Süddeutsche Zeitung

Jamaika-Sondierungen:Merkel warnt vor Neuwahl-Gerede

  • Kanzlerin Angela Merkel hat davor gewarnt, mögliche Neuwahlen ins Gespräch zu bringen.
  • Sie betonte, dass auch die CDU nicht um jeden Preis eine Jamaika-Koalition eingehen werde.
  • Grünen-Chef Özdemir hält das "Gerede von Neuwahlen" ebenfalls für "ziemlich unverantwortlich".

Von Constanze von Bullion und Mike Szymanski, Berlin

CDU-Chefin Angela Merkel hat davor gewarnt, für den Fall eines Scheiterns der Jamaika-Sondierungen eine vorgezogene Neuwahl ins Spiel zu bringen.

Auch die CDU müsse ein Jamaika-Bündnis nicht um jeden Preis eingehen, sagte die Kanzlerin nach Angaben von Teilnehmern einer Sitzung des CDU-Vorstands in Berlin. Es sei aber auch nicht klug, ständig öffentlich von Neuwahl zu sprechen. Schließlich hätten alle Partner die staatspolitische Verantwortung, eine stabile Regierung zustande zu bringen. Grünen-Chef Cem Özdemir nannte das "Gerede von Neuwahlen" am Montag "ziemlich unverantwortlich".

Die Kritik vor Beginn der nächsten Sondierungsrunde zielte auf FDP-Parteichef Christian Lindner und seinen Stellvertreter Wolfgang Kubicki. Diese hatten wiederholt erklärt, die Liberalen fürchteten sich nicht vor Neuwahlen, falls sie sich in einem Jamaika-Bündnis mit ihren Zielen nicht wiederfänden. Bisher gibt es bei den Sondierungen wenig Gemeinsamkeiten. Am Montagabend kamen Spitzenvertreter von CDU, CSU, FDP und Grünen in Berlin zusammen, um Konfliktpunkte zu besprechen.

In den kommenden Tagen müsse "Klarheit" geschaffen werden, in welche Richtung es gehe, sagte FDP-Chef Lindner. Bei den Grünen hieß es, man hoffe, dass die Kanzlerin die Liberalen zu einer sachorientierteren Diskussion bewegen könne. Denn während sich bei den Themen Bildung, Familie, Außen- und Verteidigungspolitik erste Schnittmengen abzeichnen und selbst über Migration sachlich diskutiert wird, waren insbesondere beim Klimaschutz die Fronten bis zuletzt verhärtet. Die Grünen wollen die 20 umweltschädlichsten Kohlekraftwerke abschalten, um das Klimaziel der Bundesregierung für 2020 zu erreichen.

Die FDP lehnt einen schnellen Kohleausstieg ab. Unionsfraktionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) dagegen betonte am Montag die Gültigkeit der Klimaziele. Er könne sich "beim besten Willen nicht vorstellen" mit den Grünen hinter Klimaziele der großen Koalition zurückzufallen. Für weitere Gespräche ab Dienstag zeigten die Parteien sich kompromissbereit. So rückte Grünen-Chef Cem Özdemir von einem baldigen Ende des Verbrennungsmotors ab. "Mir ist klar, dass wir alleine nicht das Enddatum 2030 für die Zulassung von fossilen Verbrennungsmotoren durchsetzen werden können", sagte Özdemir der Stuttgarter Zeitung.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter betonte am Montag, dass bei aller Annäherung auch seine Partei ein Entgegenkommen erwarte, etwa "in Richtung Familiennachzug", bei sozialer Gerechtigkeit oder der Energiepolitik. FDP-Chef Lindner kündigte an, über Entwicklungshilfe mehr Klimaschutz betreiben zu wollen und so einen "viel größeren Beitrag zur Begrenzung des Klimawandels" zu leisten. Die FDP sei "mitnichten eine Kohlepartei". Die Liberalen befürchten Versorgungsengpässe, wenn weniger Kohlekraftwerke arbeiten. Die Grünen betonten, in Deutschland werde viel mehr Strom produziert als nötig. Stromengpässe seien nicht zu befürchten.

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SZ vom 07.11.2017/jael
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