Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer hat die Europäische Union (EU) zu einer militärischen Aufrüstung aufgerufen, die auch Atomwaffen umfasst. "Wir müssen unsere Abschreckungsfähigkeit wiederherstellen", sagte der frühere Grünen-Politiker Zeit Online in einem am Sonntag veröffentlichten Interview.
Zur Begründung verwies Fischer auf die Bedrohung durch Russland unter Präsident Wladimir Putin. "Die EU braucht eine eigene atomare Abschreckung", sagte Fischer. Ein Verweis auf das Atomwaffenarsenal von Großbritannien und Frankreich "als Antwort auf die veränderte Lage wäre zu einfach und zu kurz gedacht".
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Der ukrainische Präsident trifft sich mit den Regierungschefs mehrerer lateinamerikanischer Länder und wirbt für seinen Friedensplan - die Diplomatie dort ist aber kompliziert. Nach seiner Reise wird er in den USA erwartet.
Fischer ließ auch durchblicken, dass der erforderliche Aufwand "nicht mit Schuldenbremse und ausgeglichenen Haushalten" erreichbar sei. "Die Welt hat sich verändert, Putin arbeitet auch mit nuklearer Erpressung", sagte Fischer, der Außenminister und Vizekanzler der rot-grünen Bundesregierung von 1998 bis 2005 war.
Er hoffe, dass Amerika und Europa verbunden blieben. "Aber was wird sein, wenn Donald Trump wieder gewählt wird? Auch mit Blick auf dieses Szenario muss sich Europa die Frage ernsthaft stellen", sagte Fischer zur atomaren Aufrüstung. Priorität sollte nach seinen Worten zunächst die Abschreckungsfähigkeit im konventionellen Bereich haben. "Das ist die Lektion, die uns die Ukraine lehrt", sagte Fischer. "Die Ukraine braucht dringend eine effektive Luftabwehr. Und wir als Europa brauchen dringend eine effektive Luftverteidigung. Wir müssen das gemeinsam machen. Auch gegen Cyberaggression müssen wir abschreckungsfähig und verteidigungsfähig werden."
Auch der Berliner Politologe Herfried Münkler rät Europa zu einer atomaren Aufrüstung, um besser vor Kriegen geschützt zu sein. "Europa muss atomare Fähigkeiten aufbauen", sagt er in einem Interview mit dem Magazin Stern. Münkler zufolge gehe es um Abschreckungsqualität, dazu gehöre die Zweitschlagfähigkeit. "Die Briten haben zwar Atom-U-Boote, Frankreich die Bombe, aber werden sie die wirklich einsetzen, um Litauen oder Polen zu schützen?", fragt er. Aus Sicht des Kreml dürfe man das bezweifeln. "Wir brauchen einen gemeinsamen Koffer mit rotem Knopf, der zwischen großen EU-Ländern wandert." Es sei längst eine Aufrüstungsspirale in Gang, der sich Europa nicht entziehen könne.