Jörg Schönbohm, CDU:Keiner von uns

Jörg Schönbohm tritt in Brandenburg zum zweiten Mal als CDU-Spitzenkandidat an. Doch der starke Mann und Innenminister wird sein Image als West-Import nicht los.

Von Arne Boecker

Mit großer Kraft beschien die Sonne den Potsdamer Lustgarten, als die brandenburgische PDS am vergangenen Samstag den Auftakt ihres Wahlkampfs zelebrierte. Die Sozialisten feierten unter blauem Himmel und hatten den nahen Landtag immer im Blick, aus gutem Grund: Die PDS besitzt eine realistische Chance, nach der Wahl vom 19. September als stärkste Fraktion ins Parlament einzuziehen.

Jüngste Umfragen nämlich sahen die PDS bei 29, die SPD bei 28 und die CDU bei 26 Prozent; Grüne, FDP und DVU lagen unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Es wäre bundesweit das erste Mal, dass die Sozialisten vor der Konkurrenz landen.

Die "kleine DDR"

Ob die Sozialdemokraten im Lustgarten wohl ähnlich viel Spaß haben wie die Sozialisten? Die SPD wird am morgigen Samstag dort den Wahlkampf eröffnen, indem Ministerpräsident Matthias Platzeck den Berliner SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit zu einer Kundgebung begrüßt.

Brandenburg war nach der Wende lange das Land im Osten, in dem die SPD nach Belieben Mehrheiten einfuhr. Ministerpräsident Manfred Stolpe regierte die Märker mit sehr, sehr ruhiger Hand. Aus jener Zeit stammt das Wort von Brandenburg als der "kleinen DDR", in welche die neue Zeit noch nicht recht vorgedrungen sei.1998 musste die SPD dann einen Teil der Macht abgeben, als sie mit der CDU eine Juniorpartnerin bekam.

Deren starker Mann ist Innenminister Jörg Schönbohm. Vor zwei Jahren reichte Manfred Stolpe dann das Amt des Ministerpräsidenten an Matthias Platzeck weiter. Zwar verbindet Platzeck im Gegensatz zu Stolpe keine Männerfreundschaft mit Schönbohm, aber als Vernunftehe funktionierte die große Koalition durchaus - solange keine Wahlen vor der Tür standen.

"Einer von uns" darf Schönbohm nicht sein

Nun jedoch ist die Stimmung zwischen den Partnern vereist. Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass Ministerpräsident Matthias Platzeck lieber die große Koalition fortführen als sich mit den Sozialisten zu Rot-Rot verbrüdern möchte.

Während die Parteien Kopf an Kopf liegen, liegt der Amtsinhaber und gebürtige Brandenburger Matthias Platzeck meilenweit vor seinem Herausforderer, dem West-Import Jörg Schönbohm. Zuletzt sagten 59 Prozent der Brandenburger, dass sie sich Platzeck als nächsten Regierungschef wünschen, nur 17 Prozent entschieden sich für Schönbohm. So ist es kein Wunder, dass die SPD bei ihrem Spitzenmann unverhohlen die Ost-/West-Karte spielt. Auf den Plakaten steht unter Platzecks Konterfei: "Einer von uns". PDS im Aufwind

Keiner von uns

Die PDS-Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann erfreut sich großen Interesses, weil sie theoretisch die erste Ministerpräsidentin in der Geschichte der PDS werden könnte. Ähnlich wie in der SPD hatte es auch in der PDS jahrelang einen Übervater gegeben: Lothar Bisky, gleichzeitig Bundesvorsitzender der Partei. Vor zwei Jahren gab er den Fraktionsvorsitz an Dagmar Enkelmann ab.

Wie überall in Ostdeutschland dominiert in Brandenburg das Thema HartzIV jede Diskussion. Die PDS versucht geschickt, den Aufwind zu nutzen. Die SPD fährt zweigleisig, wie sich am Ministerpräsidenten beobachten lässt.

Im Grundsatz verteidigt Matthias Platzeck die Arbeitsmarktreform, genauso wie sein christdemokratischer Koalitionspartner. Im Detail hat Platzeck Bundeskanzler Schröder und Wirtschaftsminister Clement in den vergangenen Wochen ständig gedrängt, Hartz IV so zu verändern, dass "der besonderen Struktur des Arbeitsmarkts im Osten Rechnung getragen wird", wie er sagt.

Keine Diskussion um Feinheiten

Unter diesen Umständen ist es mühsam, auf jenes Thema aufmerksam zu machen, mit dem die Parteien eigentlich in den Wahlkampf ziehen wollten: die Bildung. Die Wahlprogramme lassen übrigens mehr Überschneidungen zwischen SPD und PDS als zwischen den Sozialdemokraten und der CDU erkennen.

Die SPD will die sechsjährige Grundschule erhalten. Danach soll es parallel Gymnasien und "Sekundarschulen" geben, ein Zusammenschluss von Haupt- und Realschulen. Die CDU möchte stärker differenzieren: Nach der vierten Klasse sollen Kinder auf das Gymnasium wechseln können, nach der sechsten Klasse sollen sie auf Haupt- und Realschulen verteilt werden. Aber solche Feinheiten werden die Wahl angesichts der Proteststimmung im Land kaum beeinflussen.

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