
Israel feiert in dieser Woche das Purim-Fest, das gemeinhin als jüdischer Karneval bezeichnet wird. Die Kinder freuen sich auf Verkleidungen, die Erwachsenen auf exzessives Feiern - und das nicht nur im partysüchtigen Tel Aviv, sondern auch im frommen Jerusalem. Im Bild: Ultraorthodoxe im Jerusalemer Viertel Mea Shearim, einer als Burkaträgerin verkleidet. Der Fotograf Kevin McElvaney hat Purim 2015 bei den Strenggläubigen verbracht. Dabei entstanden die folgenden Bilder.

Ein Trinkgelage an Purim wird gerade von den sittenstrengen Ultraorthodoxen als heilige Pflicht zelebriert. Es herrscht also im Land ein fröhlicher Ausnahmezustand. Doch in diesem Jahr hängen düstere Wolken über den Freudentagen. Im Bild: Betrunken singen junge Männer in einer privaten Wohnung in Mea Shearim.

Denn ein ganz anderer, ernster Ausnahmezustand herrscht bereits seit Oktober durch die ständigen Messer- und Schusswaffenattacken, die mittlerweile als Indikatoren für eine neue palästinensische Intifada gelten. Klar ist deshalb, dass die Polizei für die Straßenfeiern an Purim ihre Präsenz verstärkt. Im Bild: Im abgeschotteten Ultraorthodoxen-Viertel Mea Shearim gehen die Bewohner 2015 unbefangen durch die Straßen.

Ausdrücklich gewarnt wird zudem vor Feuerwerkskörpern und Böllern, die bei der allgemeinen Terrorangst schnell zur Massenpanik führen könnten. Neben den Sicherheitskräften haben auch die Besitzer der saisonalen Purim-Shops lernen müssen, sich auf die aktuelle Lage einzustellen. Im Bild: Verkleidete Ultraorthodoxe flanieren durch Mea Shearim.

Aus den Hochburgen wird berichtet, dass in diesem Jahr weit weniger Spielzeugwaffen verkauft werden als sonst. Im Bild: Ein als Tiger verkleideter Erwachsener mit einem Kind in Mea Shearim. Bei den strenggläubigen Juden feiern vor allem Männer, Frauen halten sich zurück.

Auch verkleidet als palästinensischer Kämpfer mit Keffiyeh und Kalaschnikow mag in diesem Jahr wohl keiner auf die Straße gehen. Im Bild: Ein als Araber verkleideter Jude mit einem Freund im Jahre 2015.

Dann doch lieber Spiderman - oder gleich uniformiert als Polizist oder Soldat, was allerdings auch zu Verwechslungen führen könnte. Im Bild: Vor einigen Jahren soll sich ein honoriger Rabbi als Salamander verkleidet haben. Der Strenggläubige links im Bild orientiert sich an Bob Marley.

Unverwechselbar ist dagegen ein neues Kostüm, von dem ein Tel Aviver Ladenbesitzer sagt, es verkaufe sich "wie verrückt": der orangefarbene Dress der IS-Gefangenen, verziert mit einem blutigen Kragen. Im Bild: "Coole" Jungs in Mea Shearim.

So treibt der Humor bizarre Blüten, doch all das gehört zum Selbstverständnis, sich auch in den prekärsten Situationen nicht unterkriegen zu lassen. Im Bild: Ultraorthodoxer zeigt einen Palästina-Schal. Einige der besonders frommen Juden lehnen den Staat Israel ab - er ist ihnen zu weltlich.

An Purim wegen der angespannten Sicherheitslage kürzer zu treten, würde niemandem einfallen. Schließlich erinnert auch dieses Freudenfest an eine Zeit der Bedrängnis in der persischen Diaspora - und an die Errettung. Im Bild: Drei Männer beim Gebet - einer davon mit unorthodoxer Bekleidung. Sieben Pflichten gilt es an Purim zu erfüllen. Darunter fällt das Verbot von Trauerreden, das Lesen der Tora - und das im Buch Ester vorgeschriebene Feiern.

Dort hatte im fünften vorchristlichen Jahrhundert ein hoher Beamter namens Haman den Plan, alle Juden an einem Tag zu ermorden. Verhindert wurde dies von Königin Ester durch Fasten und Gebet. Im Bild: Kleine Mädchen verkleiden sich auch bei den Ultraorthodoxen zu Purim. Manche stellen Königin Ester dar.

Auf Esters Vorbild beruft sich nun auch eine Gruppe von Rabbinern, die vor dem Purim-Fest die Gläubigen zu einem dreitägigen Fasten aufgefordert haben. Im Bild: Ein betrunkener älterer Mann wird vom Boden aufgehoben und zu einem Sofa getragen. Die Feiernden berufen sich auf ein überliefertes Gebot: Demnach soll jeder so viel Wein trinken, bis er nicht mehr unterscheiden kann zwischen 'Verflucht sei Haman' (der Beamte, der die Juden auslöschen wollte) und 'Gelobt sei Mordechai' (der Name des jüdischen Gegenspielers von Haman).

Dies soll eine "spirituelle Antwort" sein sowohl auf die Sicherheitssituation als auch auf die sozialen Schieflagen in Israel. "Extreme Situationen erfordern extreme Reaktionen", heißt es in ihrem Aufruf, dem angeblich Zehn-, wenn nicht gar Hunderttausende folgen wollten. Im Bild: Junge, der wohl den persischen König Ahasveros (Xerxes I.) darstellen will, der in der Purim-Geschichte eine zentrale Rolle spielt.

Besonders beliebt sind dabei die sogenannten Haman-Taschen, ein dreieckiges Gebäck, das darauf anspielt, dass dem Schurken Haman bei seiner Hinrichtung die Ohren abgeschnitten wurden. Delikat schmecken die Teigtaschen gefüllt mit Mohn, Pflaumenmus oder Schokolade. Im Bild: Ein Ultraorthodoxer verbrennt die Flagge Israels. Er gehört zu denjenigen Erzfrommen, die Zionismus ablehnen - weil eine Staatsgründung durch Menschen Gott vorgreift.

Doch selbst dazu gab es in diesem Jahr eine Warnung vorab: Kleine Portionen seien dringend empfohlen, sagte ein Ernährungs-Professor der Universität von Beerscheva - der Kalorien wegen. Im Bild: Ein vom Feiern müde gewordener Rabbi ist am Tisch eingenickt.