Süddeutsche Zeitung

John Kelly:Anpacken oder Klappe halten

Trumps neuer Stabschef John Kelly ist Soldat durch und durch. Ob er allerdings das Chaos im Weißen Haus in Ordnung bringen kann, ist fraglich.

Von Christopher Pramstaller

John Francis Kelly ist ein Mann, der eher unerwartet zu seinen Jobs kommt. Zumindest in der US-Regierung ist das so. Als Kelly als frisch gekürter Leiter des Heimatschutzministeriums vor einem guten halben Jahr gefragt wurde, wie er zu seiner Position unter Donald Trump gekommen sei, antwortete er: "Ich weiß es auch nicht." In kurzer Zeit hat es Kelly nun offenbar geschafft, den US-Präsidenten nachhaltig zu beeindrucken.

"Ein echter Star meiner Regierung" sagt Trump mittlerweile über seinen neuen wichtigsten Mitarbeiter. Kelly wird künftig als White House Chief of Staff die Leitung des Personals im Weißen Haus obliegen, nicht wenige sehen darin den zweitmächtigsten Mann in Washington. Und einen Star kann Trump gut gebrauchen, um das Chaos im Weißen Haus unter Kontrolle zu bringen.

Reince Priebus musste als Stabschef gehen, nachdem Anthony Scaramucci, der Kommunikationschef des Präsidenten, ihn brutal anging und einen "verdammten paranoiden Schizophrenen" nannte. Trump selbst war damit beschäftigt, seinen Justizminister Jeff Sessions als Schwächling darzustellen und Richtung Rücktritt zu drängen. Wer könnte nun besser passen als ein pensionierter Vier-Sterne-General, um in dieser Posse für Ordnung zu sorgen?

Kelly ist Soldat durch und durch: Marineinfanterist seit 1970, Ausbilder, Kommandeur, Liaison-Offizier, Kriegsteilnehmer im Irak. Zwei seiner drei Kinder wurden ebenfalls Offiziere, ein Sohn starb mit 29 Jahren in Afghanistan.

Als General war der 67-Jährige zuständig für das Southern Command in Florida, das die Luft- und Seewege südlich der USA überwacht. Die Südgrenze der USA ist eines der Prestigeprojekte des Präsidenten, vielleicht fiel seine Wahl deshalb auf Kelly. Von einer Mauer zu Mexiko hält dieser jedoch nichts. Er setzt lieber auf Zusammenarbeit mit den mexikanischen Behörden, um die Drogenschwemme aus dem Süden einzudämmen.

Der kantige Kelly wird der erste General seit 43 Jahren sein, der die Stelle als Stabschef im Weißen Haus übernimmt. Als letzter Militär füllte Alexander M. Haig diese Position in der Nixon-Administration aus. Es wird spannend zu beobachten sein, wie ein Mann, mehr als zwei Drittel seines Lebens im Militärdienst verbracht hat, diese Rolle im West Wing ausfüllt. An einem Ort, der unter Trump gefüllt ist mit Gehilfen und Beratern, die vor dessen Amtsantritt kaum Erfahrung in Regierungsaufgaben hatten.

Harte Worte kommen unter Trump stets gut an

Wenn die militärische Karriere Kellys Trump dazu bewegt hat, ihm die Leitung des Heimatschutzministeriums zu übertragen, so könnte es jetzt der tough talk gewesen sein, mit dem Kelly für seine Beförderung sorgte. Der 67-Jährige war schon im Militär dafür bekannt, unpopuläre Entscheidungen durchzusetzen und schreckte auch nicht davor zurück, sich mit dem Kongress anzulegen.

Im April forderte Kelly Mitglieder des Kongresses auf, die der aggressiven Herangehensweise der Trump-Regierung an die Einwanderungspolitik kritisch gegenüberstehen, entweder die Gesetze zu ändern, oder "die Klappe zu halten".

Harte Worte kommen bei Trump gut an. Es bestehen jedoch Zweifel, ob dadurch Ruhe einkehren wird im Weißen Haus. Juliette Kayyem, eine Beamtin im Heimatschutzministerium, die schon unter Barack Obama dort gearbeitet hatte, setzte ursprünglich Hoffnung in Kelly. Nun jedoch twittert sie, er sei für all jene eine Enttäuschung gewesen, die ihn als beruhigendes Element in der Regierung Trump sahen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3608870
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/cag
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.