Jordanien:Stabilität auf Abwegen

Ein Anker weniger im Nahen Osten kann gravierende Folgen haben.

Von Dunja Ramadan

Jordanien gilt als Oase des Friedens im Nahen Osten. Umgeben von Bürgerkriegsländern wie Syrien und dem Irak, schien das Königreich Balance zu halten zwischen Überforderung durch den Zuzug von Millionen Flüchtlingen und der Wahrung von Freiheits- und Bürgerrechten. Kritik an der weitverbreiteten Korruption war erlaubt, hohe Lebenshaltungskosten und die Verkündung neuer Steuern erregten regelmäßig den Zorn der Straße.

Dann kam die Corona-Krise. Und die Regierung reagierte mit Maßnahmen, die wohl zu den drastischsten der Welt gehörten. Von Mitte März an galt für sechs Wochen eine Ausgangssperre, abends um sechs heulten im ganzen Land Sirenen, Apotheken und Supermärkte waren nur bedingt offen, Autofahren war verboten.

Politisch scheint sich der Wind seitdem zu drehen: Der im Westen geschätzte König Abdullah erließ das sogenannte Verteidigungsgesetz, das seiner Regierung ein hartes Vorgehen gegen die größte Oppositionsgruppe des Landes ermöglichte: Die circa 100 000 Mitglieder umfassende Lehrergewerkschaft wurde für zwei Jahre verboten. Hunderte Menschen, darunter die Führungsspitze, wurden verhaftet. Zu lange blieb Jordanien unter dem Radar. Der Westen sollte nun genauer hinsehen: Denn ein Stabilitätsanker weniger im Nahen Osten könnte gravierende Folgen haben.

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