Nach der Ermordung des Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak in der Slowakei hat Präsident Andrej Kiska vorgezogene Neuwahlen oder eine umfassende Regierungsumbildung gefordert. "Ich sehe jetzt diese beiden Lösungen: eine grundlegende Regierungsumbildung oder vorgezogene Wahlen", sagte Kiska am Sonntag in einer Fernsehansprache mit Blick auf die landesweiten Proteste nach der Ermordung Kuciaks.
Der 27-jährige Journalist, der zahlreiche Artikel über Korruption in der Slowakei veröffentlicht hatte, war vor einer Woche zusammen mit seiner Verlobten erschossen aufgefunden worden. Kuciak hatte vor seiner Ermordung an einem investigativen Bericht zum Einfluss der italienischen Mafia auf die slowakische Regierung gearbeitet. Der Enthüllungsjournalist warf engen Mitarbeitern von Regierungschef Robert Fico Verbindungen zu italienischen Geschäftsleuten vor, die mit der süditalienischen Mafia 'Ndrangheta in Kontakt stehen sollen.
Fico steht nun zunehmend unter Druck. Die Partei Most Hid, die zu seiner Drei-Parteien-Koalition gehört, kündigte an, am 12. März über ein Ende der Zusammenarbeit zu beraten. Most Hid hatte wegen des Mordes an Kuciak den Rücktritt von Innenminister Robert Kalinak gefordert. Nachdem dieser aber im Amt bleiben will, stellt die Partei das Bündnis nun insgesamt infrage.
Der Opposition warf Premier Fico vor, den Mord an dem Journalisten zu instrumentalisieren und als "politische Waffe" zu nutzen, um "die Leute auf die Straßen zu bringen und die Macht zu übernehmen"
Auch das Ausland drängt auf Aufklärung. Das Europaparlament werde kommende Woche voraussichtlich eine Delegation schicken, um den Fall zu untersuchen, sagte die deutsche Europaabgeordnete Ingeborg Gräßle (CDU) am Samstag.
Acht Parlamentarier aller EU-Fraktionen wollten von Mittwoch bis Freitag in die Slowakei reisen, um Informationen über die Tat und ihre Hintergründe zu sammeln. Es seien Treffen mit Fico, Ministern und regierungskritischen Journalisten geplant.
Kuciak wurde am Samstag in der nordslowakischen Ortschaft Stiavnik beigesetzt, Hundert Trauernde gaben ihm das letzte Geleit. Der Vorsitzende der slowakischen Bischofskonferenz mahnte in seiner Ansprache den Schutz der Pressefreiheit an. Wer Journalisten angreife, attackiere die Freiheit der Slowakei.