James Comey über Trump:"Kein US-Präsident regiert lange genug, um unsere Institutionen zu zerstören"

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James Comey, ehemaliger FBI-Direktor, spricht auf der Konferenz Canada 2020. (Foto: picture alliance / Justin Tang/T)

James Comey war FBI-Direktor mit einem strengen Sinn für die Integrität seiner Behörde - bis ihn Donald Trump feuerte. Ein Gespräch über das Danach und warum er weiter optimistisch bleibt.

Interview von Matthias Kolb, Berlin

Viele Jahre galt James Comey als hoffnungsvoller Aufsteiger in Washington. Als Vize-Justizminister unter George W. Bush hatte sich der Republikaner einen so guten Ruf erworben, dass ihn Barack Obama 2013 zum FBI-Direktor machte. Die Karriere endete abrupt, als ihn US-Präsident Donald Trump im Mai 2017 feuerte. Das Buch "Größer als das Amt", das der 57-Jährige über die Begegnungen mit Trump schrieb, steht auch in Deutschland seit Wochen auf der Bestseller-Liste, weshalb Comey gerade Berlin und Hamburg besucht.

SZ: Herr Comey, glauben Sie eigentlich, dass Donald Trump Ihr Buch gelesen hat?

James Comey: Nein, das erscheint mir sehr unwahrscheinlich. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass er kein Leser ist und nicht viele Informationen auf diesem Weg aufnimmt. Er sieht lieber fern.

Barack Obama veröffentlichte hingegen jedes Jahr als US-Präsident eine Liste mit Buch-Empfehlungen. Sie schreiben sehr positiv über Obama. Wollten Sie Trump ärgern, indem Sie die Intelligenz seines Vorgängers loben?

Nein, ich habe nur die Wahrheit berichtet. Ich kannte den Demokraten Obama nicht persönlich, als ich 2013 gefragt wurde, ob ich als Republikaner neuer FBI-Chef werden wolle. Unser Gespräch hat mich tief beeindruckt, denn er verfügt über eine schnelle Auffassungsgabe und ist ein exzellenter Zuhörer. Das hatte ich damals nicht erwartet. Die Art, wie sich unser jetziger Präsident verhält, hat ja zur Folge, dass viele US-Amerikaner Obama und auch George W. Bush plötzlich auf eine Art zu schätzen wissen, wie sie es nicht für möglich hielten.

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Von Matthias Kolb, Berlin

Ein Unterschied zwischen Obama und Trump ist, dass letzterer nie lacht. Was verrät das?

Es zeigt Unsicherheit. Aufrichtiges Lachen erfordert ein gewisses Selbstvertrauen, denn wir alle sehen ein bisschen dämlich aus, wenn wir lachen - bei mir ist das so. Das macht uns verwundbar, was unsichere Menschen nicht ertragen können. Wenn ich als Führungspersönlichkeit über einen Scherz meines Mitarbeiters lache, dann werte ich ihn auf. Trump habe ich nie lachen sehen - weder beim Small Talk oder bei jenem Abendessen, bei dem er meine Loyalität einforderte. Für mich ist Lachen ein guter Indikator dafür, dass jemand sich selbst nicht allzu wichtig nimmt.

Obama hat viel gelacht, auch über sich selbst. Gleiches gilt für George W. Bush. Haben Sie nach Gesprächen mit diesen Präsidenten Memos geschrieben? Denn über Ihre Treffen mit Trump fertigten Sie Gedächtnisprotokolle an.

Nein, an so etwas habe ich nie gedacht. Ich fürchtete auch nie, dass einer von ihnen lügen würde. Beide wussten, wie wichtig die Distanz zwischen dem FBI und dem Weißen Haus ist. Obama sagte mir vor meiner Nominierung, dass er dann gut schlafen könne, wenn das FBI "kompetent und unabhängig" sei. Er wäre nie auf die Idee gekommen, mich zum privaten Dinner in den Green Room des Weißen Hauses einzuladen. Auch ich dachte, dass so etwas seit den unseligen Zeiten von Richard Nixon und J. Edgar Hoover tabu sein sollte. So etwas tut man nicht.

Das Essen fand Ende Januar 2017 statt. Dreieinhalb Monate später wurden Sie gefeuert, und Sie bezeichnen Trump nun als "moralisch ungeeignet" für das Amt. Laut Washington Post hat er seit der Vereidigung etwa 3300 Mal gelogen oder falsche Dinge gesagt. Lügt er eigentlich mit Absicht oder geschieht es spontan?

Es ist wohl eine Mischung. Von einigen Dingen weiß er sicher, dass sie falsch sind, und er wiederholt sie, weil er sich einen politischen Nutzen verspricht. Oft hat er wohl einfach keine Ahnung. Hat er nicht gerade gesagt, dass die Kriminalität in Deutschland nach der Aufnahme der Flüchtlinge angeblich gestiegen sei?

Diese falsche Aussage hat er später auf Twitter wiederholt und den deutschen Politikern vorgeworfen, bei den Statistiken zu betrügen.

Oh, wie interessant. Zunächst hat er wohl nur losgeplappert, doch die Wiederholung spricht dafür, dass er denkt, dass diese Merkel-Kritik gut ankommt. Auch früher haben Politiker falsche Zahlen verwendet, aber es war peinlich, wenn sie von der Presse oder den eigenen Mitarbeitern darauf hingewiesen wurden. Trump ist das egal und auf diese Gefahr will ich hinweisen. Ich will die Amerikaner aufrütteln. Gewiss: Bush junior glaubte wohl wirklich, dass es im Irak Massenvernichtungswaffen gab und betont noch immer: "Ich habe nicht gelogen." Aber der jetzige Präsident lügt so oft, dass alle Maßstäbe zu verschwinden drohen.

Im November findet die Kongresswahl statt und unter den Republikanern gilt: "Rede nicht schlecht über Trump, sonst bestraft dich seine Basis." Sie waren selbst lange Republikaner: Sind Sie enttäuscht, dass so wenige konservative Senatoren und Abgeordneten das Rückgrat haben, Trump zu widersprechen?

Ich stelle immer eine Frage: "Wie werdet ihr einmal euren Enkeln erklären, dass ihr geschwiegen und all das toleriert habt?" Glauben die Politiker wirklich, dass sie ihr Verhalten mit "Ich hatte Angst vor den Trump-Fans und wollte meinen Sitz im Kongress behalten" rechtfertigen können? Zu viele geben ihre Integrität auf, nur um ihren Job zu behalten. Ich schäme mich für die Republikaner und sorge mich um die Zukunft der Partei, der ich nicht mehr angehöre.

Hoffen Sie darauf, dass die Demokraten die Mehrheit im Kongress erobern?

Es wäre wichtig für unser Land, wenn der Kongress die Aufgabe erfüllen würde, die die Verfassung vorsieht: Er soll Gesetze erlassen und den Präsidenten zur Rechenschaft ziehen. Momentan geschieht das nicht. Es wäre daher ein Fortschritt, wenn die Demokraten den Senat oder das Repräsentantenhaus kontrollieren würden.

S ie haben nicht nur Jura, sondern auch Theologie studiert. Ist es mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren, Kinder von ihren Eltern zu trennen und in Käfige zu sperren, wie es gerade bei den Einwanderern an der Grenze zwischen den USA und Mexiko geschieht?

Nein. Mir ist unbegreiflich, wie man dieses Vorgehen mit irgendeiner Religion oder auch nur mit menschlichem Anstand vereinbaren kann. Logik, Mitgefühl, Kenntnis der Geschichte - alles spricht dagegen. Womöglich sind die Bilder ein Wendepunkt. Im Matthäus-Evangelium steht in Kapitel 25, Vers 40: "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."

Lange wurde gerätselt, wieso gerade die Evangelikalen den Ehebrecher Trump so sehr unterstützen. Nun protestieren Kirchenvertreter und sogar der Papst gegen diese "Null-Toleranz-Politik".

Das ist ein Hoffnungsschimmer. Ich weiß nicht, was den Präsidenten und seine Berater hier antreibt. Einer der wenigen Leute, denen ich auf Twitter folge, ist der konservative Autor Max Boot ...

... er hat sich früh in der "Never Trump"-Bewegung engagiert...

... und er vertritt die Theorie, dass Trump verzweifelt ist, weil er sein Versprechen nicht einhalten kann, die illegale Einwanderung zu stoppen. Also nimmt er die Einwanderer-Kinder als Geiseln. Vielleicht erleben wir gerade einen jener wiederkehrenden Momente, in denen der schlafende Riese aufwacht. Damit meine ich, dass die große Masse der Amerikaner so schockiert ist und sich fragt: "Was ist aus uns geworden?" So war es etwa 1963, als schwarze Schulmädchen von Polizeihunden in Birmingham, Alabama gebissen wurden. Danach wuchs die Unterstützung für die Bürgerrechtsbewegung. Wenn es so kommen sollte, dann hätte diese Tragödie etwas Positives.

Mich erinnert die Situation auch an den August 2017, nach dem Aufmarsch der extremen Rechten in Charlottesville. Damals gab es wenig Widerworte von Republikanern gegen Trump, nachdem er rechte Demonstranten als "gute Leute" bezeichnet hatte.

Ich kann hier nur wieder meine Frage "Was werdet ihr euren Enkeln sagen?" wiederholen. Ich bin Optimist: Hoffentlich führen die Bilder dazu, dass weniger US-Bürger blind einem Anführer folgen, der unsere Werte mit Füßen tritt.

Hat Trump in Gesprächen mit Ihnen etwas Rassistisches gesagt?

Nein, nicht in meiner Gegenwart. Aber mir ist eigentlich egal, was ihn antreibt. Wer bei den Vorgängen in Charlottesville eine moralische Äquivalenz erkennt zwischen Rechtsextremisten und jenen, die gegen sie protestierten - der ist ungeeignet, Präsident zu sein. Dass er über Frauen spricht, als wären sie ein Stück Fleisch, kommt natürlich hinzu.

Abgesehen von Trump kennen Sie einige der entscheidenden Akteure seit langer Zeit. Können Sie uns Deutschen helfen, ihr Verhalten besser zu verstehen?

Ich will es versuchen.

Rudy Giuliani war Ihr Chef, als Sie 1987 als Staatsanwalt in New York anfingen. Damals gab es ein Zitat, das auch in Tom Wolfes "Fegefeuer der Eitelkeiten" auftaucht: "Der gefährlichste Ort ist zwischen Rudy und einem Mikrofon." Wie dachten Sie damals über Giuliani, der später auch noch New Yorker Bürgermeister wurde?

Wir jungen Juristen fanden es damals aufregend, für ihn zu arbeiten. Ich hielt ihn für intelligent und arbeitswütig und es herrschte eine positive Energie in der Behörde. Wie er sich heute als Trumps Anwalt verhält, kann ich mir nicht erklären. Wenn ich sehe, wie er in den Sonntagsshows Fakten verdreht, dann erkenne ich nicht jene Person wieder, die mich einst so beeindruckt hat.

Es gibt ja die Theorie, dass Trump in der Russland-Affäre nie vor einem echten Gericht stehen wird. Im Falle eines Impeachment-Verfahrens wären die Senatoren und Abgeordneten die Richter und Giuliani und Trump versuchen, diese mit ihrer Show zu beeinflussen.

Ich habe das auch gehört, und es ist vielleicht eine der wenigen Erklärungen, die logisch erscheinen. Als Jurist kann ich in Giulianis Verhalten keine klare Strategie erkennen.

Die andere Schlüsselfigur ist Sonderermittler Robert Mueller. Er war Ihr Vorgänger als FBI-Chef. Mit welchen drei Adjektiven würden Sie ihn beschreiben?

US-Sonderermittler Mueller
:Ein Jahr, und kein bisschen weise

So unklar die juristischen Folgen von Muellers Ermittlungen nach einem Jahr sind, so klar sind die politischen: Muellers Arbeit spaltet das Land nur noch tiefer, und sie vergiftet das Klima in Washington.

Von Hubert Wetzel

Ehrlich. Unabhängig. Hart. Bob erinnert mich immer an Atticus Finch, den unbestechlichen Anwalt aus dem Roman "Wer die Nachtigall stört". Er ist außerdem ein Workaholic und unglaublich diszipliniert. Das Wichtigste ist aber: Ihm geht es um die Sache und Parteipolitik ist ihm völlig egal. Ich hoffe, dass beide Parteien dies erkennen und ihn seine Arbeit beenden lassen.

Mueller und Trump sind beide Anfang 70, aber vom Charakter völlig anders. Wenn Sie Trumps Anwalt wären: Würden Sie empfehlen, sich von Mueller befragen zu lassen?

Das ist eine schwere Frage, denn ich kenne die Strategie der Trump-Juristen nicht. Als Bürger würde ich aber erwarten, dass der US-Präsident mit einem Sonderermittler kooperiert, den das Justizministerium eingesetzt hat. Was mich verwundert hat, war das Gerede von einer "Meineid-Falle" und dass angeblich versucht werden solle, Trump der Lüge zu überführen. Darauf kann ich nur sagen: Wer die Wahrheit sagt, muss sich nicht alle Details der Vergangenheit merken und mögliche Widersprüche beachten.

Neben Mueller und den Medien sind Sie ein Lieblingsziel von Trumps Twitter-Attacken. Wenn er Sie "verlogener Schleimball" nennt, ignorieren Sie das oder macht es Sie wütend?

Ich zwinge mich, das nicht zu ignorieren. Eine Zeitlang habe ich es nicht beachtet, aber ich will nicht, dass ich - und damit auch andere - abstumpfen. Ich frage die konservativen Amerikaner immer wieder, wie sie es finden würden, wenn Obama oder der nächste demokratische Präsident morgens tweeten würde: "Meine politischen Gegner und kritische Journalisten gehören ins Gefängnis." Ihr Kopf würde explodieren und sie würden sich zurecht schrecklich aufregen. Um diese Normalisierung zu verhindern, verfolge ich, was Trump über mich auf Twitter sagt.

Unter Ihren 971 000 Followern sind viele Journalisten. Neulich posteten Sie ein Foto aus Iowa, dem Bundesstaat, wo die erste Vorwahl stattfindet - und sofort hieß es: "Er kandidiert 2020."

(seufzt) Meine Frau kommt aus Iowa, ich war dort auf einer Hochzeit. Aber ich wiederhole es gern: Ich strebe kein politisches Amt an, das ist nichts für mich.

Nach dem G-7-Gipfel haben Sie ein altes Foto getweetet, das Sie vor dem Parlament in Ottawa zeigt, und Sie lobten die exzellente Zusammenarbeit mit den kanadischen Behörden. Sind Trumps Attacken auf die westlichen Verbündeten ein Sicherheitsrisiko?

Sie könnten dazu werden, wenn wir vergessen, wie eng Beziehungen zu unseren Partnern vor Trump waren und wie sie nach Ende seiner Amtszeit wieder sein werden. Ich bin mir sicher, dass auf der Arbeitsebene genau das kommuniziert wird und der politische Lärm ignoriert wird. Ich war als FBI-Chef oft in Deutschland und wir haben hervorragend mit den Kollegen des Bundeskriminalamts kooperiert. Ich weiß, wie schwer es ist, eine Behörde wie das FBI zu reformieren und kann alle Welt beruhigen: Kein US-Präsident regiert lange genug, um unsere Institutionen zu zerstören und alle Kontrollmechanismen auszuhebeln.

Vergangene Woche hat das Justizministerium einen Bericht zu den FBI-Ermittlungen über Hillary Clintons E-Mails veröffentlicht. Darin wird Ihr Verhalten als "ungehorsam" kritisiert. Gibt es rückblickend etwas, was Sie anders hätten machen sollen?

Eigentlich nicht. Anfangs hat mich das Wort "ungehorsam" verärgert, aber es stimmt ja, weil ich meine Vorgesetzten bewusst nicht informiert habe. Die Umstände waren sehr kompliziert, aber ich glaube noch immer, dass ich richtig gehandelt habe, um den unabhängigen Ruf des FBI zu bewahren. Andere Optionen wären noch katastrophaler gewesen - etwa nicht über die E-Mails zu informieren, die kurz vor der Wahl auf dem Computer des Ehemanns der Clinton-Vertrauten Huma Abedin aufgetaucht waren. Wichtig ist, dass die internen Kontrolleure keine Belege für fehlerhafte Ermittlungen gefunden haben oder dafür, dass das Vorgehen des FBI nicht politisch motiviert gewesen sei.

Konservative wittern eine Verschwörung anhand von Textnachrichten. Zwei FBI-Mitarbeiter schrieben wörtlich: "Könnte Trump tatsächlich Präsident werden?" - "Wir werden ihn stoppen" .

Nein, das war keine Verschwörung und dazu steht nichts im Bericht. Ich wusste ja auch nicht, dass Peter Strzok und Lisa Page eine Affäre hatten und über FBI-Telefone kommunizierten, um ihr Fremdgehen vor den Ehepartnern zu verbergen. Hätte ich das gewusst, wäre ich eingeschritten.

Im Bericht wird auch erwähnt, dass Sie eine Google-Mail-Adresse verwendet haben, um Arbeitsdinge zu erledigen. Hillary Clinton hat entrüstet darüber getweetet . Können Sie verstehen, dass sie überzeugt ist, dass Sie schuld an Ihrer Wahlniederlage sind?

Natürlich kann ich das verstehen. Ich bete, dass meine Entscheidung, mich zu äußern, keinen Einfluss hatte. Aber der Tweet zeigt, was ich schon im Buch geschrieben habe: Clinton hat bis heute nicht verstanden, was untersucht wurde. Es ging nicht darum, dass sie als Außenministerin ein persönliches E-Mail-System genutzt hat, sondern dass sie mit diesem Account über vertrauliche Informationen kommunizierte, die nur in einem vertraulichen System hätten kommuniziert werden dürfen. Aber weil sie dies nicht vorsätzlich tat, gab es keine Anklage. Was ich gemacht habe, war etwas Anderes: Ich habe meinen persönlichen E-Mail-Account genutzt, um Rede-Entwürfe weiterzuleiten. Da ging es nicht um vertrauliche oder geheime Dinge, das wirft mir auch niemand vor.

Hat Clinton Sie nach dem 8. November 2016 jemals kontaktiert?

Nein, ich habe nie mit ihr oder jemandem aus ihrem Team gesprochen.

Sie äußern sich nun als Privatperson und Bestseller-Autor. Wie verlief die Arbeit am Buch?

Es war leichter als gedacht, und auch schwieriger. Ich hatte offen gesagt, dass ich nicht weiß, wie man ein Buch schreibt. Mein Verleger sagte mir, dass ich einfach loslegen solle und er werde sich um den Aufbau kümmern. So kam es dann auch: Ich hatte früher als Uni-Reporter gearbeitet und habe die Kapitel zügig geschrieben, und die Profis haben eine gute Struktur gefunden.

Konnten Sie auf Tagebücher zurückgreifen?

Leider nicht, und mir war bewusst, dass ich meinem Gedächtnis nicht zu sehr trauen sollte. Aber es gibt ja genug Originalquellen. Die Geschichte vom Anfang des Buches, als ein bewaffneter Mann ins Haus meiner Eltern eindringt - darüber hatte ich drei Tage später für die meine High-School-Zeitung geschrieben. Andere Beschreibungen habe ich mit Familie oder Freunden abgeglichen, die wertvolle Anmerkungen gaben und mich korrigierten. Und ich hatte stets meine Lektoren im Ohr, die mir immer einhämmerten "Mehr Details, mehr Details."

Deswegen haben Sie genau beschrieben, was es beim Abendessens mit Trump zu essen gab: Salat, Scampi, Hühnchen mit Parmesan und Pasta sowie zwei Kugeln Vanille-Eis.

Daran konnte ich mich gut erinnern, aber ich hatte die Memos über die Treffen mit Trump nicht vorliegen, als ich das Buch schrieb. Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Buchs wurden diese Dokumente veröffentlicht. Dort hatte ich notiert, dass Trump mir gesagt hatte, dass Russlands Präsident Putin ihm gesagt habe: "Die russischen Huren sind die schönsten der Welt." Kurze Zeit später rief mein Verleger an und brüllte: "Warum ist das nicht im Buch?" Ich hatte es schlicht vergessen. Aber in der Taschenbuchausgabe wird das Zitat drin sein.

Als Sie Ihr Buch in New York präsentierten, wurden im Internet Tickets für 850 Dollar verkauft. Manche sehen in Ihnen einen Retter.

Das fühlt sich sehr seltsam an. Ich wollte allen zurufen: "Ich kriege das Geld nicht, ich verkaufe die Tickets nicht." Diese Erfahrungen sind komisch, ich wollte nie zur Berühmtheit werden. Ich bin eigentlich introvertiert und sehr gerne allein. Aber das Gute ist: Der Trubel wird vorbei gehen.

Ist es Ihr Traum, in zehn Jahren unbemerkt an einem College unterrichten zu können ...

Wie wäre es schon mit dem nächsten Jahr?

Solange Trump im Amt ist, werden Sie vermutlich weiter im Rampenlicht stehen.

Das stimmt wohl. Ich freue mich schon darauf, unerkannt durch einen Flughafen zu laufen. Okay, das ist schwer, wenn man größer als zwei Meter ist. Aber ich will mich nicht beschweren: Fast alle Leute sind sehr freundlich und sagen, dass sie mich unterstützen, wenn Sie mich um ein Foto oder ein Autogramm bitten. Meine Frau Patrice hat mir das klar gemacht, nachdem ich sie mal wieder zu schnell an der Hand durch eine Schalterhalle zerrte. "Entspann dich, die Leute werden nett zu dir sein, also sei auch nett zu ihnen." Und so handhabe ich das jetzt.

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Rezension von Matthias Kolb

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