Jung-Rücktritt:Zapfenstreich für den Problemminister

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Ex-Verteidigungsminister Jung hat sich seinen Quasi-Rausschmiss selbst zuzuschreiben. Er hätte wissen müssen: Die Vergangenheit holt einen ein.

T. Denkler

Die Rücktrittserklärung des Franz Josef Jung klingt ein wenig beleidigt. Er übernehme die "politische Verantwortung für die interne Informationspolitik des Bundesverteidigungsministeriums gegenüber dem Minister", sagt er. Das hört sich an, als hätte er mit allem nichts zu tun. Als sei er ein Ausgelagerter im Verteidigungsministerium gewesen.

Franz Josef Jung - nach nur 31 Tagen im Amt des Arbeitsministers bietet er seinen Rücktritt an. (Foto: Foto: AP)

Und dann setzt Jung hinterher, er habe die Öffentlichkeit und auch das Parlament über seinen Kenntnisstand jederzeit "korrekt unterrichtet".

Mehr als 140 Menschen sind am 4. September umgekommen, als amerikanische Kampfjets auf den fragwürdigen Befehl eines deutschen Oberst hin zwei steckengebliebene Tanklaster nahe Kundus in die Luft jagten. Wenn Jung jederzeit korrekt über seinen Kenntnisstand unterrichtet hat, dann wusste alle Welt früher, dass es zivile Opfer gegeben hat, als er. Dies allein hätte für ihn damals Grund genug für sein müssen, entweder die Verantwortlichen in seinem Ministerium sofort vor die Tür zu setzen, oder selbst zu gehen. Auf jeden Fall sich genau zu erkundigen.

"Mein Name ist Hase" - diese Strategie war angesichts des Afghanistan-Themas unangebracht.

Jung hat nichts getan. Er hat die Dinge einfach laufen lassen, sie aussitzen wollen. Das war nur eines von vielen Beispielen in seiner Amtszeit als Verteidigungsminister, die ihn unfähig, entscheidungsschwach und fehl am Platz haben erscheinen lassen. Und nur eines von vielen Beispielen, die das ungläubige Kopfschütteln erklären, das aufkam, als Jung in der neuen Regierung tatsächlich zum Minister für Arbeit und Soziales bestellt wurde.

Er hätte das neue Amt gar nicht erst antreten dürfen. Hätte höflichst darum bitten müssen, nicht bedacht zu werden. Aber dafür hat ihm offenbar die Einsicht gefehlt. Jetzt ist der Mann aus der Weinstadt Eltville quasi gefeuert worden. Unehrenhaft entlassen, wenn schon nicht formal, so doch de facto. Jung hätte sich das ersparen können.

Die Kanzlerin ihm nicht. Jung war schon in der großen Koalition nicht gerade ihr Lieblingsminister. Roland Koch hat ihr den Pannen-Mann untergeschoben. Immerhin hatte sich Jung danach loyal gezeigt.

Im hessischen CDU-Parteispendenskandal hatte der Problempolitiker die Verantwortung für die angeblichen "jüdischen Vermächtnisse" übernommen und war als Chef der Staatskanzlei zurückgetreten. Das dankte ihm Koch mit dem Ministerposten in Berlin. Eines hätte Jung zumindest daraus lernen können: Die Vergangenheit holt einen immer irgendwann ein.

Franz Josef Jung gehört jetzt nicht nur zu den Ministern, die zweimal in ihrem politischen Leben zurücktreten mussten. Sein jetziger Rücktritt ist auch rekordverdächtig. Genau 31 Tage konnte sich Jung im Amt halten.

Der Rücktritt besiegelt den Eindruck vom Fehlstart der schwarz-gelben Bundesregierung. Als Traumpartner angetreten, verstrickten sich die Neukoalitionäre ab der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages in Streitereien über die Auslegung des Papiers. Umbau der Sozialsysteme, Steuersenkungen, Schuldenabbau, Betreuungsgeld - alles ungeklärte Fragen. Und jetzt muss auch noch ein Minister zurücktreten. Chaotischer ist selbst Rot-Grün 1998 nicht in die Regierung gestartet. Und da kamen sowohl SPD als auch Grüne aus einer langen Zeit der Opposition.

Merkel wird jetzt schnell einen Nachfolger für Jung bestellen müssen. Einen, der fachlich über jeden Zweifel erhaben ist. Noch einen Ausfall wie Jung kann sie sich nicht leisten. Sonst wird sich das "Die-können-es-nicht"-Gefühl tiefer festsetzen, als ihr lieb sein kann.

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