Jahresbericht von Amnesty:Vergessene Gewalt

Folter in Guantanamo, Hinrichtungen in Iran - nur zwei Beispiele der Menschenrechtsverletzungen, die Amnesty dokumentiert. Doch es gibt auch Martyrien, die die Welt fast vergessen hat.

Franziska von Kempis

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Afghanistan - Gewalt gegen Frauen

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Das Leben in Afghanistan ist für Frauen besonders schwer: Nach wie vor werden sie häufig Opfer von Gewalt. Auch vor Übergriffen bewaffneter Gruppen sind sie nicht sicher. So griffen im November 2008 zwei Motorradfahrer etwa 15 Mädchen auf dem Schulweg an und spritzten ihnen mit Wasserpistolen Säure ins Gesicht. Mindestens zwei der Mädchen sind heute blind, andere trugen schreckliche Narben davon.Frauen haben selten die Möglichkeit, ihre Rechte vor Gericht einzuklagen. Nach Angaben der afghanischen Menschenrechtskomission AIHRC waren im Jahr 2008 immer noch 60 bis 80 Prozent aller Ehen Zwangsehen. Es sind auch viele Fälle bekannt, in denen Minderjährige verheiratet wurden. So drohte auch Frauen, die vor Misshandlungen in der Familie flohen, die Verhaftung.Foto: dpa

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Birma - Behinderung der humanitären Hilfe

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Im Mai 2008 verwüstete der Zyklon Nargis einen Großteil des südlichen Birma (Myanmar). Etwa 2,4 Millionen Menschen waren von dieser Naturkatastrophe betroffen. Der Zyklon forderte mindestens 84.500 Todesopfer. Mehr als 19.000 Menschen wurden verletzt, noch immer gelten mehr als 54.000 Menschen als vermisst. Die Regierung wies jedoch drei Wochen lang alle internationalen Hilfsangebote zurück. Immer wieder wurden Güter, die für die Zyklon-Opfer gedacht waren, beschlagnahmt. Ausländischen Helfern wurde die Einreise verweigert. Erst nach einem Besuch des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon Ende Mai 2008 konnte mehr Hilfe ins Land gelangen.Foto: dpa

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Burundi - Justiz

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In den überfüllten Gefängnissen von Burundi herrschen menschenunwürdige Bedingungen: Die hygienischen Zustände sind ebenso katastrophal wie die medizinische Versorgung. Auch die Versorgung mit Essen ist nicht garantiert. Umso schlimmer, dass sich in den meisten Hafteinrichtungen der Polizei im Jahre 2008 auch Kinder befanden, obwohl dies eigentlich gegen die Bestimmungen für Festnahmen und Inhaftierungen verstößt. Kinder und Jugendliche teilten sich die überfüllten Zellen zumeist mit Erwachsenen. Die Gefahr sexueller und körperlicher Misshandlungen ist groß. Es wurde weder für ihre medizinische, noch schulische Betreuung gesorgt. Viele jugendliche Häftlinge wurden ohne Gerichtsverfahren inhaftiert, nach Schätzungen einer internationalen Organisation warteten 2008 noch 80 Prozent von ihnen auf ihren Prozess.Foto: AP

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China - Meinungsfreiheit

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Um die Meinungsfreiheit ist es in China unverändert schlecht bestellt, bilanziert Amnesty International. Daran haben auch die Olympischen Spiele nichts geändert. Internetnutzer und Journalisten, die sich mit politisch brisanten Themen beschäftigten, lebten stets in der Gefahr, zu Gefängnisstrafen verurteilt zu werden. Laut dem Jahresbericht befanden sich 2008 etwa 80 Personen in Haft. Ihr einziges Vergehen: Sie hatten ihre Sicht der Dinge im Internet verbreitet. Zahlreiche Unterzeichner der "Charta 08", einem Forderungskatalog, in dem grundlegende rechtliche und politische Reformen in China zum Ziel gesetzt werden, wurden verhört und drangsaliert.Foto: AFP

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Darfur/Sudan - Bürgerkrieg

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Der Sudan kommt nicht zur Ruhe. Im Gegenteil: Der Konflikt hat sich noch verschärft. Amnesty International spricht von Übergriffen und Verstößen aller Konfliktparteien gegen das humanitäre Völkerrecht. Die Zahl der Überfälle nahm 2008 deutlich zu, 27.000 bis 30.000 Menschen wurden dabei erneut vertrieben. Der Überfall einer in Darfur operierenden bewaffneten Oppositionsgruppe aus der Stadt Omdurman im Mai 2008 resultierte in zahlreichen Hinrichtungen, Folterungen und Misshandlungen durch den sudanesischen Geheimdienst und die Polizei. Trotz des Einsatzes der gemeinsamen Friedenstruppe von Afrikanischer Union und Vereinten Nationen in Darfur (UNAMID) konnten Menschenrechtsverletzungen kaum verhindert werden.Foto: Reuters

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Eritrea - Politische Gefangene

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Meinungsfreiheit bleibt in Eritrea ein Problem. Auch die Angehörigen von politischen Gefangenen haben in dem ostafrikanischen Land mit Sanktionen zu rechnen - vor allem, wenn sie Kontakte ins Ausland haben. Dann müssen sie fürchten, dass diese kontrolliert werden oder Sanktionen folgen. Bei politischen Gefangenen, die seit 2001 oder länger inhaftiert sind, und denen man vorwirft, bewaffnete Oppositionsgruppen zu unterstützen, wird befürchtet, dass sie ohne formelle Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren festgehalten werden. Die Haftbedingungen sind unerträglich. So sollen Hunderte ehemalige Mitarbeiter der Regierung, unabhängige Journalisten und Beamte nach mehr als sieben Jahren noch immer ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden. Einige Gefangene sollen zwischenzeitlich wegen der schlechten Zustände in der Haft gestorben sein.Foto: AP

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Finnland - Totalverweigerer

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In Finnland ist es immer noch strafbar, sich dem Zivildienst zu entziehen. Zwar wurde der Zivildienst im Januar 2008 durch ein neues Gesetz von 395 auf 362 Tage verkürzt, damit ist er jedoch immer noch doppelt so lang wie der Militärdienst, der in der Regel 180 Tage dauert. Laut Amnesty International ist dies eine Diskriminierung der Zivildienstverweigerer. Allein 2008 wurden in Finnland 18 Personen, die aus Gewissensgründen weder den Militär- noch den Zivildienst ableisten wollten (totale Kriegsdienstverweigerung), zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.Foto: dpa

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Gambia - Diskriminierung Homosexueller

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In Gambia können gemäß Paragraph 144 des Strafgesetzbuches aus dem Jahre 1965 homosexuelle Handlungen als "Vergehen wider die Natur" mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden. Dies widerspricht laut Amnesty International den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen des Landes. In einer Ansprache im Mai 2008 drohte Staatspräsident Yahya Jammeh, Lesben und Schwule des Landes zu verweisen oder umzubringen. Diese Aussage wurde später von der Regierung zwar zurückgenommen. Trotzdem wurden 2008 drei Gambier und zwei Spanier wegen Verdachts auf gleichgeschlechtliche Handlungen verhaftet.Foto: Reuters

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Haiti - Menschenhandel

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Der Menschenhandel entlang der Grenze zur Dominikanischen Republik gab 2008 laut Amnesty International Anlass zur Sorge. Trotz erhöhter Überwachung wurden im vergangenen Jahr Tausende Haitianer, darunter Frauen und Kinder, in das Nachbarland verschleppt. Ein Gesetz gegen Menschenhandel wurde von den staatlichen Behörden nicht in Kraft gesetzt. Außerdem wurde gegen viele Personen, die des Menschenhandels verdächtigt wurden, nicht ermittelt.Foto: Reuters

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Iran - Justizurteile

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In Iran wurden auch im Jahre 2008 Prügel- und Amputationsstrafen verhängt. Grausam und unmenschlich urteilt Amnesty International. So soll Amir Ali Mohammad Labaf, ein führender Sufi aus Gonabad im November 2008 von einem Gericht im Qom wegen "Verbreitung von Lügen" zu fünf Jahren Haft, Auspeitschung und Zwangsexilierung verurteilt worden sein. Außerdem wurden laut Bericht im vergangenen Jahr 346 Menschen hingerichtet, darunter mindestens 18 jugendliche Straftäter, die zum Zeitpunkt der Straftat noch unter 18 Jahre alt waren. Im August erklärten zwar Vertreter der Justiz, dass Hinrichtungen durch Steinigung ausgesetzt worden seien. Es befanden sich bis Jahresende jedoch noch immer mindestens zehn Personen in den Todeszellen des Landes.Foto: AFP

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Jamaika - Gewalt gegen Frauen

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In Jamaika ist die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen laut Amnesty International weitverbreitet. Seit 2007 gibt es zwar einen Gesetzesentwurf, der Opfern von sexueller Gewalt besseren Rechtsschutz gewähren soll. Diese Entwurf wurde dem Parlament bis zum Jahresende 2008 jedoch nicht vorgelegt.Foto: AP

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Kamerun - Widerrechtliche Tötungen

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Ende Februar 2008 töteten die Sicherheitskräfte bei dem Versuch, gewaltsame Proteste im ganzen Land niederzuschlagen, mindestens 100 Frauen und Männer. Einige der Opfer wurden offenbar aus nächster Nähe durch Kopfschüsse ermordet. In Douala sollen Menschen unter Beschuss dazu gezwungen worden sein, in den Wouri-Fluss zu springen. Sie ertranken. Die Sicherheitskräfte Kameruns sind laut dem Jahresbericht dafür bekannt, exzessive Gewalt anzuwenden - oft mit tödlichem Ausgang.Foto: AFP

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Nordkorea - Humanitäre Katastrophe

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Es ist die schlimmste Hungerkatastrophe seit Ende der 1990er Jahre. Millionen Menschen, vor allem Frauen, Kinder und Ältere, sind in Nordkorea von der Nahrungsmittelknappheit betroffen. Im Juni veröffentlichten die UN-Organisationen WFP (World Food Programme) und die FAO (Food and Agricultural Organisation) die Ergebnisse einer Studie, derzufolge "nahezu drei Viertel der nordkoreanischen Haushalte ihre Nahrungsmittelrationen reduziert hatten". Viele Menschen sahen sich sogar gezwungen, nach wildwachsenden Pflanzen zu suchen. Die Regierung weigerte sich aufgrund der angespannten Beziehungen zu Südkorea, Seoul um Hilfe zu bitten. Dabei war das Nachbarland in vergangenen Jahren einer der größten Hilfslieferanten gewesen.Foto: AP

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Slowenien - ausgelöschte Personen

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In Slowenien gibt es eine besondere Art der Diskriminierung: die diskriminierten Menschen gibt es nämlich offiziell gar nicht. Sie wurden "gelöscht". Ein Jahr nach der slowenischen Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1991 wurden über 18.000 Personen gesetzwidrig aus dem Register der ständigen Einwohner gestrichen. Es handelte sich um Menschen aus anderen Teilrepubliken des früheren Jugoslawien. Infolge der Streichung wurden zahlreiche ständige Einwohner zwangsweise aus Slowenien ausgewiesen. Die Behörden haben es laut dem Jahresbericht 2008 versäumt, den diskriminierenden Charakter der Streichung aus dem Einwohnerregister anzuerkennen und zwei frühere Entscheidungen des Verfassungsgerichts umzusetzen, welche die Streichungen für illegal und verfassungswidrig erklärt hatten.Foto: AFP (Blick auf die slowenische Hauptstadt Ljubljana)

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Tansania - Morde an Menschen mit Albinismus

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Die Morde an Albinos haben auch 2008 in Tansania nicht abgenommen. Mindestens 28 von Albinismus betroffene Menschen wurden ermordet, einige Leichen verstümmelt. Wie in vielen anderen afrikanischen Ländern auch, herrscht in dem Land der verbreitete Glaube, dass die Körperteile von Albinos Reichtum verleihen, wenn man sie in der Hexerei benutzt. Staatspräsident Jakaya Kikwete (im Bild) forderte zwar die Verhaftung und strafrechtliche Verfolgung der Täter. Dennoch kritisiert der tansanische Verband für Menschen mit Albinismus die fehlende Strafverfolgung, die nur schleppend erfolgende Verhaftung von Tatverdächtigen und fordert eine langfristige umfassende Strategie der Regierung zur Verhinderung derartiger Morde.Foto: AP

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USA - Guantanamo

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US-Präsident Barack Obama hat zwar die Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba angeordnet - im Jahresbericht von Amnesty International taucht das Lager dennoch auf. Aus gutem Grund. Ende 2008 waren laut Bericht noch 250 Personen inhaftiert. Obwohl der Oberste Gerichtshof der USA den Häftlingen in Guantanamo letztinstanzlich das Recht zuerkannte, ihre Inhaftierung vor amerikanischen Bundesgerichten anzufechten, war Ende 2008 erst in acht Fällen, in denen Gefangene Klage auf Überprüfung ihrer Einstufung als "feindliche Kämpfer" eingereicht hatten, ein Urteil gefällt worden. Doch das ist nicht alles. Das Waterboarding von Gefangenen bezeichnet AI als Folter.Foto: Getty Images

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Zentralafrikanische Republik

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Laut Amnesty töteten Regierungskräfte und Angehörige bewaffneter Gruppen Zivilpersonen, die sie verdächtigten, ihre jeweiligen Gegner zu unterstützen. Die Täter wurden jedoch nicht strafrechtlich verfolgt. Im März zogen Einheiten der Regierungsarmee durch die Straßen der Stadt Bouar, in den Händen abgehackte Köpfe. Die Soldaten behaupteten, es handele sich um Köpfe von Räubern. Soweit bekannt, leiteten die Behörden keine Schritte gegen Einheiten der Regierungstruppen ein, die an widerrechtlichen Tötungen beteiligt gewesen sein sollen.Foto: AP (2002)

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