Süddeutsche Zeitung

Whistleblower:Assange bleibt im Gefängnis

Ein Londoner Gericht hat den Antrag abgelehnt, den Wikileaks-Gründer gegen Kaution freizulassen. Abgeschlossen ist das Verfahren aber damit noch nicht.

Wikileaks-Gründer Julian Assange bleibt in Großbritannien in Haft. Ein Gericht in London hat am Mittwoch den Antrag der Verteidigung abgelehnt, den 49-Jährigen gegen Kaution freizulassen. Es gebe Gründe für die Annahme, dass Assange bei einer Freilassung fliehen würde, erklärte Richterin Vanessa Baraitser.

Am Montag hatte dieselbe Richterin einen Auslieferungsantrag der USA gegen Assange ebenfalls zurückgewiesen. Baraitser hatte ihre erste Entscheidung mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen begründet, die ihn in den USA erwarten würden. Es sei damit zu rechnen, dass er sich in Isolationshaft das Leben nehmen werde. Nun sagte sie, Assange könne im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh gut behandelt werden. Außerdem bestehe Fluchtgefahr, da Assange schon in der Vergangenheit versucht hatte zu fliehen.

Assange hatte sich fast sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London einer Strafverfolgung entzogen. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden - ebenso wie gegen die neue Entscheidung. Die US-Justiz wirft Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen in Irak und Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht.

Hoffnung in Joe Biden

Seinen Unterstützern gilt er hingegen als investigativer Journalist, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat. Die Journalisten-Organisation Reporter ohne Grenzen sieht keine großen Erfolgschancen mehr für die US-Justiz. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Berufung der USA Erfolg haben wird", sagte die Londoner Vertreterin der Organisation, Rebecca Vincent, der Deutschen Presse-Agentur. "Ich sehe nicht, welche neuen Argumente die Anwälte vor Gericht einbringen könnten." Sie hoffe, dass der gewählte US-Präsident Joe Biden nach seinem Amtsantritt die Strafverfolgung Assanges beilegen könnte.

Biden soll am 20. Januar in den USA vereidigt werden und damit die Ära Donald Trumps beenden. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, warnte vor einem Präzedenzfall, "der investigativen Journalisten den Schutz der Pressefreiheit verweigert und den Weg für ihre Strafverfolgung unter dem Vorwurf der Spionage ebnet". Das Urteil vom Montag sei gefährlich. Es gehe nur noch um die Frage, ob Assange fit genug sei, um die Haftbedingungen in den USA zu erdulden, sagte Melzer einer Mitteilung zufolge.

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