Süddeutsche Zeitung

US-Demokraten:"König des Senats" wird zum Problem für Biden

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Joe Manchin, demokratischer Senator aus West Virginia, ist mit wichtigen Projekten des US-Präsidenten nicht einverstanden. Jetzt hat er nicht nur die Wahlrechtsreform gestoppt.

Von Sebastian Gierke, München

Der demokratische Senator Joe Manchin wird für die weitreichenden Gesetzesvorhaben von Präsident Joe Biden zu einem immer größeren Problem. In einem Meinungsbeitrag für eine Zeitung seines Heimatstaats West Virginia schrieb Manchin, er werde gegen die große Wahlrechtsreform stimmen, die alle anderen Senatoren seiner Partei unterstützen und der das Repräsentantenhaus mit demokratischer Mehrheit bereits zugestimmt hat.

Manchin betonte außerdem in eindeutigen Worten, dass er weiter gegen die Abschaffung des sogenannten Filibusters ist, einer Regel im Gesetzgebungsverfahren, mit der die oppositionellen Republikaner im Senat fast alle Vorhaben der Demokraten blockieren können, obwohl sie keine Mehrheit haben. Damit sind wichtige demokratische Gesetzesvorhaben akut gefährdet, darunter unter anderem auch ein neues Einwanderungsrecht, schärfere Waffengesetze und Klimaschutzpläne.

Im Senat sind die Mehrheitsverhältnisse extrem knapp. 50 republikanische Mitglieder sitzen 50 demokratische oder den Demokraten nahe Mitglieder gegenüber. Bei Unentschieden entscheidet das Votum von Vizepräsidentin Kamala Harris. Es kommt also auf jede Stimme an. Das gibt den Senatorinnen und Senatoren große Macht, auch Manchin, einem der konservativsten und unberechenbarsten Demokraten. Auf den Fluren des Kongresses in Washington ist gerade oft vom "König des Senats" die Rede, sobald das Gespräch auf den 73-Jährigen kommt. Er steht im Fokus, weil er immer wieder erklärt hatte, mit einigen Vorhaben Bidens nicht einverstanden zu sein. Der Präsident selbst hatte in den vergangenen Wochen mit Manchin telefoniert und versucht, Kompromisse zu finden.

Dass Manchin, der unter Präsident Donald Trump so oft wie kein anderer Demokrat für dessen Gesetzesvorschläge stimmte, jetzt bei der Wahlrechtsreform aus dem Lager der Demokraten ausschert, ist ein herber Rückschlag für Biden. Die Reform, der sogenannte "For the People Act", gilt vielen in der Partei als das wichtigste Vorhaben, um die Demokratie in den Vereinigten Staaten zu sichern.

Keine Reform ohne Manchin

Die Reform soll Bemühungen der Republikaner in vielen Bundesstaaten stoppen, vor allem Minderheiten das Wählen zu erschweren. Unter anderem soll sie die Möglichkeit, per Brief die Stimme abgeben zu können, sichern. Es soll eine automatische Wählerregistrierung geben, zudem mehr Transparenz der Kandidaten. So sollen künftige Präsidentschaftsbewerber ihre Steuererklärung veröffentlichen müssen, Donald Trump hatte das verweigert.

Für Manchin ist der For the People Act allerdings ein "parteiisches" Vorhaben. Er wirbt für mehr Verhandlungen, mehr Zusammenarbeit, mehr Kompromisse zwischen Demokraten und Republikanern. Dass solche Kompromisse aktuell möglich sind, glaubt allerdings kaum jemand in Washington. Der mächtige republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, hat angekündigt, Bidens Agenda wenn immer möglich zu blockieren. Und so dürfte sich kein Republikaner finden, der für die Wahlrechtsreform stimmt. Ohne die Stimme Manchins ist der For the People Act in der aktuellen Version gestorben.

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