Süddeutsche Zeitung

Koran-Verbrennung abgesagt:US-Pastor Jones mimt Friedenstaube

Unter einem beispiellosen Polizeiaufgebot trifft der radikale US-Prediger Jones in New York ein - und überrascht alle: Der Pastor versichert plötzlich, den Koran nie mehr anzünden zu wollen.

Der radikale US-Pastor Terry Jones hat seine angekündigte Koran-Verbrennung endgültig abgesagt. "Wir werden den Koran definitiv nicht verbrennen. Heute nicht, niemals", sagte der christliche Fanatiker dem US-Fernsehsender NBC an diesem Samstag. Er versprach weiter, seine Meinung diesmal nicht mehr zu ändern. "Ich kann das absolut garantieren."

In den vergangenen Tagen hatte Jones mit mehrdeutigen und widersprüchlichen Äußerungen über die angekündigte Aktion am Jahrestag der Anschläge vom 11. September große Verwirrung und Empörung ausgelöst.

Zuletzt sorgte er am Freitagabend in New York für Wirbel. Jones war am von Florida aus in die Millionenmetropole geflogen. Nach seiner Landung sei es am Flughafen La Guardia zu einem beispiellosen Polizeieinsatz gekommen, berichtete der US-Fernsehsender ABC. Ein Flughafenterminal sei praktisch komplett geräumt worden, berichtete eine Reporterin des Senders.

New Yorks Polizeichef Raymond Kelly sagte dem Fernsender CNN an diesem Samstag, man werde Jones, der bis Montag in New York bleiben wolle, auf Schritt und Tritt beobachten. Als Begründung gab er an, die Polizei sei besorgt um die Sicherheit des Pastors. Jones hatte angekündigt, er wolle sich mit New Yorker Imam Feisal Abdul Rauf treffen. Dieser solle ihm bestätigen, dass eine umstrittene Moschee nicht in der Nähe des Orts der Anschläge vom 11. September gebaut werde.

Mit diesem angeblichen Verzicht hatte Jones ursprünglich seinen Verzicht auf die Koran- Verbrennung begründet. Es ist allerdings bislang unklar, ob es zu dem Treffen kommt. Rauf hatte auch entschieden bestritten, sich mit dem Pastor darauf geeinigt zu haben, die Moschee an einem anderen Ort zu errichten.

Unruhen in Afghanistan

Zuvor war es in Afghanistan zu neuen Unruhen gekommen. Hunderte Demonstranten versammelten sich am Samstag in der Provinz Logar südlich von Kabul und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. In der Provinz Badachschan im Nordosten gingen den zweiten Tag in Folge Tausende Menschen auf die Straße. Am Vortag war ein Demonstrant vor einem Bundeswehrstützpunkt erschossen worden.

In Südafrika hatte ein Geschäftsmann als Reaktion auf die Pläne des Predigers angekündigt, seinerseits Bibeln zu verbrennen. Ein Gericht in Johannesburg untersagte das Vorhaben jedoch am späten Freitagabend. Den Antrag auf die einstweilige Verfügung hatte die islamische Organisation Gelehrte der Wahrheit gestellt, berichtete die Lokalzeitung Saturday Star. Das Gericht kam zu dem Schluss, im multi-religiösen Südafrika dürften keine Schriften verbrannt werden, die von einer der Religionsgemeinschaften als heilig verehrt würden.

Der muslimische Geschäftsmann Mohammed Vawda hatte für Samstag zur öffentlichen Bibelverbrennung auf einem Platz im Zentrum von Johannesburg aufgerufen. Der 38-Jährige sagte der Zeitung, er sei zutiefst verärgert über die Pläne von Pastor Terry Jones gewesen, zum Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 rund 200 Koran-Ausgaben zu verbrennen. Mit seiner Aktion habe er Jones stoppen wollen. Doch nun sei er froh über das Urteil: Die Kläger hätten ihn darauf aufmerksam gemacht, dass der Koran ausdrücklich zur Achtung der Bibel und der Thora aufrufe.

Der Wirbel um den Pastor überschattet das Gedenken an die fast 3000 Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001. Bereits am Vorabend brachten Tausende New Yorker mit einer Kerzenwache ihre Solidarität mit Muslimen zu Ausdruck. Die Kundgebung fand in der Nähe von Ground Zero statt, wo riesige Scheinwerfer die Silhouetten der zerstörten Zwillingstürme des World Trade Centers in den Himmel malten.

Obama appelliert an Toleranz der Amerikaner

Inzwischen meldete sich auch Barack Obama zu Wort. Der US-Präsident appellierte eindringlich an die Nation, die amerikanischen Werte und Ideale lebendig zu halten. Dazu gehöre auch religiöse Toleranz, sagte der Präsident am Samstag in einer Gedenkfeier am Pentagon. Dort waren vor neun Jahren insgesamt 184 unschuldige Menschen ums Leben gekommen, als Terroristen ein Flugzeug ins Gebäude steuerten.

Obama versicherte den Angehörigen der Toten: "Eure Lieben werden im Herzen unserer Nation bleiben, jetzt und für immer." Die beste Weise, die Opfer zu ehren, sei es, sich an den Werten zu orientieren, die Amerika definierten. Die Terroristen hätten am 11. September "die Ideale attackiert, für die wir stehen".

Die beste Waffe, die Amerika im Krieg gegen den Terrorismus besitze, sei es, diese Tugenden zu vertreten und zu leben. Das Land dürfe sich nicht teilen lassen, auch nicht in Furcht leben vor einer Gruppe von Menschen, die der Nation Böses wollten, mahnte der Präsident weiter. In diesem Zusammenhang bekräftigte er auch, dass zu diesen Tugenden das Recht auf Religionsfreiheit gehöre.

Wie schon am Vortag in einer Pressekonferenz betonte Obama, dass sich die USA nicht im Krieg mit dem Islam befänden: "Es war keine Religion, die uns angegriffen hat", sagte Obama, "es war al-Qaida."

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