Süddeutsche Zeitung

Japan:Verwöhnen statt verhandeln

Präsident Abe will seinen US-Kollegen Trump bei dessen Besuch in Tokio bei Laune halten. Verhandlungen um ein mögliches bilaterales Freihandelsabkommen versucht Japan dabei zu verschleppen.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Der amerikanische Präsident sollte den neuen Kaiser als erster Ausländer besuchen, fand der japanische Premier Shinzo Abe und lud seinen Freund Donald Trump schon vor Naruhitos Inthronisierung ein. Trump soll ihn am Telefon gefragt haben, ob das "big" sei, wie Japans Medien berichten. Nun trifft er am Samstagnachmittag zum Staatsbesuch in Tokio ein. Am Sonntag wird er mit Abe - schon zum fünften Mal - Golf spielen. Danach lädt Abe das Ehepaar Trump in ein intimes "Yakiniku" ein, ein Restaurant, in dem man sein Fleisch am Tisch selber brät. Am Montag bittet der Tenno Trump zum kaiserlichen Bankett.

Bei den politischen Gesprächen, die Abe und Trump am Montag führen, gehe es nur am Rande um den bilateralen Handel, berichten Japans Medien. Die USA haben Japan zu Verhandlungen über ein bilaterales Freihandelsabkommen gezwungen, das Tokio eigentlich gar nicht will. Es zieht multilaterale Handelsabkommen vor und versucht Verhandlungen nun freundlich zu verschleppen, aber gleichzeitig Trump bei Laune zu halten. Schon im Herbst hatte Abe dazu angekündigt, Tokio werde 105 zusätzliche F-35-Kampfflugzeuge kaufen. Für sie sollen zwei Helikopterträger zu Flugzeugträgern umgebaut werden. Am Dienstag vor Trumps Rückreise wird Abe dem Präsidenten einen der beiden zeigen.

Japan sei die Ausnahme unter Amerikas wichtigen Verbündeten, schrieb ein Kommentator der Japan Times. Hier sei Trump noch willkommen. Angesichts der schwierigen Beziehungen Japans zu seinen Nachbarn sei es wichtig, Trump dies zu demonstrieren, so das japanische Außenministerium. Dennoch hat Trump Abe immer wieder vorgeführt, so im Vorjahr mit Stahlzöllen. Anders als für die EU machte er für Japan keine Ausnahme. Ein Rätsel bleibt, ob Abe Trump aus kühler Berechnung umschmeichelt oder ob sich die beiden so unterschiedlichen Charaktere - hier der zum Politiker heranerzogene Enkel und Neffe von Premierministern, dessen Vater Außenminister war; dort der Baulöwe aus Queens - tatsächlich so gut verstehen, wie Insider behaupten. Sicherlich gefallen sich beide mit markigen nationalistischen Äußerungen.

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Quelle:
SZ vom 25.05.2019
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