Süddeutsche Zeitung

Demokratische Herausforderer:Mit Liebe gegen Biden

Die Basis der Demokraten ist wenig begeistert von einer neuerlichen Kandidatur Joe Bidens. Aber noch wagt sich niemand wirklich, ihn herauszufordern.

Von Fabian Fellmann, Washington

Joe Biden soll 2024 in den Ruhestand gehen: Das wünscht sich mehr als die Hälfte der Wählerschaft der Demokraten. Nur ein Drittel würde es begrüßen, wenn der Präsident auch der Kandidat der Partei für die nächste Wahl wäre. Das zeigt die jüngste Umfrage zum Thema von Washington Post und ABC News. Für die Demokraten sind solche Zahlen ein ernsthaftes Problem, sogar der hoch umstrittene Donald Trump genießt bei der Basis der Republikaner einen stärkeren Rückhalt. Und er dürfte schon bald Konkurrenz kriegen, zuerst am 15. Februar von der früheren Gouverneurin Nikki Haley, später wohl auch von seinem aussichtsreichsten Gegenspieler, Ron DeSantis, dem Gouverneur von Florida.

Ganz anders bei den Demokraten. Den amtierenden Präsidenten greifen Parteifreunde nicht ohne Weiteres an. In der jüngeren Geschichte der USA hat nie ein Herausforderer die Vorwahlen zu gewinnen vermocht, der angegriffene Amtsinhaber aber verlor stets die Wahl an die andere Partei. Auch damit ist zu erklären, dass bisher nur eine Außenseiterin offen Pläne schmiedet, Biden die Nominierung streitig zu machen: Marianne Williamson, Bestsellerautorin, politische Aktivistin und Führerin für spirituelles Denken, wie sie sich selbst beschreibt. Die Bücher der 70-Jährigen tragen Titel wie "A Return to Love" und "The Healing of America" - über die Rückkehr zur Liebe und die Heilung Amerikas redete sie auch, als sie sich bereits 2020 als Kandidatin der Demokraten präsentierte und chancenlos blieb.

Jede Menge Ärger in New Hampshire

Obwohl sie auch diesmal keine besseren Aussichten hat, beschert Williamson den Demokraten jede Menge Ärger. Sie will demnächst in New Hampshire auftreten, womit sie die Partei an einem wunden Punkt trifft. New Hampshire ist traditionell der erste Bundesstaat, in dem die Demokraten Vorwahlen abhalten; er folgt damit auf Iowa, wo bisher eine Woche vorher der landesweit erste Caucus stattfindet, eine Wählerversammlung für die Nominierung von Präsidentschaftskandidaten. Biden und die Parteiführung möchten nun den Einfluss der beiden von weißen Wählern dominierten Bundesstaaten brechen: Sie wollen 2024 die erste Vorwahl in South Carolina stattfinden lassen, was die Stellung afroamerikanischer Wähler stärken würde.

Der Plan hat zu einem Zerwürfnis in der Partei geführt. Williamson bestärkt nun die Befürchtung der Parteileitung, dass New Hampshire sich nicht ohne Weiteres zurücksetzen lässt. Die Gesetze des Bundesstaates schreiben ohnehin vor, dass er die ersten Vorwahlen im Land abhält, und die republikanische Mehrheit im dortigen Parlament denkt nicht daran, das zu ändern.

So gesund Biden gemäß ärztlichen Attesten auch sein mag: Die Demokraten benötigen einen Notfallplan, wenn sie einen Kandidaten jenseits der 80 in den langen und anstrengenden Wahlkampf schicken. Nach außen gedrungen ist bisher aber nichts. Darum werden seit Monaten dieselben paar Namen herumgereicht, die neben Biden als Kandidaten in Frage kämen.

Von Kamala Harris bis J. B. Pritzker

An erster Stelle steht oft Kamala Harris, was belegt, dass die meisten Auflistungen keine große Aussagekraft besitzen. Denn die Vizepräsidentin ist im Amt profillos geblieben. Weit vorne liegt meist auch Transportminister Pete Buttigieg, der viel Kritik einstecken musste wegen spektakulärer Pannen im Flugverkehr. Immer wieder genannt wird auch Amy Klobuchar, Senatorin aus Minnesota. Öfters erwähnt wird auch Jared Polis aus Colorado, einer aus einer ganzen Reihe von Gouverneuren, die von Gretchen Whitmer aus Michigan über Josh Shapiro aus Pennsylvania über Gavin Newsom aus Kalifornien bis zum Multimilliardär Jay Robert, genannt J. B., Pritzker aus Illinois reicht. Aber das ist bei jedem der Namen bisher nur das eine: reine Spekulation.

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