Süddeutsche Zeitung

Jüdischer Weltkongress in Budapest:Westerwelle mahnt Ungarn zum Kampf gegen Antisemitismus

Vor dem Jüdischen Weltkongress findet Außenminister Westerwelle deutliche Worte gegen den Judenhass. In Ungarn hat sich das Klima für Minderheiten zuletzt stark verschlechtert - und Regierungschef Orbán das Problem in seiner Eröffnungsrede kaum anerkannt.

Mit einer klaren Stellungnahme gegen den Judenhass hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle mehr als 600 Delegierte des Jüdischen Weltkongresses (WJC) begeistert. "Antisemitismus hat weder in Berlin noch in Budapest noch sonstwo in Europa oder in der Welt einen Platz", sagte der Politiker am Montag vor dem WJC-Plenum, das derzeit in Budapest tagt.

Das Phänomen müsse auch in seinen subtilen Facetten entschieden bekämpft werden, fügte er hinzu. "Dieser Kampf wird auch um die Bewahrung unserer gemeinsamen Werte geführt, um die Bewahrung von Demokratie, Menschenrechten und Menschenwürde."

Wegen der zunehmenden Judenfeindlichkeit in dem Land hatte der Jüdische Weltkongress den Ort ganz bewusst ausgewählt, um ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus in Ungarn zu setzen. Westerwelle dankte der Organisation für ihren "unnachgiebigen Kampf" für die Erinnerung an den Holocaust. "Auf diesem Treffen hier in Budapest stehen wir zusammen: Für unsere Werte, für Toleranz und gegen Antisemitismus."

Deutschland werde "iranische Atomwaffe nicht akzeptieren"

Angesichts der jüngsten Spannungen im Nahen Osten sicherte der Außenminister Israel auch deutschen Beistand zu, sollte die Sicherheit des Staates gefährdet werden. "Wir werden aufstehen, wenn Israel bedroht oder seine Legitimität in Frage gestellt wird", sagte Westerwelle. Vor dem Hintergrund werde Berlin "eine iranische Atomwaffe nicht akzeptieren". Teheran müsse sich "jetzt ernsthaft einbringen, damit der Verhandlungsprozess eine Erfolgschance hat".

Zugleich appellierte Westerwelle an Israel, einen neuen Anlauf zu Friedensverhandlungen mit den Palästinensern zu unternehmen. Das verlange beiden Seiten Mut und harte Entscheidungen ab, "aber die Zeit läuft aus", sagte der FDP-Politiker. Und er machte sich ein Zitat von US-Präsident Barack Obama zu eigen: "Frieden ist der einzige Weg zu echter Sicherheit."

Beim Eröffnungsdinner hatte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán den Judenhass verurteilt, aber es zugleich auch vermieden, auf jüngste antisemitische Vorfälle in seinem Land einzugehen. Sein Auftritt war eher verhalten aufgenommen worden. Der ungarische Regierungschef war bemüht, die Ernsthaftigkeit des Problems kleinzureden, und vermied es, konkrete Schritte zur Bekämpfung des offenen und verdeckten Antisemitismus anzusprechen.

Westerwelle beklagt "Fehlentwicklungen"

Westerwelle war am Montagmorgen vor seinem Auftritt vor den WJC-Delegierten mit Orbán zusammengetroffen. Das Gespräch mit dem rechtskonservativen Regierungschef sei sehr offen gewesen, erklärte Westerwelle vor Journalisten am Rande des WJC-Plenums. "Die Begleitumstände waren alles andere als erfreulich", sagte er mit Blick auf die letzte Kundgebung der rechtsextremen Partei Jobbik (Die Besseren) am vergangenen Samstag, bei der antisemitische Hetzreden gehalten worden waren.

"Zweifelsohne gibt es Fehlentwicklungen", sagte Westerwelle. "Deshalb müssen wir das Gespräch mit der ungarischen Regierung jetzt ganz bewusst intensiv suchen, der Gesprächsfaden darf nicht abreißen." Die 20-jährige persönliche Bekanntschaft, die ihn mit Orbán verbinde, sei "ein Vorteil, der es uns erlaubt, die Dinge beim Namen zu nennen".

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