John Edwards:Meine Frau, meine Geliebte

Der tiefe Fall des John Edwards: Gegen den Ex-Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten wird wegen Veruntreuung von Wahlkampfgeldern ermittelt.

R. Klüver

Sein Fall ist tief, abgrundtief. Die Frage ist nur, wie weit es noch bergab gehen wird mit John Edwards, dem einstigen Strahlemann der Linken und Konkurrenten Barack Obamas um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten.

John Edwards: Ex-Präsidentschaftskandidat John Edwards kämpft jetzt juristisch mit den Folgen einer Affäre.

Ex-Präsidentschaftskandidat John Edwards kämpft jetzt juristisch mit den Folgen einer Affäre.

(Foto: Foto: AP)

Erst musste er im Januar 2008 gedemütigt aus dem Rennen um das Weiße Haus aussteigen, dann nach langem Leugnen eine Affäre mit einer Wahlkampfhelferin eingestehen.

Seine schwer krebskranke Frau Elizabeth schrieb dieser Tage ein schonungsloses Buch über ihre Leiden - an der Krankheit und an ihrem Mann. Und am Wochenende wurde bekannt, dass die Bundespolizei FBI gegen John Edwards wegen der mutmaßlichen Veruntreuung von Wahlkampfgeldern ermittelt, die er an eine einstige Geliebte umgeleitet haben soll. Das bestätigte der 55-Jährige nun in einer sorgfältig formulierten Presseerklärung. Er sei "zuversichtlich", heißt es, "dass meine Wahlkampfgelder nicht unsachgemäß benutzt wurden". Er arbeite mit den Behörden zusammen.

"Ausgaben für Büromöbel"

Tatsächlich lässt die Bundesanwaltschaft in North Carolina, dem Heimatstaat von Edwards, Zahlungen von nicht weniger als 114.000 Dollar aus seiner einstigen Wahlkampfkasse an die Videoproduktionsfirma einer gewissen Rielle Hunter prüfen. Hunter war während des Wahlkampfs um die demokratische Präsidentschaftskandidatur 2006 zumindest eine Zeitlang Edwards' Geliebte. Sie hat eine Tochter, von der es heißt, Edwards sei der Vater. Der Demokrat, der weiter mit seiner Frau bei Chapel Hill in North Carolina lebt, bestreitet das.

Auffällig ist unter anderem eine Zahlung von 14.086 Dollar an Hunter im April 2007. Sie wurde über das Konto einer Stiftung abgewickelt, die Edwards zur Förderung seiner politischen Arbeit eingerichtet hatte. Eigentlich waren zu diesem Zeitpunkt aber nur 7000 Dollar auf dem Konto. Zufall oder nicht: Am selben Tag hatte Edwards politische Stiftung die Einzahlung von 14.034 Dollar verbucht, die wiederum aus der Präsidentschafts-Wahlkampfkasse von Edwards stammten.

Offizieller Grund der Zahlung: "Ausgaben für Büromöbel". Die Ermittlungen werden von Bundesanwalt George Holding geleitet, einem Republikaner, der sich einen Namen mit der Strafverfolgung demokratischer Politiker in North Carolina gemacht hat. Bundesanwälte in den USA sind politische Beamte. Holding wurde von George W. Bush ernannt. Bislang hat Barack Obama die von Bush eingesetzten Bundesanwälte nicht ausgetauscht. In North Carolina dürfte das angesichts des nun laufenden Verfahrens noch schwerer werden.

Edwards hatte ein kompliziertes Geflecht von Organisationen aufgebaut, mit deren Hilfe er seinen Wahlkampf finanzierte. Das hat indes jeder der Kandidaten getan. Bei Edwards allerdings scheint die Sache noch undurchsichtiger zu sein als bei vielen seiner einstigen Konkurrenten.

Jedenfalls hat er sich den Zorn von Open Secrets zugezogen, einer unabhängigen Organisation, die sich die Überwachung der Parteien- und Wahlkampffinanzierung in den USA auf die Fahnen geschrieben hat. "John Edwards ist führend darin, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen", urteilt die Chefin der Organisation, Sheila Krumholz.

Tatsächlich hatte sich Edwards nicht allein auf das Geld seiner politischen Stiftung oder auf die Finanzierung durch seine eigens gegründete Wahlkampforganisation verlassen. Beides, Stiftungen und die Wahlkampffinanzierung, unterliegen strengen Regeln und strenger Überwachung durch staatliche Stellen.

Zusätzlich hatte Edwards etwa die Alliance for a New America gegründet, eine Organisation, die sich dem Kampf gegen die Armut verschrieben hat. Diese hat wiederum einer Edwards nahestehenden Organisation namens AFNA stolze 3,3 Millionen Dollar für "politische Beratung" überwiesen. Zuvor hatte die 98-jährige Milliardärin und Edwards-Freundin Rachel Lambert der Alliance for a New America allein 3,48 Millionen Dollar gespendet. Spenden für wohltätige Zwecke unterliegen in den USA keinen Grenzen, wohl aber Wahlkampfspenden: Diese dürfen pro Person und Kandidat 2400 Dollar nicht überschreiten.

Um Edwards ist es einsam geworden

Die frühen Auftritte Edwards quer durch die USA, aber auch eine Reise nach Uganda (bei der Hunter dabei war), hatte wiederum eine Organisation mit dem Namen Center for Promise and Opportunity finanziert, frei übersetzt Zentrum für Hoffnung und Chancen. Edwards war Ehrenvorsitzender. "Sie spielen ein Verwirrspiel", klagt Paul Ryan von der Spendenüberwachungsorganisation Campaign Legal Center, "sie wollen die Regeln umgehen."

Politisch - und menschlich - ist es inzwischen einsam geworden um Edwards. Viele seiner einstigen Unterstützer fühlen sich geprellt. Sein früherer Wahlkampfmanager David Banoir sagt bitter: "Tausende haben ihm vertraut. Er hat sie betrogen." Der Anwalt Jim Finberg, der der Alliance for a New America immerhin 25.000 Dollar gespendet hat, sagt: "Wenn sie Geld entwendet haben, um Johns persönliche Verfehlungen zu verdecken, wäre ich tief enttäuscht. Aber eigentlich sind meine Gedanken bei Elizabeth Edwards. Mir tut es leid, dass sie ihre letzten Tage so verbringen muss und dass ihre Kinder ihren Vater so in Erinnerung haben werden."

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