Süddeutsche Zeitung

Jerusalem:Statusfragen

Warum Deutschland gegen die USA und Israel stimmen musste.

Von Stefan Kornelius

Ist das nun eine Ungeheuerlichkeit, die sich die amtierende Bundesregierung auf ihren letzten Metern erlaubt hat, eine außenpolitische Revolution gar? Eine Abstimmung, die sich sowohl gegen Israel als auch gegen die USA richtet? Israel und alle Fragen der palästinensischen Staatlichkeit haben Deutschland schon immer einen Zwiespalt beschert und die Geschlossenheit der europäischen Akteure strapaziert.

Als die Vollversammlung im Jahr 2012 den Palästinensern einen Beobachterstatus einräumte, fand sich Deutschland in der Enthalterecke wieder. Diesmal, bei der Statusfrage von Jerusalem, konnte es keine Neutralität mehr geben. Die Resolution war eindeutig formuliert: Der Status von Jerusalem muss durch die Konfliktparteien einvernehmlich geregelt werden; keine andere Aussage dazu hat eine bindende Wirkung, auch die Anerkennung durch die USA nicht.

Normalerweise verhindert die Diplomatie derartige Zumutungen unter Verbündeten. Diesmal war der Konflikt unausweichlich. Es ist die Erpressungspolitik der USA, die solche Kollateralschäden in Kauf nimmt. Washington drängt seine Partner zum Rechtsbruch, das ist atemberaubend. So werden Bündnisse geschwächt und Animositäten aufgebaut. Wer den Stein ins Wasser wirft, kann sehen, wie sich die Wellen ringartig ausbreiten. In der EU hat es den Osten vom Westen getrennt, und Deutschland musste ein Urteil fällen, das es gerne vermieden hätte.

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Quelle:
SZ vom 23.12.2017
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