Japan/Südkorea:Entschädigung für Trostfrauen

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Sogenannte Trostfrauen wie Lee Ok-sun, die hier ein Jugendbild von sich zeigt, wurden in japanischen Militärbordellen zur Prostitution gezwungen und vergewaltigt. (Foto: Kim Kyung-Hoon/REUTERS)

Ein südkoreanisches Gericht verurteilt Japan zu Zahlungen an Frauen, die im Krieg zur Prostitution gezwungen wurden. Das verschlechtert das Verhältnis der Länder weiter.

Von Thomas Hahn, Tokio

Nam Gwan-pyo war sicher nicht überrascht, als er am Freitag eine Vorladung ins japanische Außenministerium bekam. Nam ist Südkoreas Botschafter in Tokio. Ihm war klar, dass das jüngste Urteil zur Trostfrauenfrage schlecht ankommen würde dort. Ein Gericht in Seoul hatte zuvor erklärt, Japans Regierung müsse die Klägerinnen mit je 100 Millionen Won, rund 75 000 Euro, entschädigen für deren erzwungene Sex-Dienste an japanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Die Stimmung bei dem Gespräch war dann wohl tatsächlich schlecht. Laut der Nachrichtenagentur Kyodo teilte Vize-Außenminister Takeo Akiba dem Botschafter Nam mit, das Urteil sei "völlig inakzeptabel".

Das Urteil vom Freitag ist ein weiterer Schlag für das Verhältnis der Nachbarländer Japan und Südkorea. Es war vorher schon schlecht. Die rechtskonservative Regierung in Tokio hält grundsätzlich nicht viel von der liberalen Regierung in Seoul. Und wenn es um die Aufarbeitung der Vorkriegsgeschichte geht, sind beide Seiten weit auseinander. Japan hatte Korea von 1910 bis 1945 besetzt. Japan ist der Meinung, sich in diversen Abkommen von seiner Schuld aus jener Zeit freigekauft zu haben; zuletzt 2015, als es sich mit der damaligen konservativen Regierung Südkoreas darauf einigte, dass das Trostfrauenthema mit einer Entschuldigung sowie einer Milliarde Yen (acht Millionen Euro) für einen Opferhilfe-Fonds "endgültig und unumkehrbar" gelöst sei.

Aber die koreanischen Opfer fühlen sich als Privatleute nicht ausreichend gewürdigt. Südkoreas Gerichte folgen diesem Gefühl.

Schon 2018 urteilte der Oberste Gerichtshof in Seoul, dass japanische Unternehmen koreanischen Zwangsarbeitern der Besatzungszeit Entschädigungen zu zahlen hätten. Tokio sieht das nicht ein. Und nun sehen sich Japans Regierende also wieder von einer Vergangenheit eingeholt, die aus ihrer Sicht längst vergessen sein sollte. Offiziell beklagen sie, dass das Gericht in Seoul in diesem Zivilrechtsverfahren die Staatenimmunität außer Kraft gesetzt habe, wonach ein Staat nicht nach ausländischem Recht belangt werden kann.

Noch fünf der zwölf Klägerinnen sind am Leben

Es ist das erste Urteil dieser Art in der Trostfrauenfrage. Die zwölf Klägerinnen beantragten 2013 eine gerichtliche Schlichtung für 100 Millionen Won Schadensersatz, weil die japanische Regierung sie einst gegen ihren Willen in Militär-Bordellen an der Front eingesetzt habe. Darauf ließ sich Japan nicht ein. Es kam zum Prozess.

Die Staatenimmunität ließ das Gericht nicht gelten. Japan habe seinerzeit "internationale Normen verletzt, indem es absichtliche, systematische und weitreichende kriminelle Handlungen gegen die Menschlichkeit beging". Im Urteil heißt es: "Beweise, relevante Materialien und Zeugenaussagen zeigen, dass die Opfer aufgrund der illegalen Handlungen der Angeklagten unter extremen, unvorstellbaren psychischen und physischen Schmerzen litten."

Nur noch fünf der zwölf Klägerinnen sind am Leben. Ihre Unterstützer feierten das Urteil als "monumental". Südkoreas Regierung teilte mit, sie respektiere es. Gleichzeitig leugnete sie aber auch das Abkommen von 2015 nicht. Man werde "genau prüfen", was das Urteil für die Beziehungen zu Japan bedeute.

Aus Tokio verlautbarte nichts Versöhnliches. Katsunobu Kato, der Chefsprecher des Kabinetts, sagte zwar, Japans Regierung werde nicht in Berufung gehen. Aber das sollte kein Zugeständnis sein. Im Gegenteil: Japan will nur nicht unter südkoreanisches Recht fallen.

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