Süddeutsche Zeitung

Jemen:Saudi-Arabien bereitet Sturm auf Sanaa vor

Lesezeit: 2 min

Von Paul-Anton Krüger, Sanaa

Im Krieg in Jemen bereitet die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition eine Großoffensive vor, um die Hauptstadt Sanaa zu erobern. Sie wird derzeit wie große Teile des Nordens von den Huthi-Milizen und mit ihnen verbündeten Einheiten kontrolliert. Saudische Medien melden, dass Panzer in das östlich von Sanaa gelegene Gouvernement Marib vordringen. Nachrichtenagenturen meldeten am Sonntag bis zu 35 Tote bei einem Luftangriff. Unter den Todesopfern des Angriffs auf eine Fabrik seien 17 Zivilisten, teilten Ärzte mit.

Ein stillgelegter Flugplatz bei den Ölfeldern von Safir solle als Drehscheibe für Nachschub reaktiviert werden, hieß es in Medienberichten. Saudi-Arabien hat bereits acht Apache-Kampfhubschrauber dorthin verlegt. Die Schlacht werde binnen acht Wochen beginnen, kündigte Riad Yassin Abdullah an, der Außenminister der international anerkannten Regierung, die sich im Exil in Riad befindet.

21 Millionen Menschen sind auf Hilfslieferungen angewiesen

Hilfsorganisationen in Sanaa warnen, dass die Kämpfe blutig werden dürften, weil die mächtigen Stämme in den Bergen um Sanaa die saudische Invasion ablehnen und die Hauptstadt mit allen Mitteln verteidigen würden. In dem Krieg sind bereits 5000 Menschen getötet worden, die meisten Zivilisten.

Die Versorgungslage im Land ist wegen der Land-, See- und Luftblockade der Koalition schlecht; das UN-Welternährungsprogramm WFP warnt, dass 6,5 Millionen der 24 Millionen Jemeniten akut von einer Hungersnot bedroht sind, weitere 6,5 Millionen von Mangelernährung. 21 Millionen Menschen sind auf Hilfslieferungen angewiesen. In Sanaa gibt es nach dem selbst von den USA kritisierten Bombardement des Hafens in Hodeida durch Saudi-Arabien seit zwei Wochen kein Benzin und Diesel mehr; die Strom- und Wasserversorgung ist landesweit seit Monaten unterbrochen.

"Reaktion auf die saudische Aggression"

Die Koalition flog von Mittwoch an die schwersten Luftangriffe seit Wochen auf Ziele in Sanaa und den Bergen, in denen sich zahlreiche Militäreinrichtungen befinden. Sie reagierte damit auf den Versuch der Huthis, den Krieg nach Saudi-Arabien zu tragen. Sie hatten von Sanaa aus eine Scud-Rakete auf ein Kraftwerk nahe der Stadt Jazan abgefeuert, 50 Kilometer nördlich der Grenze am Roten Meer. Zuvor waren Huthis bereits auf saudisches Territorium vorgestoßen und hatten dort mehrere saudische Panzer zerstört und einen General getötet. Die Huthis werden unterstützt von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh. Sie bekämpfen dessen international anerkannten Nachfolger Abd Rabbo Mansur Hadi.

Ali al-Emad, Mitglied in der politischen Versammlung von Ansarullah, des politischen Arms der Huthi, bestätigte in Sanaa der Süddeutschen Zeitung den Aufmarsch saudischer Truppen. Die größte Front liege aber im Norden. Die grenzüberschreitenden Angriffe der Huthis rechtfertigte al-Emad als "Reaktion auf die saudische Aggression". Damit sollten überdies Verhandlungen über die politische Zukunft des Landes erzwungen werden. Die jemenitische Regierung im Exil lehnt Gespräche mit den Rebellen ab, sofern diese sich nicht zuvor zurückziehen und die Waffen niederlegen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2627312
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 31.08.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.