Jugoslawien-Tribunal:24 Jahre Haft für kroatischen Kriegsverbrecher Gotovina

Morde, Vertreibungen und Plünderungen geschahen in seinem Namen: Der Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hat den General Ante Gotovina wegen Kriegsverbrechen an Serben zu 24 Jahren Haft verurteilt.

In Kroatien ist er für für viele Menschen noch immer ein Volksheld - General Gotovina findet sich auf Plakaten im ganzen Land. Nun ist der gefeierte Befreier vom UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte für Gotovina 27 Jahre Haft gefordert.

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Volksheld und Kriegsverbrecher: Das UN-Tribunal hat General Gotovina zu 24 Jahren Haft verurteilt.

(Foto: AFP)

Der 55-Jährige habe sich beim Vorgehen gegen die serbische Bevölkerung in Kroatien im Jahr 1995 Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht, teilte das UN-Tribunal am Freitag in Den Haag mit. Freigesprochen wurde dagegen der mitangeklagte Ex-General Ivan Cernak, gegen den die Staatsanwaltschaft 23 Jahre Haft gefordert hatte. Das Urteil zu dem gleichfalls angeklagten Ex-General Mladen Markac steht noch aus.

Anfang der neunziger Jahre hatten serbische Verbände mit Unterstützung Belgrads ein Drittel Kroatiens erobert, die Stadt Vukovar niedergebrannt und mehrere Küstenorte, darunter die Stadt Dubrovnik, angegriffen. Anfang August 1995 schlug die kroatische Armee zurück und eroberte die Region Krajina, die seit mehreren Jahrhunderten von Serben besiedelt war. Während der Militäroperation Sturm wurden über 300 serbische Zivilisten und Rebellen erschossen, und bis zu 200.000 Serben verließen ihre Heimat.

Gotovina zählte daraufhin zu den meistgesuchten Kriegsverbrechern des Jugoslawien-Krieges. Das Tribunal klagte Gotovina im Jahr 2001 an, im Dezember 2005 wurde er auf Teneriffa festgenommen, der Prozess begann im März 2008. In seinem Abschlussplädoyer hatte der UN-Ankläger Alain Tieger erklärt, man könne Kroatien nicht das Recht absprechen, die von den Serben gehaltenen Gebiete unter staatliche Kontrolle zu bringen. Allerdings sei die Militäraktion vom damaligen und mittlerweile verstorbenen Staatsgründer Franjo Tudjman genutzt worden, um die planmäßige Vertreibung der Serben aus der Krajina zu verwirklichen.

Die Verteidigung vertrat die Ansicht, die Regierung in Zagreb habe keinen Plan für die ethnische Säuberung der serbisch besiedelten Ortschaften gehabt. Die Plünderung und Brandschatzung serbischer Häuser sei das Werk einzelner Soldaten gewesen.

Das Urteil könnte das kroatische Selbstverständnis zerstören, wonach die Einnahme der Krajina eine saubere Militäraktion im "vaterländischen Krieg" gewesen sei. Die katholische Kirche wirft dem UN-Gericht vor, die Tatsache nicht zu berücksichtigen, dass Kroatien Opfer der serbischen Aggression gewesen sei. Proteste gegen das Haager Tribunal könnten dem Ansehen Kroatiens schaden und den Gegnern einer EU-Mitgliedschaft Argumente liefern, wonach das Land noch nicht reif dafür sei. Ziel der Regierung ist es, bis im Sommer die Verhandlungen mit Brüssel abzuschließen.

Gotovina hat viele Anhänger in seiner Heimat: Auf einem zentralen Platz in der kroatischen Hauptstadt Zagreb verfolgten mehrere Tausend Kriegsveteranen den Prozess auf einer großen Videoleinwand. "Dies ist ein Urteil gegen den kroatischen Staat", sagte Branko Borkovic, ein früherer Kommandeur der kroatischen Streitkräfte. Der frühere kroatische Außenminister Mate Granic sagte, das Urteil sei eine Schande und spiegle nicht die Beweislage wider.

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