JU-Chef Philipp Mißfelder:Der Austeiler

Philipp Mißfelder, Chef der Jungen Union, lässt keine Chance ungenutzt, sein konservatives Profil zu schärfen. Mit 31 Jahren ist er die einzig erkennbare Nachwuchshoffnung für die Rechte der CDU - und wird mit gutem Ergebnis wiedergewählt.

Thorsten Denkler

Er spricht leise, wählt seine Worte mit Bedacht. Wohlwissend, dass es in den Zeitungen und in den Agenturen unerheblich ist, in welcher Lautstärke er welche Forderung formuliert hat. Er weiß, was er tun muss, damit sie trotzdem gehört werden. Philipp Mißfelder, seit 2002 Chef der Jungen Union (JU), stellt sich am Freitagabend zur Wiederwahl als Vorsitzender der größten politischen Nachwuchsorganisation. Und er fährt kein schlechtes Ergebnis ein. Die Auszählung der Stimmen verzögert sich zwar enorm, am Ende ist aber klar: Auf 219 der 285 abgegebenen Wahlzettel steht der Name Mißfelder, rund 77 Prozent der Delegierten stimmen für ihn. Für die Junge Union, die traditionell immer ein Tick rechts von der Mutterpartei CDU steht, ist Mißfelder so etwas wie ein Glücksfall.

Deutschlandtag der Jungen Union

Philipp Mißfelder, Politkarrierist und Muster-Konservativer wird heute wohl als JU-Vorsitzender wiedergewählt.

(Foto: ddp)

Pünktlich zum Deutschlandtag der Jungen Union in Potsdam an diesem Wochenende hat er sich wieder geschickt in den Medien platziert. Diesmal mit einem harten Angriff gegen die Grünen. In einem Gastbeitrag für Handelsblatt Online schreibt er: "Die Grünen müssen wieder als das bezeichnet werden, was sie sind: Eine fortschrittsfeindliche Klientelpartei, die Nachhaltigkeit vorgibt, in Wirklichkeit aber zukunftsvergessen unzureichende Antworten auf die drängenden Fragen unsere alternden und schrumpfenden Gesellschaft gibt". Deren hohe Umfragewerte hält er lediglich für eine Momentaufnahme: "So, wie die gelbe Steuerblase geplatzt ist, wird auch die grüne Öko-Gewissens-Blase platzen, wenn erst einmal das Regieren auf der Tagesordnung steht."

Kritik an Mappus

Interessant an solchen Äußerungen ist, dass Mißfelder damit zugleich den Grünen und der Steuerpartei FDP vors Schienbein tritt. Im Zweifel teilt er auch gegen die eigenen Leute aus. Im Streit um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 etwa gehört er zu denen, die auch der CDU-geführten Landesregierung vorwerfen, Fehler gemacht zu haben. Einer breiten Öffentlichkeit aufgefallen ist Mißfelder 2003, ein Jahr nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden der Jungen Union. Damals hat er einen Empörungssturm ausgelöst, weil er glaubte sagen zu müssen: "Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen".

Damals hat die halbe Republik auf Mißfelder eingeprügelt. Geschadet hat es ihm nicht. Schon gar nicht in der eigenen Partei. Im Gegenteil. Er hat den Schulterschluss mit der mächtigen Seniorenunion gesucht und gefunden. Diese Verbindung hat ihm letztlich die Mitgliedschaft im Parteipräsidium der CDU eingebracht, dessen jüngstes Mitglied er heute ist.

Politkarrierist an der offenen Flanke

Kanzlerin und Parteivorsitzende Angela Merkel soll darüber anfangs nicht sonderlich begeistert gewesen sein. Mißfelder gehört in ihren Augen eher in die Kategorie westdeutscher Politkarrieristen. Sein Studium der Geschichte schloss er 2008 ab, da saß er schon zweieinhalb Jahre im Bundestag. Eine klassische Berufsausbildung hat er nicht. Viel mehr als "Politiker" steht nicht in seinem Lebenslauf.

Dafür besetzt er, wie kaum ein anderer, konservative Themenfelder in der CDU. Da hat die Partei eine erkennbar offene Flanke, seit auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch sich im Sommer ins Privatleben zurückgezogen hat.

Mißfelder erfüllt alle wichtigen Merkmale. Er ist praktizierender Katholik, verheiratet, hat eine Tochter. Er sieht sich als Schützer von Ehe und Familie, ist konsequent gegen ein Beitritt der Türkei zur Europäischen Union und tritt gegen jede Erhöhung von Hartz IV ein. Im Juli 2009 hatte er die damalige Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes für Kinder als "Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie" gebrandmarkt. Dafür gab es reichlich Beifall von rechter Seite.

Erstaunliche Beharrlichkeit

Nur bei einer Person hält er sich spürbar zurück: Angela Merkel. Mißfelder weiß, dass er, wenn er was werden will in Partei oder Regierung, es ohne sie bis auf weiteres nicht geht. In kleiner Runde findet er zwar offene Worte, wenn es um die aus seiner Sicht von Merkel vernachlässigte konservativen Wurzeln seiner Partei geht. Aber dafür so weit zu gehen, bei Merkel in Ungnade zu fallen, das würde er dann doch nicht.

Taktisch ist das nicht unklug. Mißfelder hat sein Gewicht als Chef der Jungen Union von Jahr zu Jahr ausgebaut. Er hat sich nebenbei als Fachpolitiker in den Ausschüssen erst für Wirtschaft, jetzt für auswärtige Politik Kompetenzen erarbeitet. Noch ist er nicht so weit, dass an ihm keiner vorkäme. Aber er arbeitet dran. Mit erstaunlicher Beharrlichkeit.

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