Jahresbericht 2014:Nato fängt 400 russische Militärmaschinen ab

Russischer Bomber vom Typ Tu-95

Ein russischer Bomber vom Typ Tu-95: Zwei Flugzeuge dieser Art wurden über dem Ärmelkanal gesichtet.

(Foto: dpa)
  • 400 Mal hat die Nato russische Militärmaschinen im Jahr 2014 abgefangen. Das geht aus dem Jahresbericht der Allianz hervor.
  • Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von einem "schwarzen Jahr für die europäische Sicherheit".
  • Als Konsequenz will die Nato ihre Präsenz im östlichen Teil der Allianz beibehalten.
  • Russland hat angekündigt, seine Truppen zu verstärken.

"Schwarzes Jahr für die europäische Sicherheit"

Nato-Kampfflugzeuge haben im vergangenen Jahr mehr als 400 Mal russische Militärmaschinen abgefangen, die sich dem Luftraum der Allianz genähert haben. Im Bereich der Luftraumüberwachung über den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen habe es 150 derartige Vorfälle gegeben, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei der Vorstellung des Jahresberichts der Allianz in Brüssel. Dies sei vier Mal so viel wie im Jahr 2013.

"2014 war ein schwarzes Jahr für die europäische Sicherheit", schrieb Stoltenberg im Vorwort des Jahresberichts. "Im Osten hat Russland militärische Gewalt eingesetzt, um die Krim zu annektieren, die Ostukraine zu destabilisieren und seine Nachbarn einzuschüchtern."

Briten bestellen Russlands Botschafter nach Bomber-Anflug ein

Erst vor wenigen Tagen sind zwei russische Bomber über dem Ärmelkanal gesichtet worden. Daraufhin hat die britische Regierung den russischen Botschafter einbestellt. Die Langstreckenbomber vom Typ Tupolew Tu-95 hätten eine Umleitung von Passagierflugzeugen nötig gemacht, teilte das Außenministerium in London mit. Zwei britische Eurofighter seien bei dem Zwischenfall aufgestiegen.

Die Bomber hätten nicht den britischen Luftraum verletzt. Trotzdem werde der Vorfall als "bedeutende Eskalation" gesehen, schrieb die Nachrichtenagentur Reuters. Bislang habe sich die russische Luftwaffe meist auf Flüge in der Nähe der schottischen Küste beschränkt.

Fortdauernde Nato-Präsenz als Konsequenz

Aufgrund der Bedrohung unterhalte die Nato nun "eine fortdauernde Präsenz im östlichen Teil unserer Allianz", sagte Stoltenberg. Die Nato-Verteidigungsminister würden bei ihrem Treffen in der kommenden Woche "die Größe und die Zusammensetzung" der neuen schnellen Eingreiftruppe der Nato festlegen.

Diese Nato-"Speerspitze" soll Russland vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts demonstrieren, dass die Allianz ihre osteuropäischen Mitglieder nicht im Stich lassen wird. Die Truppe soll binnen zwei bis sieben Tagen an einen Einsatzort verlegt werden können.

Bisher sind die Nato-Reaktionskräfte innerhalb von höchstens 30 Tagen weltweit einsatzbereit. Damit die neue Speerspitze im Einsatzfall schnell in Osteuropa stationiert werden kann, sollen dort sechs ständige Stützpunkte eingerichtet werden. Sie sollen zu normalen Zeiten mit Rücksicht auf Vorbehalte Russlands nur mit wenigen Nato-Soldaten besetzt sein. Voraussichtlich werden in ihnen aber dauerhaft Waffen, Treibstoff und sonstiges Material gelagert.

Moskau kündigt Truppenverstärkung an

Russland will seine Truppen in strategisch wichtigen Regionen des Landes verstärken. Auslöser für diese Pläne sei die militärische und politische Situation rund um Russland, zitierte die Nachrichtenagentur Tass Aussagen des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu bei einer Tagung in seinem Ministerium.

Er werde nicht zulassen, dass irgendjemand militärisch die Oberhand über sein Land gewinne. Daher werde er die russischen Streitkräfte trotz der aktuellen wirtschaftlichen Probleme wie geplant aufrüsten und dafür sorgen, dass sie bis 2020 über die beabsichtigte Zahl moderner Waffensysteme verfügten.

Vorwürfe von beiden Seiten

Der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow warf dem Westen unterdessen vor, neue Arten der Aggression gegen sein Land anzuwenden. Die westlichen Staaten kombinierten militärische und zivile Mittel und nutzten auch politische, wirtschaftliche und informationelle Methoden, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Interfax.

Die Ukraine und der Westen werfen Russland vor, die Separatisten im Osten des Landes militärisch zu unterstützen. Die EU hatte in der Ukraine-Krise eine Verlängerung und Ausweitung ihrer Sanktionen gegen Russland angekündigt.

Erneut Verhandlungen geplant

Die Gefechte im Osten der Ukraine sind inzwischen so heftig wie seit der Vereinbarung des Waffenstillstandsabkommens von Minsk im September nicht mehr. An diesem Freitag sollen Vertreter Russlands und der Ukraine unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der weißrussischen Hauptstadt zu neuen Verhandlungen zusammenkommen.

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