Jerry Falwell Jr.:Trumps Mann bei den Evangelikalen hat ein Problem

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Vielleicht doch nicht so konservativ: Jerry Falwell Jr. ist nicht mehr Präsident der evangelikalen Liberty University in Virginia. Ihm wird unmoralisches Verhalten vorgeworfen. (Foto: Emily Elconin/AP)

Ein Sexskandal bringt den religiösen Berater des US-Präsidenten in Bedrängnis. Die Behauptungen, die im Raum stehen, zwingen den Erzkonservativen zu einem Rücktritt.

Von Francesca Polistina, München

Einer der prominentesten Unterstützer Donald Trumps aus dem evangelikalen Lager ist nach einem Sexskandal von seinem Amt als Universitätspräsident zurückgetreten. Der erzkonservative Jerry Falwell Jr., 58, war bis zu seinem Rücktritt am Dienstag Präsident der evangelikalen Kaderschmiede Liberty University in Virginia, die sein Vater gegründet hatte. Grund des Rücktritts: Er soll die siebenjährige Beziehung seiner Frau Rebecca "Becki" Falwell zu einem wesentlich jüngeren Mann nicht nur geduldet, sondern den beiden auch beim Sex zugeschaut haben.

Das hat jedenfalls der Pfleger des Swimmingpools der Familie in einem Interview gesagt, das den Rücktritt auslöste. In dem sprach der 29-jährige Giancarlo Granda über seine Beziehung mit Falwells Ehefrau und erzählt, wie der Star-Prediger die Intimitäten beobachtet habe. "Jerry genoss es, aus der Ecke des Raums zuzusehen", sagte Granda. Amerikanischen Medienberichten zufolge soll Granda dafür auch Beweise vorgelegt haben.

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Zu dem Fall sagte Falwell, er bezeichnete die Affäre seiner Frau als "unangemessene persönliche Beziehung"; er sei aber selbst "nicht involviert" gewesen. Mehr noch: Granda habe laut Falwell versucht, ihn und seine Familie zu erpressen. Bei seinem Rücktritt zitierte Falwell den Pastor und Bürgerrechtskämpfer Martin Luther King mit den Worten: "Endlich frei".

Es ist nicht das erste Mal, dass der erzkonservative Falwell in die Kritik gerät. Im Juni wurde er für zwei rassistische Twitter-Beiträge kritisiert. Seit Anfang August war er offiziell beurlaubt, nachdem er auf seinem Instagram-Account ein umstrittenes Foto gepostet (und dann wieder gelöscht) hatte, in dem er, mit offenem Reißverschluss, eine junge Frau umarmte. Laut Falwell soll es sich dabei um die Assistentin seiner Frau gehandelt haben. Das Bild erregte dennoch Aufsehen, denn an der Liberty-Universität gelten strenge moralische Regeln. Falwell soll dann einem lokalen Radiosender gesagt haben, dass das Bild als gutmütiger Witz gedacht gewesen sei. Aufregung folgte auch seiner Entscheidung, die Hochschule mitten in der Corona-Krise teilweise zu öffnen - damit verstieß er gegen die Sicherheitsvorschriften des Gouverneurs von Virginia.

Falwell nutzte seinen Einfluss, um die Evangelikalen für den US-Präsidenten zu gewinnen

Die ganze Geschichte ist deshalb brisant, weil Falwell als einer der engsten religiösen Berater Donald Trumps gilt und seinen Einfluss dafür nutzte, die Evangelikalen für den US-Präsidenten zu gewinnen. In der Washington Post behauptete Falwell, er werde angegriffen, weil er bei der letzten Wahl so viele Evangelikale zu Trump gebracht habe. Auch seine Frau ist eine bekannte Persönlichkeit: Sie ist unter anderem bei der Gruppe "Women for Trump" aktiv.

Die Liberty University war in den Siebzigerjahren von seinem Vater Falwell senior gegründet worden. Er war bis zu seinem Tod 2007 eine der prominentesten Figuren der religiösen Rechten und Unterstützer von Ronald Reagan und George W. Bush.

© SZ vom 27.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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