkel hat auf dem Deutschlandtag der Jungen Union bereits eine halbe Stunde geredet, als sie eine "kleine kritische Anmerkung" ankündigt. Der Frauenanteil in der JU-Spitze sei doch verbesserungswürdig, erklärt die Kanzlerin mit Blick auf die männlich dominierte Parteijugend. "Ich sage Ihnen: Frauen bereichern das Leben, nicht nur im Privaten, auch im Politischen." Unter dem Gelächter vieler Delegierter schickt Merkel hinterher: "Sie wissen gar nicht, was Ihnen entgeht."

Zwei Jahre ist das jetzt her. Die Kanzlerin ist in ihrer Karriere nicht oft als Feministin aufgefallen - aber die Zustände bei der JU, die fand sogar sie nicht mehr zeitgemäß.

An diesem Sonntag kommt die Junge Union wieder zu einem Deutschlandtag zusammen - wegen der Pandemie nur digital. Paul Ziemiak, der JU-Chef von vor zwei Jahren, ist inzwischen CDU-Generalsekretär. Aber das Thema Frauenanteil ist geblieben und beschäftigt jetzt Ziemiaks Nachfolger Tilman Kuban.

Die JU hat Frauenquoten immer abgelehnt. Im Juli hatte sich Kuban in der CDU-Satzungskommission dann aber in die Pflicht nehmen lassen und einen Kompromiss zur Einführung einer Frauenquote in der CDU mitgetragen. In der Jungen Union hatte es daraufhin in einer Weise rumort, dass Kuban Angst um seine Wiederwahl bekommen musste. Inzwischen haben sich die Wogen zwar etwas beruhigt. Aber das Problem ist noch da.

Merkel tritt nicht auf - genauso wie die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz

Kuban versucht es zu lösen, indem er Bedingungen schafft, unter denen auch ohne Quote deutlich mehr Frauen in die erste Reihe kommen. In seiner Amtszeit wurde eine Frau Bundesgeschäftsführerin. Und am Sonntag soll auch der Frauenanteil im Bundesvorstand steigen. Bisher liegt er bei 23 Prozent. Wenn alle Kandidaturen so laufen, wie Kuban es sich vorstellt, wird er nach dem Deutschlandtag bei 41 Prozent liegen. Das wäre dann zumindest eine Größenordnung, bei der Merkel nicht mehr so leicht Anmerkungen machen könnte.

Normalerweise sind Deutschlandtage der Jungen Union immer auch ein Schaulaufen der gesamten Parteiprominenz. Die JU hat circa 100 000 Mitglieder. Ohne sie ist kaum ein Wahlkampf zu führen. Und etwa 100 der 1001 Parteitagsdelegierten der CDU sind auch Mitglieder der Jungen Union. Da schaut man auf Deutschlandtagen lieber persönlich vorbei.

Doch diesmal ist wegen der Pandemie alles anders. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer wird nur zugeschaltet. Angela Merkel tritt überhaupt nicht auf - genauso wie die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz. Letzteres liegt jedoch daran, dass die JU bereits einen "Pitch" mit den dreien veranstaltet hat. Die anschließende Mitgliederbefragung gewann Friedrich Merz vor Norbert Röttgen und Armin Laschet. Es seien deshalb keine weiteren Auftritte mehr nötig, heißt es in der JU-Spitze. Kuban hat bereits erklärt, dass er sich an das Votum seiner Basis halten und auf dem CDU-Parteitag für Merz stimmen werde. Viele in der JU wären allerdings froh, wenn Jens Spahn doch noch antreten würde.

Weil es in der CSU-Landesleitung in München gute technische Voraussetzungen gibt, wird der digitale JU-Deutschlandtag von dort aus veranstaltet. Und ja, Markus Söder will persönlich vorbeischauen. So eine Chance lässt sich der CSU-Vorsitzende dann doch nicht entgehen.

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