In der Türkei sind mehrere Journalisten im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen die Absetzung und Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu verhaftet worden. Die französische Nachrichtenagentur AFP gab bekannt, dass auch einer ihrer Fotojournalisten in Gewahrsam gekommen sei. Agentur-Chef Fabrice Fries schrieb in einem Brief an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan: „Seine Inhaftierung ist inakzeptabel.“ Fries bat ihn, sich für eine rasche Freilassung des Journalisten einzusetzen, der laut AFP zu Hause im Beisein seiner Frau und seiner Kinder festgenommen worden war.
Die AFP forderte die türkischen Behörden auf, die Arbeit von Journalisten und die Pressefreiheit zu achten. Von türkischer Seite habe es geheißen, der Fotograf habe an einer verbotenen Versammlung in Istanbul teilgenommen. AFP-Chef Fries betonte, der Mitarbeiter sei als Journalist der Agentur vor Ort gewesen. „Sich dort zu befinden, wo Ereignisse passieren, solche zwischen Demonstranten und Einsatzkräften eingeschlossen, ist die Arbeit eines Fotografen.“ Der Gewahrsam des Journalisten habe keine rechtliche Grundlage.
Neben dem AFP-Fotojournalisten wurden laut der türkischen Anwaltsvereinigung MLSA sechs Journalisten und Fotografen verhaftet und vier weitere festgenommen, aber nicht verhaftet. Es war unklar, ob sie inzwischen wieder freigelassen wurden. Allen werde vorgeworfen, gegen das Versammlungsverbot verstoßen zu haben.
Der Oppositionspolitiker İmamoğlu war vergangene Woche inhaftiert und als Istanbuler Bürgermeister abgesetzt worden. Gegen ihn werden Vorwürfe im Zusammenhang mit Terror- und Korruptionsermittlungen erhoben. İmamoğlu weist die Vorwürfe zurück. Seit seiner Festnahme gehen in der Türkei Zehntausende auf die Straße, um gegen die Regierung zu protestieren. In Istanbul, Ankara und Izmir sind die Demonstrationen verboten.
İmamoğlu distanziert sich von Beleidigungen
Allein in Istanbul hat die Polizei nach Protesten jüngst 55 Menschen wegen Präsidentenbeleidigung festgenommen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. Justizminister Ali Yerlikaya bestätigte am Montagabend auf X Festnahmen in Zusammenhang mit Beleidigungen des türkischen Präsidenten Erdoğan, dessen verstorbener Mutter und Familie. İmamoğlu äußerte sich auf X zu den Zwischenfällen: „Ich verurteile die Beleidigungen gegen die Mutter des Präsidenten von ganzem Herzen.“
İmamoğlu werden Vorwürfe im Zusammenhang mit Korruptions- und Terrorismusermittlungen gemacht. Er bestreitet alles und wirft der Regierung vor, ihn mit den Ermittlungen politisch kaltstellen zu wollen. Seine Partei CHP hat ihn trotz der Untersuchungshaft zum Präsidentschaftskandidaten ernannt. Die Wahlbehörde hat die Kandidatur aber noch nicht zugelassen. Sollte İmamoğlu antreten dürfen, gilt er als Erdoğans aussichtsreichster politischer Herausforderer bei der für 2028 angesetzten Wahl.
Erdoğan nennt die mehrheitlich friedlichen Demonstrationen eine „Gewaltbewegung“ und kündigte an, die Opposition werde für ihre Protestaufrufe zur Rechenschaft gezogen. Seit Beginn der Proteste wurden laut Innenministerium mehr als 1400 Menschen festgenommen, darunter mindestens zehn Journalisten und Fotografen. Mehr als 120 Polizisten seien verletzt worden. Offizielle Zahlen zu verletzten Protestteilnehmern gibt es nicht. Die Polizei setzte Berichten zufolge Wasserwerfer und Tränengas gegen Demonstranten ein.