Jemen:Wende im Bürgerkrieg

Separatisten besetzen nach mehrtägigen Kämpfen das Lager der Regierungstruppen in der südlichen Hafenstadt Aden. Die Vereinten Nationen berichten von zahlreichen von Hunger bedrohten Zivilisten. Beide Seiten rufen zu Waffenruhe auf.

Von Andrea Bachstein

Nach der Einnahme wichtiger Teile der jemenitischen Hafenstadt Aden durch Separatisten steht der Krieg in Jemen vor einer Wende. Die Separatisten des Südlichen Übergangsrates (STC) haben nach mehrtägigen Kämpfen am Wochenende in der strategisch wichtigen Interimshauptstadt mehrere Lager der Regierungstruppen unter ihre Kontrolle gebracht und offenbar auch den Präsidentenpalast besetzt. Bisher stand der STC, der den Süden von Jemens Norden abspalten will, aufseiten der international anerkannten Regierung der Volksrepublik. Diese kämpft gegen schiitische Huthi-Rebellen, seit 2015 mithilfe eines von Saudi-Arabien geführten Militärbündnisses. Die Huthi wiederum erhalten Unterstützung von Iran.

Die jüngsten Kämpfe um Aden waren Mitte vergangener Woche losgebrochen, den Vereinten Nationen zufolge kamen dabei mindestens 40 Menschen ums Leben und 260 wurden verletzt. UN-Hilfskoordinatorin Lise Grande sagte am Sonntag, es gebe große Sorge, weil in Aden Zivilisten in ihren Häusern gefangen seien und Wasser und Essen zur Neige gingen. Die größte Aufgabe sei aber jetzt, Ärzteteams zu schicken, um die Verletzten zu retten.

Die von den Saudis geführte Militärkoalition rief zu einer Waffenruhe auf, die um Mitternacht am Sonntag beginnen sollte. Die Separatisten erklärten, sich daran zu halten, und dem Sender Al Jazeera zufolge hatte die Kampfpause zunächst auch Bestand.

Der saudischen Nachrichtenagentur SPA zufolge traf sich der saudische König Salman am Sonntag mit Jemens Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi in Mina, um über die Lage zu sprechen. Diese hat sich nun zusätzlich kompliziert, da die STC-Separatisten von den Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) unterstützt werden. Die VAE gehören aber zugleich zu den Ländern des Militärbündnisses, welches die Huthi-Rebellen bekämpft. Jemens Präsident Hadi, der im saudischen Exil lebt, warf dem STC und den VAE vor, einen Staatsstreich gegen ihn zu versuchen. Saudi-Arabien hat die Konfliktparteien zu einem dringenden Krisentreffen aufgerufen. Der Führer der STC, Aidarus al-Zubaidi, erklärte im Fernsehen, er sei bereit, an einer kurzfristigen Friedenskonferenz teilzunehmen. Der STC stehe auch weiter zu der Koalition, die gegen "Irans Expansion in der Region" kämpft.

Mit Sorge blickt auch die Bundesregierung nach Aden, in dessen Großraum etwa 1,9 Millionen Menschen leben. "Wir sind über die gewalttätigen Auseinandersetzungen sehr beunruhigt", sagte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Maria Adebahr, am Montag in Berlin. Besorgniserregend seien Berichte, dass Nordjemeniten aus dem Süden vertrieben würden. Der Jemenkrieg hat bereits zwei Millionen Menschen aus dem Land am Südende der Arabischen Halbinsel vertrieben. Es erleidet die schlimmste humanitäre Krise weltweit. Laut UN sind fast 80 Prozent der 24 Millionen Einwohner auf Hilfe angewiesen.

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