John William Yettaw:Ungebetener Gast bei Suu Kyi

Er schwamm mit selbstgebastelten Flossen und gelangte so in das Haus der prominenten Regimegegnerin Suu Kyi. Doch die Regierung versteht keinen Spaß.

Stefan Klein

Er wird vermutlich als "der Schwimmer" in die birmanische Geschichte eingehen. Als der Mann, der die isolierte Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi in ihrem Haus in Rangun auf dem Wasserweg erreicht hat. Das schwer bewachte Tor an der University Avenue 54 hat in den vergangenen Jahren außer ihrem Arzt kaum einer passieren dürfen, also hat der Amerikaner Yettaw die einzige Alternative gewählt - den an ihr Grundstück angrenzenden Inya See.

John William Yettaw: John William Yettaw wird verhört.

John William Yettaw wird verhört.

(Foto: Foto: dpa)

Wie man inzwischen weiß, hat Yettaw leere Plastikbehälter und selbstgebastelte Flossen als Schwimmhilfe benutzt und ist so tatsächlich auf das Grundstück und in das Haus der prominenten Regimegegnerin gelangt. Weil er offenbar erschöpft und von Krämpfen geplagt war, hat die Lady, wie man sie in Birma ehrfurchtsvoll nennt, den ungebetenen Gast für mindestens eine Nacht im Haus aufgenommen - eine Freundlichkeit, für die sie wohl teuer bezahlen wird.

Der US-Bürger aus Falcon im Bundesstaat Missouri, der Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi mit seiner Torheit in diese Zwangslage gebracht hat, ist allem Anschein nach ein geistig nicht sehr stabiler, leicht irritierbarer, strenggläubiger Mormone und Vietnamveteran, der in seinem Leben bisher nicht gerade von Glück verfolgt gewesen ist. Er soll als Kind von seiner schizophrenen Mutter misshandelt worden sein, soll unter Diabetes und Asthma leiden und ist vom Schlachtfeld Vietnam offenbar mit einem posttraumatischen Stresssyndrom zurückgekehrt.

Als wäre das alles nicht schon genug, verlor Yettaw, 53, einen Sohn durch einen Motorradunfall und das Haus der Familie in einem Feuer. Beziehungen gingen zu Bruch, auf die Scheidung von seiner Frau Yvonne, von der er sechs Kinder hat, folgte eine weitere Ehe. Ein Leben wie ein ewiger Albtraum, und vielleicht ist Yettaw ja deswegen bei den Mormonen gelandet. Angeblich hat er während der Stunden in Suu Kyis Haus hauptsächlich gebetet.

Was er dort sonst noch wollte, weiß er womöglich selber nicht. Vor der Einreise nach Birma, das die Militärjunta in Myanmar umbenannt hat, soll er gegenüber Exil-Birmanen geäußert haben, er plane ein religiös inspiriertes Buch über Heldentum zu schreiben. Daraus dürfte nichts werden. Denn die mehrjährige Haftstrafe, die ihn erwartet, wird ihn in ein birmanisches Gefängnis führen - ein Umfeld, das sich nicht zum Schreiben von Büchern eignet.

Seine vier minderjährigen Kinder, die offenbar ohne feste Aufsicht in einem Wohnwagen leben, werden sich auf eine längere Wartezeit gefasst machen müssen. Seine ältere Tochter Carley, eine Psychologiestudentin, hat sich in der Presse zu Wort gemeldet und ein gutes Wort für ihren Vater eingelegt. Er habe nichts Böses vorgehabt, lässt sie sich zitieren, er habe keinen Schaden anrichten wollen.

Das mag tatsächlich so sein. Aber es ändert nichts daran, dass der Schwimmer John Yettaw, der auf dem Rückweg durch den See von Sicherheitskräften aufgefischt wurde, mit seiner Eskapade das Leiden und die Unfreiheit der Aung San Suu Kyi höchstwahrscheinlich um Jahre verlängert hat. Dem Regime hat er mit seiner sportlichen Leistung einen Gefallen getan.

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