Sebastian Körber, FDP, Jahrgang 1980, Forchheim, Bayern
Herr Körber, Ihr erstes Jahr im Bundestag ist vorbei - was hat Sie zu Beginn am meisten überrascht?
Zahlreiche Abendveranstaltungen, Besprechungen, Sitzungen, Arbeitsgruppentreffen und "Kennenlerntermine" bilden einen bereits sehr starren Rahmen für meine Wochen-, Monats- und bereits Jahresplanung. So musste ich mir für meinem Urlaub erstmals acht Monate vorher ein Zeitfenster freischaufeln, was ich sonst immer spontan entscheiden konnte.
Was hat Sie enttäuscht?
Wie in einigen Medien und auch bei so manchem Bürger oft das Klischee vom faulen und überbezahltem Politiker gepflegt wird, ist ernüchternd. Jene Personen und Journalisten lade ich gerne ein, mich einmal eine ganze Woche zu begleiten.
Manchmal fehlt auch das "Wir-Gefühl" und fraktionsübergreifendes Denken und Handeln im großen Politiktheater in Berlin, da "aus Prinzip dagegen zu sein" nicht immer zielführend ist.
Wie war das erste Gespräch mit dem Fraktionsvorsitzenden?
Birgit Homburger fragte mich auf einer Abendveranstaltung, nachdem sie völlig unkompliziert auf mich zuging, ob ich nun schon ein eigenes Büro habe und mit meinem Ausschuss zufrieden bin, nachdem sie mich mit dem Fraktionskollegen Kober verwechselt hatte. Sie unterhielt sich sehr lange mit mir, etwa über die Stadt Berlin, den Freistaat Bayern und Architektur.
Welche Aufgaben in Ihrem Alltag als Abgeordneter rauben am meisten Zeit?
Zahlreiche Sitzungen jede Woche, wie Landesgruppe, Junge Gruppe, Fraktionssitzung und Ausschusssitzung nehmen viel Zeit in Anspruch. Neben der Lektüre diverser Zeitungen, Medienspiegel, Online-Artikel und Fachmagazine rund um Bauen und Verkehr, nimmt wohl, gerade im Wahlkreis, das Auto- und Zugfahren und Ein- und Auschecken am Flughafen viel Zeit in Anspruch.
Wie reagieren die Bürger, wenn Sie nun in Ihrem Wahlkreis unterwegs sind?
Generell werde ich sicherlich häufiger erkannt und beobachtet, wenn ich durch die Straßen laufe oder in einem Restaurant sitze. Die Reaktionen sich unterschiedlich: Auf der einen Seite gibt es Kritik und viele Ratschläge für die Regierung, für mich und die FDP, auf der anderen Seite erhalte ich positive Rückmeldungen für mein Engagement in der Region, etwa für den barrierefreien Bahnhof Forchheim, immaterielles Weltkulturerbe Annafest oder den Erhalt von Kurzzeitparkplätzen in der Bamberger Innenstadt.
Was sind Ihre ganz persönlichen politischen Ziele?
Als überzeugter junger Liberaler gilt mein Einsatz den Bürgerrechten und der Generationengerechtigkeit. Als Bau- und Verkehrspolitiker ist mir umwelt- und ressourcenschonendes Bauen und Sanieren mit Augenmaß und dem Anpassen der Infrastruktur, der Städte und des ländlichen Raumes an die gesellschaftlichen Entwicklungen der älterwerdenden Singlegesellschaft und der Bevölkerungswanderungen besonders wichtig.
Als Vertreter Oberfrankens lasse ich nichts unversucht, mich für regionale Belange, gerade auch für Bamberg und Forchheim, einzusetzen.
Welches Ihrer Wahlversprechen konnten Sie umsetzen?
Die ersten Schritte hin zu einer Entlastung von Familien und Unternehmen, der Umsetzung von konkreten Sparvorschlägen im Haushalt, mindestens eine Aussetzung der Wehrpflicht, eine Kursänderung in der Gesundheitspolitik und kein Eingreifen des Staates bei Schieflagen von Unternehmen wie etwa Opel sind wichtige Punkte, die wir umgesetzt haben.
Außerdem sind wir die erste Bundesregierung seit zwölf Jahren, die wieder Freiheits- und Bürgerrechte mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stärkt, statt sie wieder abzubauen.
Was können junge Politiker besser als ältere?
Meinungsbildung erfolgt meist unvoreingenommener, da Pro- und Contra-Argumente abgewogen werden und auch innovativen, neuen Konzepten und Ideen mehr Raum eingeräumt wird. Hier erscheinen ältere Kollegen manchmal etwas mehr festgelegt, wenngleich ich Ihre Meinung und Ratschläge sehr schätze, aber mich auch stets bemühe, diese zu hinterfragen.
Im Umgang mit den neuen Medien, den Kommunikationswegen der Zukunft, können junge Kollegen und ich einfacher Vorurteile gegenüber Politikern abbauen, gerade bei jüngeren Bürgern, wie etwa, dass "ja eh' alle gleich sind" und der Politikverdrossenheit ein Stückchen entgegenwirken. Auch existieren unter jungen Politikern nicht mehr so viele Vorurteile und Klischees gegenüber den Kollegen anderer Parteien, die eine sachliche Zusammenarbeit behindern.
Warum sollte Ihre Partei auf Sie setzen?
Eigentlich müssten das andere Parteifreunde beurteilen und mit Eigenlob ist das ja auch so eine Sache. Vielleicht könnte in aller Bescheidenheit eine Bewerbungsrede so lauten:
Ich bin ein junger, neugieriger und hochmotivierter Quereinsteiger, als einer der zwölf Jüngsten des Hohen Hauses, der auch schon etwas berufliche Erfahrung mitbringt. Stets bemüht, mich auch in die Lage des anderen zu versetzen, ihn zu verstehen und trotzdem ruhig und respektvoll zu bleiben, vorurteilsfrei und aus vollster Überzeugung liberal. Abzuwägen und erst zu denken und dann zu reden. Anmerkung: Auch habe ich Angebote politischer Mitbewerber, "wegen momentaner Umfragewerte doch die Partei zu wechseln", stets abgelehnt.
Ist Politik Ihr Leben?
Politik ist ein Teil meines Lebens, da es mir sehr viel Freude bereitet, Menschen und Ideen kennenzulernen, Probleme im Großen und im Kleinen zu erkennen und helfen diese zu lösen und Visionen und Rahmenbedingungen für die Gesellschaft mitzugestalten. Dennoch bin ich auch Architekt, Freund, Sohn, Zuhörer, Kind, Genießer, Denker, Bürger ...
Eines ist für mich aber klar: Für Politik würde ich mich niemals verbiegen!
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Ich werde nach wie vor mit Bauen, Wohnen, Zuhören, Städten, Beraten und Reden zu tun haben und Konzepte, Ideen und Visionen entwickeln - mit oder ohne MdB nach meinem Namen.
Hoffentlich aber mit besseren Italienisch- und Französisch-Kenntnissen, die ich immer wieder versuche aufzufrischen. Ziemlich sicher mit Hauptwohnsitz in der Region Forchheim-Bamberg und vielen Reisen nach Berlin und in unsere Nachbarländer.
Wovon träumen Sie?
Von einem abbezahlten, denkmalgeschützten Häuschen mit einer schönen Aussicht, einem kleinen Grillfest im großem Garten mit Eltern und Freunden und Blick auf den Fernseher mit der Tagesschau: Ohne Katastrophen, Kriege, Attentate, einem positiven Wetterbericht für die darauf folgende Urlaubswoche und dann Sportnachrichten mit dem Satz "unser Club ist jetzt auch Sieger in der Champions League - Franken feiert immer noch!".