Süddeutsche Zeitung

Jerusalem-Konflikt:Erdoğan zu Trump: "Sie können den Willen der Türkei nicht kaufen"

  • Vor der UN-Abstimmung über Jerusalem haben die USA gedroht, Unterstützern der Resolution den Geldhahn zuzudrehen.
  • Die Türkei ruft dazu auf, sich nicht von solchen Drohungen einschüchtern zu lassen.
  • Israel kritisiert die Vereinten Nationen dafür, dass es die Abstimmung überhaupt gibt.

Vor der Abstimmung über eine Resolution zum Status Jerusalems hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Vereinten Nationen als "Haus der Lügen" bezeichnet. "Das Verhalten vieler Länder auf allen Kontinenten gegenüber Israel verändert sich außerhalb der Mauern der UN und wird schließlich auch die UN durchdringen. Der israelische Staat lehne die Abstimmung in der UN-Vollversammlung ab.

In der von muslimischen und arabischen Ländern eingebrachten Resolution sollen die USA aufgefordert werden, Jerusalem nicht als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Präsident Donald Trump hat mit der Verlegung der US-Botschaft dorthin weltweit empörte Reaktionen und Gewalt in der Region ausgelöst. Der Status Jerusalems ist eine der strittigsten Fragen des Nahostkonflikts. Israel hat den Ostteil der Stadt annektiert und beansprucht ganz Jerusalem für sich. Die Palästinenser wollen den Ostteil zur Hauptstadt eines künftigen unabhängigen Staates ernennen.

"Ein verkaufter Wille kommt nicht mehr zurück"

Während Netanjahu giftet, drohen Trump und seine UN-Botschafterin Nikki Haley: Ländern, die für die Resolution stimmen, werde der Geldhahn bei Hilfszahlungen zugedreht.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan rief die UN-Mitglieder dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen. "Verkauft in eurem Kampf um Demokratie niemals euren Willen für so mickrige Dollar", sagte Erdoğan in Ankara. "Ein verkaufter Wille kommt nicht mehr zurück." Trump werfe mit Drohungen um sich, obwohl die USA als "Wiege der Demokratie" bezeichnet würden. "Die Wiege der Demokratie sucht in der Welt Willen, die man mit Dollar kaufen kann. Herr Trump, Sie können den demokratischen Willen der Türkei nicht mit Ihren Dollar kaufen."

Der türkische Präsident äußerte seine Hoffnung, dass "die Welt Amerika an diesem Punkt eine sehr schöne Lektion erteilt". Die Türkei als amtierender Vorsitzender der Organisation für Islamische Kooperation hat die Resolution mitinitiiert. Der türkische Mevlüt Çavuşoğlu ist für die Abstimmung nach New York gereist und hat bereits verdeutlicht, dass er sich nicht einschüchtern lässt: "Keine stolze Nation, kein ehrenhafter Staat beugt sich dieser Art von Druck."

Entschieden wird über den Vorschlag ab 17 Uhr deutscher Zeit. In der Vollversammlung hat jedes Land eine Stimme, es gibt kein Veto-Recht. Daher gilt eine Annahme der Resolution als wahrscheinlich. Sie wäre allerdings nicht völkerrechtlich bindend. Einen ersten Versuch, die Resolution im wichtigeren UN-Sicherheitsrat zu verabschieden, haben die USA blockiert.

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